Vorwort In meiner Kindheit traten mir schon öfter Spuren eines Geschlechtes entgegen , das im mittäglichen Böhmen gehaust hat und in der Erinnerung und in den Erzählungen des Volkes fortlebte . Als Jüngling ging ich diesen Spuren nach , und habe manchen Tag in den Trümmern der Stammburg dieses Geschlechtes zugebracht . Hierauf strebte das Ding sich in verschiedenen kindischen Versuchen dichterisch zu gestalten . Später fand sich , begleitet von mancher Unterbrechung und Wiederaufnahme , etwas Ernsteres zusammen , und ging in jüngster Zeit der Vollendung entgegen , welche Vollendung wieder durch ein langes Unwohlsein aufgeschoben wurde . Da gaben mir Freunde den Rat , vorerst den Beginn des Werkes vorzulegen , was hiemit geschieht . Wie weit dieses ersprießlich ist , sei einem glimpflichen Urteile anheim gestellt . Mögen die Männer der Geschichte , wenn einige aus ihnen die folgenden Blätter einer Durchsicht würdigen , nicht zu viel Unrichtiges in ihnen finden , und die Männer der Dichtung nicht zu viel Unkünstlerisches , und mögen , wenn mir Gott die Beendigung meines Unwohlseins und eine neue erhöhtere Kraft schenkt , die folgenden Bände besser gelingen als dieser erste . Linz , im Christmonate 1864 . Adalbert Stifter Erster Band 1 Es klang fast wie Gesang von Lerchen . Am oberen Laufe der Donau liegt die Stadt Passau . Der Strom war eben nur aus Schwaben und Baiern gekommen , und netzt an dieser Stadt einen der mittäglichen Ausgänge des bayerischen und böhmischen Waldes . Dieser Ausgang ist ein starkes und steiles Geklippe . Die Bischöfe von Passau haben auf ihm eine feste Burg gebaut , das Oberhaus , um gelegentlich ihren Untertanen Trotz bieten zu können . Gegen Morgen von dem Oberhause liegt ein anderer Steinbühel , auf dem ein kleines Häuslein steht , welches einst den Nonnen gehörte , und daher das Nonngütlein heißt . Zwischen beiden Bergen ist eine Schlucht , durch welche ein Wasser hervorkömmt , das von oben gesehen so schwarz wie Tinte ist . Es ist die Ilz , es kömmt von dem böhmisch-bayerischen Walde , der überall die braunen und schwarzen Wässer gegen die Donau sendet , und vereinigt sich hier mit der Donau , deren mitternächtliches Ufer es weithin mit einem dunkeln Bande säumt . Das Oberhaus und das Nonngütlein sehen gegen Mittag auf die Stadt Passau hinab , die jenseits der Donau auf einem breiten Erdrücken liegt . Weiter hinter der Stadt ist wieder ein Wasser , das aus den fernen mittäglichen Hochgebirgen kömmt . Es ist der Inn , der hier ebenfalls in die Donau geht , und sie auch an ihrer Mittagsseite mit einem Bande einfaßt , das aber eine sanftgrüne Farbe hat . Die verstärkte Donau geht nun in der Richtung zwischen Morgen und Mittag fort , und hat an ihren Gestaden , vorzüglich an ihrem mitternächtigen , starke waldige Berge , welche bis an das Wasser reichende Ausgänge des böhmischen Waldes sind . Mitternachtwärts von der Gegend , die hier angeführt worden ist , steigt das Land staffelartig gegen jenen Wald empor , der der böhmisch-bayerische genannt wird . Es besteht aus vielen Berghalden , langgestreckten Rücken , manchen tiefen Rinnen und Kesseln , und obwohl es jetzt zum größten Teile mit Wiesen , Feldern und Wohnungen bedeckt ist , so gehört es doch dem Hauptwalde an , mit dem es vielleicht vor Jahren ununterbrochen überkleidet gewesen war . Es ist , je höher hinauf , immer mehr mit den Bäumen des Waldes geziert , es ist immer mehr von dem reinen Granitwasser durchrauscht , und von klareren und kühleren Lüften durchweht , bis es im Arber , im Lusen , im Hohensteine , im Berge der drei Sessel und im Blöckensteine die höchste Stelle und den dichtesten und an mehreren Orten undurchdringlichen Waldstand erreicht . Dieser auch jetzt noch große Wald hat in seinen Niederungen vornehmlich die Buche , höher hinauf das Reich der Tanne und des ganzen Geschlechtes der Nadelhölzer , und endlich auf dem Grate der Berge auch oft holz , nicht der Berghöhe , sondern der kalten Winde wegen , die gerne und frei hier herrschen . Von der Schneide des Waldes sieht man in das Tal der Moldau hinab , welche in vielen Windungen und im moorigen Boden , der sich aus dem Walde herausgelöst hat , in die ferneren Gelände hinaus geht . Gegen sie steigt der Wald in breiten dichten Wogen ab , nimmt sie nicht selten in seine Schatten , und läßt sie wieder in Wiesen und Hutweiden hinaus . Und so geht er von ihr in vielen Wellen in mitternächtlicher gegen Morgen geneigter Richtung in das Land Böhmen hinein , bis er nach vielen Stunden , die ein Mann zu wandern hätte , mit der letzten der Wellen , die den Namen Blansko führt , an der Ebene steht , in welcher die Stadt Budweis liegt . Und wenn er in den Talrinnen und tellerartigen Ausbuchtungen auch viele Wiesen Felder und Ortschaften hat , so geht in der Mitte doch der ungeschwächte Waldwuchs von dem Blöckensteine in gerader morgenlicher Richtung über das Hochficht die Schönebene und den Schloßwald hinaus , und in ihm ist keine Lichtung und keine Wohnung . Die Richtung der Moldau ist auch gegen Morgen . Sie ist ganz in dem böhmischen Lande . Ihr Fließen ist in dem Tale des großen Waldes sehr langsam . Unterhalb des Jesuitenwaldes kömmt sie in die Kienberge , die an ihrer linken Seite stehen . Hinter ihnen begegnet sie dem Fels der Teufelsmauer , und ihr Lauf wird an ihm ein rauschender und tosender . Hierauf geht sie noch um schöne Waldhöhen , und noch ein Weilchen gegen Morgen . Dann ändert sie ihre Richtung , wendet sich gegen Mitternacht , und beginnt das Waldland zu verlassen . Ihr Fall bleibt da fortan ein lebendigerer und schnellerer , als er in der moorigen Talsohle des oberen Waldes gewesen war . Sie begegnet noch manchem dichten Fels , dann manchem Waldhaupte , das sie in Schlangen zu umgehen gezwungen ist , und manchem langgedehnten Hange , an dem sie in gerader Richtung hinstreichen muß , bis die Berge immer kleiner werden , die sie leichter umspringt , bis sie nach mehreren Meilen gleich dem Blansko in die Ebene kömmt , in der Budweis liegt . Die bedeutendsten Orte , denen sie in dem Laufe , der genannt worden ist , in den heutigen Tagen begegnet , sind die Flecken Oberplan und Friedberg , die Abtei Hohenfurt und die Städte Rosenberg und Krumau . Zur Zeit , da in Deutschland der dritte Konrad , der erste aus dem Geschlechte der Hohenstaufen , herrschte , da Baiern der stolze Heinrich inne hatte , da Leopold der Freigebige Markgraf in Österreich war , da Soběslaw der Erste auf dem Herzogstuhle der Böhmen saß , und da man das Jahr des Heiles 1138 schrieb : ritt in der Schlucht zwischen dem Berge des Oberhauses und dem des Nonngütleins – welche Berge aber damals wild verwachsen waren – auf einem grauen Pferde , dessen Farbe fast wie der frische Bruch eines Eisenstückes anzuschauen war , ein Mann von der Donau gegen das mitternächtige Hügelland hinaus . Der Mann war noch in jugendlichem Alter . Ein leichter Bart , welcher eher gelb als braun war , zierte die Oberlippe , und umzog das Kinn . Die Wangen waren fast rosenrot , die Augen blau . Das Haupthaar konnte nicht angegeben werden ; denn es war ganz und gar von einer ledernen Kappe bedeckt , welche wie ein Becken von sehr festem und dickem Stoffe gebildet , so daß ein ziemlich starker Schwerthieb kaum durchzudringen vermochte , dergestalt auf dem Kopfe saß , daß sie alles Haar in ihrem Innern faßte , und an beiden Ohren so gegen den Rücken mit einer Verlängerung hinabging , daß sie auch einen Hieb auf den Nacken unwirksam zu machen geeignet schien . Diese Verlängerung der Hauptbedeckung aber hing nicht lose auf den Nacken herab , sondern lag ihm vielmehr dicht an , und wurde unter dem Wamse geborgen , welches von gleichem Leder den ganzen Oberkörper knapp umhüllte . In den Achselhöhlen war ein Schnitt , daß der Mann den Arm hoch heben konnte , und daß man dann das Linnen seiner innern Kleidung zu sehen vermochte . Von dem nämlichen Leder schien auch die Beinbekleidung des Reiters . All dieses Leder war ursprünglich mattgelb gewesen , und wiewohl man nicht verkennen konnte , daß große Sorgfalt auf seine Erhaltung und Reinigung angewendet worden sei , so mußte man doch zugeben , daß es nicht mehr neu sei , und Spuren von Wetterschäden und ausgetilgten Flecken zeigte . An der Hüfte hing ein Schwert . Eine Art Mantel oder Oberkleid von Tuch oder überhaupt einem Wollstoffe war zusammengeschnürt an den Sattel geschnallt , weshalb man die Gestalt und das Wesen dieses Dinges nicht zu ergründen vermochte . Nur die Farbe schien grau zu sein . Der Reiter hatte keine Feder auf dem Haupte und nirgends ein Abzeichen an sich . Die Hände waren bloß , die rechte war frei , die linke führte die Zügel . Das Pferd hatte größere Hufe und stärkere Lenden , als Kriegs- oder Reitpferde gewöhnlich zu haben pflegen . Da der Reiter die Schlucht hinaus ritt , sah er weder rechts noch links , noch nach der Stadt zurück . Es war eine frühe Stunde eines Tages des Spätsommers , der schon gegen den Herbst neigte . Der Tag war heiter , und die Sonne schien warm hernieder . Das Pferd ging durch die Schlucht in langsamem Schritte . Als es über sie hinausgekommen war , ging es wohl schneller , aber immer nur im Tritte . Es ging einen langen Berg hinan , dann eben , dann einen Berg hinab , eine Lehne empor , eine Lehne hinunter , ein Wäldchen hinein , ein Wäldchen hinaus , bis es beinahe Mittag geworden war . In dieser Zeit langte der Reiter unter einigen hölzernen Häusern an , die den Namen des Hauzenberges führten . Die Häuser lagen in Unordnung zerstreut , und der Grund , auf dem sie standen , war ungleich . Es war hier schon kühler als an der Donau ; denn da in Passau viele Obstbäume standen , ragte hier nur der Waldkirschbaum empor , er stand vereinzelt , und stand in einer Gestalt , die in manchen Teilen zerstückt war , und bewies , daß viele harte Stürme in den Wintern an ihm vorübergegangen waren . In sehr schöner Bildung dagegen stand die Eberesche umher , sie stand bei vielen Häusern , und mischte das Grün ihres Laubes und das beginnende Rot ihrer Trauben zu dem Grau der Dächer . Die Herberge war ein Steinhaus , stand auch neben Ebereschen , und hatte ein flaches , weit vorspringendes Dach , auf dem große Granitstücke lagen . Die Tragebalken gingen weit hervor , und waren zierlich geschnitzt und rot bemalt . In der Gassenmauer war eine Tür , deren Pfosten rot angestrichen waren . Sie führte in die Schenkstube . Nicht weit von ihr war ein Tor , das in den Hof ging . Auf der Gasse standen mehrere steinerne Tische . Weiter zurück waren Pflöcke , die in die Erde eingerammt waren , und dazu dienten , daß man Pferde an sie anhängen konnte . Wieder weiter von diesen Pflöcken entfernt waren auch noch ein paar offene Schoppen , um Pferde unter ihr Dach führen zu können . Hinter den Schoppen stand Waldwuchs . Der Reiter ritt , da er bei diesen Häusern angekommen war , auf dem schmalen Weglein gegen das Wirtshaus , dort hielt er an , und stieg ab . Er führte sein Pferd zu einem der Pflöcke , nahm ihm die Gebißstangen aus dem Munde , zog eine Halfter aus der Satteltasche , und band es mit derselben an den Pflock . Da dies geschehen war , nahm er Wollappen von der Größe starker Männerhände aus dem Sattel , und strich mit den Lappen wechselnd die Seiten und andere Teile des Tieres . Als er damit fertig war , und die Lappen ausgeschüttelt hatte , leitete er noch seine bloße flache Hand an den Weichen und dem Rücken des Tieres hin , welches ihn dabei anblickte . Dann breitete er den Mantel über dasselbe . Als er diesen auseinander gefaltet hatte , sah man , daß er ein sehr einfaches kunstloses Stück Stoff von grober Wolle und grauer Farbe sei . Dem Pferde gab er weder Nahrung noch Getränke , sondern ließ es stehen , und ging zu einem der steinernen Tische , an dem niemand war , und setzte sich vor demselben nieder . Auf der Bank , die vor dem Hause hinlief , saß ein Mann , von dem Halse bis zur Sohle in das gleiche Stück groben braunen Tuches gekleidet . Das Tuch lag fest an seiner schlanken Gestalt . Um die Schultern hatte er ein sehr kurzes Mäntelchen mit Ärmeln , das von grauer Farbe war , und noch gröberes Tuch zeigte als die andere Bekleidung . Schwere Schuhe hüllten die Füße ein . Sonst hatte er nichts auf seinem Körper . Der Kopf war ohne Bedeckung , und wucherte mit dem dichtesten kurzen und so krausem schwarzen Haare , als wäre jedes einzelne Fädchen desselben zu einem Ringe gebogen worden . Um das Kinn , auf der Oberlippe und an den Seiten des Angesichtes war dasselbe kurze Haar , aber wo möglich noch krauser . Aus diesem Schwarz sah ein rotes junges Angesicht mit sehr großen schwarzen Augen heraus . Der Mann band mit seinen Händen einen festen Eisendraht gitterartig um einen geklüfteten irdenen Topf . Der Reiter saß mit seinem Angesichte dem Manne gegenüber . Seitwärts des Reiters , etwa zehn Schritte von ihm entfernt , saßen an einem Brettertische zwei andere Männer . Sie hatten sehr beschmutzte Lederkoller an . Die untere Bekleidung konnte man der sehr breiten Tischplatte willen nicht sehen . Ihre Lederhauben lagen auf dem Tische . Der eine hatte rotbraune Haare und einen roten Bart , der andere war schwarzhaarig ; aber in das Schwarz war schon sehr viel Weiß gemischt . Der Rotbart schien um die dreißig Jahre zu sein , der Graubart um die fünfzig . Beider Angesichter waren stark gebräunt . Vor ihnen stand ein großer grauer Steinkrug mit blauen Blumen . An der Bank neben dem Tische lehnte eine Armbrust , auf der Bank aber lag ein eisenspitziger Stock , den man auch einen Speer nennen konnte . Sonst war kein Gast auf der Gasse , als an dem entferntesten kleinsten Tische ein Kärrner , der seinen Karren mit Ware , die vielleicht Töpfergeschirr sein konnte , neben sich hatte . Ob in der Schenkstube jemand war , konnte man nicht sehen . Nur das Federvieh des Wirtes ging in der Sonne herum , und pickte zu Zeiten ein Körnchen vom verstreuten Pferdefutter . Da sich der Reiter an dem Tische niedergesetzt hatte , kam auch der Wirt im Bocklederwamse dunkeln Unterbeinkleidern und platter Haube aus der Tür mit den roten Pfosten . Er näherte sich dem Tische , an welchem der junge Reiter saß , und sagte : » Werdet Ihr etwas bedürfen , was unser Haus geben kann ? « » Wohl , wenn Ihr mir zu Diensten seid « , entgegnete der Reiter , » es ist nur wenig . Sendet mir ein Stückchen Fleisch , ein Brod und einen Trunk Bier . Und wenn ich gegessen habe , dann schickt mir einen Knecht heraus , daß ich ihm sage , was ich für mein Pferd brauche . « » Ich werde nur selber Euer Pferd betreuen « , antwortete der Wirt . » Es wäre mir lieber , wenn Ihr gerade so tätet , wie ich Euch gebeten habe « , entgegnete der Reiter . » Es ist auch gut « , sagte der Wirt , und entfernte sich . Sogleich kam ein Mädchen aus dem Hause , das rote Wangen hatte , und dem zwei lichtgelbe Zöpfe von dem Nacken über den roten Latz und das wollene schwarze Untergewand herab hingen . Das Mädchen deckte frisches Linnen auf den rauhen Stein des Tisches , und stellte Schüsselchen , und legte Messer und Gabel auf das Linnen . Dann brachte es dem Reiter in einem grauen Kruge , der auch blaue Blumen hatte , Bier und endlich ein Stück gebratener Rindschnitte und ein Laiblein Brod . Der Reitersmann zerschnitt das Fleisch und das Brod , verzehrte beides , und trank das Bier . Als er fertig war , kam der Wirt , und wollte den Krug wieder füllen ; der Reiter aber legte die Hand auf den Rand des Gefäßes , und sagte : » Es ist genug , ich habe meinen Durst gestillt . Sendet mir jetzt den Knecht , daß mein Pferd sein Obsorge erhalte . « Von dem Nebentische streckte der Rotbart dem Wirte den blaugeblümten Krug hin , daß er ihn wieder fülle . Der Wirt ging mit dem Kruge in das Haus . Als der Knecht zu dem Tische des Reiters gekommen war , und nach seinem Begehr gefragt hatte , sagte dieser : » Mache , daß eine Magd mit Wasser , Stroh und Sand ein wenig eine Pferdekufe reinige . « Da der Knecht den Reitersmann ansah , als habe er ihn nicht recht verstanden , sprach dieser neuerdings : » Ich muß meinem Pferde Reinlichkeit geben , darum lasse mir eine Kufe auswaschen . « Der Knecht holte nun eine Magd , welche in einem Kübel Wasser , dann Stroh und Sand brachte , um damit eine der hölzernen Kufen zu scheuern , die als Pferdefuttertrog vor dem Hause standen . Der Reiter war von seinem Tische aufgestanden , sah der Arbeit zu , und leitete sie . Als sie fertig war , wurde die Kufe vor sein Pferd gestellt . Der Reiter nahm nun selber den flachen länglich runden Korb , in dem der Knecht Haber gebracht hatte , in seine Hände , schüttelte den Haber , und gab dann einen Teil davon , mit seinen Händen abgemessen , dem Pferde in die Kufe . Als dieses davon fraß , und in seinem Fressen fortfuhr , ging der Reiter wieder zu seinem Tische , setzte sich dort nieder , und sah vor sich hin . Nachdem eine gehörige Zeit vergangen war , stand der Reiter wieder auf , und ging zu seinem Pferde . Er ordnete ihm neuerdings sein Futter , und gab ihm jetzt auch Heu , welches der Knecht gebracht hatte . Er blieb nun bei dem Pferde stehen . Da näherte sich einer der zwei Männer , welche nicht weit von dem Reiter gesessen waren . Es war der ältere , der mit den grauen Haaren . Als er nahe genug war , sagte er zu dem jungen Manne : » Das ist ein schönes Tier , ein starkes Tier , es wird auch gewiß sehr schnell sein . « » Ja es ist ein gutes Tier , und für mich reicht seine Schnelligkeit hin « , sagte der junge Reiter . Der andere fuhr nach einer Weile fort : » Ihr müßt es den Leuten hier nicht übel nehmen , wenn sie den Umgang mit Euch nicht verstehen , sie haben keinen Unterricht . Es kommen selten hier angesehene Reiter herauf ; denn da ist kein ordnungsmäßiger Heerweg , es sind keine Orte hier , die einen vielfältigen Wandel mit einander hätten , und die Hügel und die Schluchten des Bodens sind auch nicht geeignet , daß hier Fehden ausgetragen würden . Der Gastherr ist schier nur ein Bauer , und weiter hinauf sind gar lauter Wälder , in denen kein Mensch ist . Aber dahin seid Ihr gewiß nicht gekommen , und werdet nicht kommen . « » Ich bin mit der Nahrung , die ich in diesem Hause erhalten habe , zufrieden « , antwortete der Reiter , » der Haber ist für mein Pferd gut , und das Heu auch . « » Ja , ja « , antwortete der andere , » aber wie man mit vornehmen Leuten auf eine höfliche Art umgehen soll , das wissen sie hier nicht . « » Ich bin nicht vornehm « , sagte der Reiter . » Es kann sich jetzt in diesen Kriegen viel begeben « , fing der andere wieder an , » es können Boten und Reisige unterwegs sein und Wege und Pfade einschlagen , auf die man gar nicht dächte . « » Mir sind nur Landbewohner begegnet « , antwortete der junge Reiter . » Dann müßt Ihr von Passau herauf gekommen sein « , sagte der andere . » Es vereinigen sich mehrere Wege unterhalb dieser Häuser « , erwiderte der Reiter . » Das ist wahr « , entgegnete der andere . » Es gibt schlechte Menschen , die einem Boten auflauern könnten , um Lohn zu erhalten . Da ist der Herzog Heinrich , ein edler Mann , ein reicher Mann , ein mächtiger Mann , der Schwiegersohn unsers seligen Kaisers – Gott segne den Kaiser in der Ewigkeit – der Herzog hat die Kleinode , und wird sie nicht herausgeben . Dann ist der König Konrad , der erlauchte Herr aus dem Hause der Staufen . Dann ist der heilige Herr , der Erzbischof von Trier , dann der Markgraf Leopold von Österreich , ein junger Herr . Er ist der Stiefbruder des neuen Königs , und wird zu ihm stehen . Der Herzog Soběslaw in Böhmen ist schon älter , und hat Erfahrung . « » Ich habe noch keinen dieser Herren gesehen « , antwortete der Reiter . » Ja , Ihr seid noch jung « , sagte der andere , » und könnt Euer Glück in der Welt schon finden . Es wird Gnaden und Ehren geben . Ich bin schon alt , und kann nichts tun , als für die hohen Häupter beten . Ich wünsche Euch , daß Ihr recht viel Glück habt , junger Herr , und bringt es vorwärts . « » Nun , da Ihr mir Gutes wollt , so werde ich Euch schon auch einmal einen Dienst erweisen , so Ihr einen von mir braucht « , erwiderte der Reiter . » Gutes , nur lauter Gutes « , sagte der andere , und begab sich wieder zu seinem Gefährten an den Tisch . Da nun dieser Mann von dem Reiter fortgegangen war , so war noch ein anderer da . Der Krauskopf stand in einiger Entfernung , und betrachtete das Pferd mit seinen schwarzen Augen . Er mußte mit seinem Geschäfte fertig geworden sein . Da der Reiter seinem Pferde die Nahrung zusammengestrichen hatte , sah er auf den Krauskopf , und sagte : » Bewunderst du auch mein Pferd ? « Dieser ging nun näher , und antwortete : » Ich bewundere es schon lange , schon so lange Ihr da seid . Hat der andere es auch bewundert ? Nun , ich kann es mir denken . « » Kannst du reiten ? « fragte ihn der junge Mann . » Ja , ich kann reiten « , antwortete der andere , » und brauche keine Bügel und keine Sporen und keinen Sattel . Ich reite barfuß , mit den Knieen , mit den Fersen und mit den Fäusten . « » Das muß ein schönes Reiten sein « , sagte der junge Mann . Ja « , erwiderte der Krauskopf , » ein gutes ist es , sie bringen mich nicht herab , wenn sie schlagen , beißen , steigen und springen . « » Hast du ein Pferd ? « fragte der Reiter . » Ich habe selber kein Pferd , ich habe gar nie einmal eines gehabt ; aber ich reite mit den Pferden der andern . « » Und lassen die andern dich auf ihren Pferden reiten ? « fragte der junge Mann . » Ja , von der Weide und in die Schwemme « , entgegnete der Krauskopf . » Es gehen Pferde auf dem Anger herum , und wälzen sich , oder fressen . « » Sind es gute Pferde ? « fragte der Reiter . » Ja , gute Pferde « , antwortete der andere , » es ist ein Unterschied , einige sind stärker , andere schwächer , aber so zierlich schön und glatt wie das Eurige ist keines . Ich möchte einmal auf einem solchen Pferde sitzen , auf einem Sattel , und die Füße in diese eisernen Schlingen da stecken . « » Dazu muß man Geschick haben « , sagte der Reiter . » Wer schwimmt , und Rabennester abnimmt , auf Stangen über einen Bach geht , und einen Stier fängt , wird doch auch auf einem solchen Sattel sitzen können . « » Ja , das Sitzen ist leicht « , sagte der Reiter , » aber das Pferd zu leiten , daß es vernünftig ist , und den Willen des Reiters weiß . « » Das würde ich schon machen « , antwortete der Krauskopf . » Ich würde mein Pferd zuerst pflegen , wie Ihr tut . « » Das ist gut « , sagte der Reiter . » Ihr habt den eigenen Mantel darauf gelegt , « erwiderte der andere , » daß es sich nach dem scharfen Ritte nicht verkühle . « » Siehst du , daß du die Behandlung der Pferde nicht kennst « , sagte der Reiter ; » nach einem scharfen Ritte darf man die Pferde , auch wenn sie mit einem Mantel bedeckt werden , nicht stehen lassen , sondern man muß sie herum führen , erst schneller , dann langsamer , daß sie die Wärme gemach verlieren , und für Futter und Trank tauglicher werden . « » Warum habt Ihr denn Euer Pferd dann sogleich stehen gelassen ? « fragte der andere . » Weil ich gar nicht scharf geritten bin « , antwortete der Reiter . » Ihr seid nicht scharf geritten ? « fragte der Krauskopf , und sah den Reiter starrer an . » Wenn nicht Schnelligkeit nötig ist « , entgegnete der junge Mann , » so lasse ich das Pferd seinen langsamen Schritt gehen . Es dankt mir dann ein ander Mal , wenn ich Kraft und Schnelligkeit brauche . « » Das ist sehr gut « , sagte der Krauskopf . » Ich würde meinem Pferde Treue erweisen , daß es mir wieder treu würde , und mir folgte . « » Daran würdest du sehr wohl tun « , sprach der Reiter . » Weil ich die Wege in dem Walde kenne und weiß , wie alle Menschen im Walde und ihre Hunde heißen , so würde ich auch den Willen eines Pferdes kennen « , sagte der andere . » Kann sein « , entgegnete der Reiter . » Ich werde aber nie ein Pferd haben « , sagte der Krauskopf . » Warum denn nicht ? « fragte der Reiter . » Weil ich nie so viele Pfennige haben werde , mir eins zu kaufen « , entgegnete der andere . » Ja so « , sagte der Reiter . » Und wenn ich der erste Knecht des Waldes wäre , so könnte ich mir nie ein so ritterliches Pferd kaufen , wie das Eurige ist . Mit einem ritterlichen Pferde würde ich Erkleckliches bewirken « , sagte der Krauskopf . » Ja , da wirst du nie eines bekommen « , entgegnete der junge Mann . Wenn ich im Kriege bei den Unsrigen eine Lanze ergriffe , zu den Feinden ginge , ihnen ein Pferd nähme , und darauf zu uns zurück ritte : gehörte das Pferd mir ? « » Es wäre Beute « , sagte der Reiter . » Gehörte es mir ? « fragte der andere wieder . » Wenn du kein Wege- und Gelegenheitslagerer bist , sondern ein zugeteilter Kriegsknecht , und wenn du das Pferd nicht in der allgemeinen Schlacht oder sonst in einem Angriffe erwirbst , sondern wenn du allein hinüber gehst und es allein herüber bringst , so wird man es dir wohl lassen « , antwortete ihm der Reiter . » So werde ich also tun « , entgegnete der Mann . » Tu es , mein Freund « , sagte der Reiter . Das Pferd war indessen mit seiner Nahrung lässiger geworden , und hatte öfter umgeblickt . Der Reiter ließ ihm Wasser bringen , und tränkte es , dann mischte er ihm wieder etwas Haber in seine Kufe . Während es denselben verzehrte , blieb er dabei stehen . Der Krauskopf blieb auch stehen , und sah zu . Als das Pferd fertig war , wurde es noch einmal getränkt , und der Reiter wischte ihm dann die Lippen ab , und die Kufe wurde seitwärts gestellt . Hierauf ging der junge Mann zu seinem Tische , und verlangte nach dem Wirte . Als dieser erschienen war , fragte er ihn : » Was bin ich Euch schuldig ? « » Die Zehrung macht siebenzehn Pfennige , und das Waschen des Troges macht drei Pfennige « , sagte der Wirt . Der Reiter nestelte auf der Brust ein wenig sein Wams auf , und zog ein Beutelchen heraus . Er las aus demselben den Betrag , reichte ihn hin , zog das Beutelchen zu , und barg es wieder in seinem Wamse . Dann begab er sich zu seinem Pferde , zäumte es , schnallte den Mantel , führte es ein wenig gegen die Gasse vorwärts , und bestieg es . Der Krauskopf war mit ihm gegangen , und sah überall zu . Da der Reiter auf dem Pferde saß , richtete er sich auf demselben zurecht , ritt gegen den Wirt , und sagte : » Ich danke Euch , lieber Herr , für die Bewirtung , und wünsche , daß Euch Gott behüte , und alle , die bei Euch sind . « » Ich danke Euch « , antwortete der Wirt , » und wünsche Euch desgleichen , und reitet glücklich . « Der Reiter ritt nun langsam von der Gasse weg , den Krauskopf , und die ihm nachsahen , hinter sich lassend . Er ritt in der Richtung zwischen Morgen und Mitternacht fort . Er ritt wieder eine Lehne hinan , eine Lehne hinab , ein Wäldchen aus , ein Wäldchen ein , der Boden wurde immer unwirtlicher und war endlich mit Wald bedeckt . Der Weg hatte Wurzelgeflechte und Granitsteine , und das Pferd setzte behutsam seine Hufe . Da es Abend geworden war , kam der Reiter auf der Schneide eines langen von Abend gegen Morgen gestreckten Berges an . Derselbe ging mit lauter Wald in ein enges Tal hinab , und unten blitzte ein Wässerlein . Jenseits ging wieder ein noch höherer und mächtigerer Wald empor , und auf seinem Rande ragte ein Steinblock in die Höhe . – Der Reiter hielt ein Weilchen an , und sah auf den Steinblock hin . Dann ritt er in dem Walde , der vor ihm lag , hinunter . Er ritt unter den Ästen der Bäume , die um ihn waren , dahin , und mußte sich vor manchem bücken , welcher zu niedrig war . Nach einer Zeit kam er bei einem roten Kreuze an . Er hielt an dem Kreuze stille , und tat ein kurzes Gebetlein . Dann ritt er wieder weiter . Als es ganz finster geworden war , stieg er vom Pferde , nahm ihm die Zügel über den Hals nach vorwärts , ging vor ihm , und führte es hinter sich her . Von dem Kreuze hatte er noch eine kurze , aber sehr steile Stelle zu dem Wasser hinunter . An dem Wasser verbreitete sich ein Feuergeruch , der Reiter ging auf eine offene Stelle hinaus , auf welcher aus mehreren dunkeln Erhöhungen Feuerzünglein empor gingen , die die nächtlichen Tannen beleuchteten , und aus denen sich ein lichter Rauch über den Wald erhob . Seitwärts dieser Erhöhungen waren mehrere Hütten , aus denen manches Lichtlein glänzte . Der Reiter führte sein Pferd zu einer der Hütten . Als er dort angekommen war , öffnete sich die Tür der Hütte , und ein Mann und ein Weib und zwei Kinder traten heraus . » Seid Ihr da « , sagte der Mann , » wir haben Euch schier nicht mehr erwartet . « » Sei gegrüßt , Mathias « , entgegnete der Reiter , » von Passau kann ich wohl nicht in kürzerer Zeit da sein . « » So bringt nur Euer Pferd herein « , sagte der Mann , und öffnete nicht weit von der Tür ein Tor . » Margaretha , leuchte mit einem Span « , sagte er . Das Weib lief in die Hütte , und kam bald mit einem brennenden Buchenspan zurück . Sie ging mit dem Span durch das Tor ein , der Reiter mit dem Pferde folgte ihr , und hinter ihm gingen der Mann und die Kinder . Sie kamen in einen Stall . Zwei Kühe hingen in einer Ecke dicht bei einander , und für das Pferd hatte man einen freien Platz gemacht . Es wurde dort angebunden , und der Reiter und der Mann befreiten es von Zaum und Sattel . Der Reiter deckte seinen Mantel über dessen Rücken . Die Kinder schauten zu . Dann ging man von dem Stalle durch eine kleine Tür in die Stube . In der Stube stand ein hoher Pflock , der mehrere eiserne Schleifen hatte . In zweien dieser Schleifen staken brennende Buchenspäne . Die Frau steckte ihren Span in eine dritte Schleife . Der Reiter setzte sich auf einen hölzernen Stuhl . Die Frau deckte ein Linnen auf einen Tisch von weichem Holze und stellte dann eine Schüssel mit Suppe auf den Tisch . Der Reiter , der Mann , die Frau und die Kinder aßen von der Suppe . Dann sagte der Mann : » Ich werde Euch Euer Pferd besorgen , da Ihr müde sein mögt . « » Wir werden es beide besorgen « , antwortete der Reiter . Der Mann nahm einen Span , ging dem Reiter voran in den Stall , und dieser folgte ihm . In dem Stalle gab der Reiter dem Pferde von dem Futter , das schon vorgerichtet war . Dann ging man wieder in die Stube . Als dieses so oft geschehen war , als sich nötig zeigte , bis das Pferd seine völlige Pflege erhalten hatte , sagte der Mann : » Jetzt begeben wir uns zur Ruhe , und ruhet Euch recht gut . « » Ihr auch « , sagte der Reiter . Die Frau brachte die Kinder in ein Seitenkämmerlein der Stube , und der Mann folgte der Frau und den Kindern . Der Reiter schnallte sein Schwert ab , nahm seine Haube von dem Kopfe , löschte die Späne aus , legte sich angekleidet auf ein Bett , das in einer Ecke der Stube stand , legte sein Schwert neben sich , und bereitete sich zum Schlummer . Als des andern Tages die Sonne über den Wald empor ging , stand der Reiter wieder mit seiner Haube auf dem Kopfe und mit dem Schwerte an der Lende vor der Hütte . Es war ein Stückchen Feld und Wiese um diese wie um die anderen Hütten . Die schwarzen Erhöhungen , welche Kohlenmeiler waren , brannten und rauchten wie gestern . Aus der Hütte kam die Frau mit den Kindern , die heute morgens schöner angekleidet waren , und sagte : » Kommt zur Suppe , lieber Herr . « Der Reiter ging in die Stube , und alle zusammen verzehrten eine Schüssel voll warmer Milch mit Roggenbrot . Der Reiter ging dann in den Stall , und vollendete die Morgenpflege seines Pferdes . Als dieses vorüber war , sagte er : » Weil heute Sonntag ist , soll das Pferd ruhen . Ich werde in den Wald hinauf und zu dem Fels der drei Sessel gehen . Ich habe ihn gestern von dem Rande des breiten Berges aus betrachtet . Am Nachmittage werde ich wieder zurückkehren . Du , Mathias , besorge die Mittagpflege des Pferdes , wie du schon weißt . « » Ich werde es betreuen , wie das schöne milchweiße Pferd in Plan , welches Ihr gehabt habt « , sagte der Mann . Das weiße Pferd wäre mir zu dem , was ich jetzt vorhabe , doch zu schwach « , entgegnete der Reiter . » So steckt doch wenigstens ein Stück Brod zu Euch « , sagte die Frau . Der Reiter nahm das dargereichte Stück Brod , und barg es in seinem Wamse . Dann ging er gegen das Wasser , welches in der Nähe der Hütte vorüber floß . Die Bewohner der Hütte begleiteten ihn bis an das Wasser . » Euer Mihelbach fließt recht schön an deiner Hütte vorüber « , sagte der Reiter . » Ja « , erwiderte der Mann , » zuweilen aber nicht oft auch in dieselbe hinein . « » Nun gehabe dich wohl , Mathias , und Ihr auch , Frau , mit Euern Kindlein « , sagte der Reiter . » Gehabt Euch wohl , junger Herr « , antwortete der Mann . » Erhitzt Euch nicht zu sehr , und kommt gesund wieder zurück « , sagte die Frau . » Es wird schon so geschehen « , erwiderte der Reiter . Dann ging er auf dem flachen Holzstege über das Wasser , die andern gingen gegen die Hütte zurück . Jenseits des Wassers ging er in dem Walde empor . Der Himmel war ganz blau , und man konnte die Waldglocken von Rindern und manchen Schrei eines Vogels hören . Der Reiter wich zuweilen von dem Pfade ab und ging auf eine Waldblöße hinaus . Auf einer solchen Waldblöße , auf welcher kurzes Gras und kleine weiße Blümchen waren , und an deren Rande große Ahorne standen , lag , als die Ahorne endeten , ein sehr großer Stein , fast so groß als ein Haus , als wäre er von Menschenhänden hingelegt worden , und an dem Steine stand eine ungemein hohe Tanne . Der Reiter kniete an der Tanne nieder , und verrichtete ein Gebet . Als er gebetet hatte , stand er wieder auf , und ging am Rande der Blöße weiter . Er kam wieder zu Ahornen , unter denen abermals Steine lagen , aber kleine , als wären sie zum Sitzen hergelegt worden . Der Reiter versuchte die Steine als Sitze , und sie taugten . Da er wieder aufgestanden war , und weiter gehen wollte , hörte er plötzlich Stimmen . Es war ein Gesang so klar und schmetternd wie von Lerchen . Es waren aber nicht Lerchenstimmen , sondern Menschenstimmen , Mädchenstimmen . Sie sangen jenes Lied ohne Worte , in welchem im Walde und in Bergen das Herz sich in allerlei Schwingungen der Stimme , im Stürzen und Heben derselben , im Wandeln und Bleiben ausspricht . Es waren zwei Stimmen , die im Vereine und in Verschlingungen klangen . Sie erklangen , hoben sich , senkten sich , trugen sich , trennten sich , neckten sich , schmollten und jubelten . Es war die Lust und Freude , die sie tönten . Der Gesang schien näher zu kommen . Mit einem Male traten zwei Gestalten aus den Tannen hervor , und standen am Rande derselben Blöße wie der Reiter und in nicht großer Entfernung von ihm . Sie hielten sich mit zwei Armen die Nacken umschlungen , die anderen zwei Arme hatten sie frei . Es waren junge Mädchen mit bloßen Köpfen , von deren jedem zwei Zöpfe niedergingen . An den Armen war weißes Linnen , von den Brustlatzen , die rot waren , fiel der starkfaltige schwarze Rock hinab . Eines der Mädchen trug wilde rote Rosen , neben einander stehend , um das Haupt . Das andere hatte keine Zierde . Da sie auf die Wiese getreten waren , und den Mann sahen , hörte ihr Gesang auf . Sie blieben stehen , sahen auf ihn hin , und er stand gleichfalls , und sah auf sie . Dann begann er langsam gegen sie hin zu gehen . Sogleich trat das Mädchen , welches keine Rosen hatte , in den Wald zurück , das andere blieb stehen . Der Reiter ging zu demselben hin . Da er bei ihm angekommen war , sagte er : » Was stehst du mit deinen Rosen hier da ? « » Ich stehe hier in meiner Heimat da « , antwortete das Mädchen ; » stehst du auch in derselben , daß du frägst , oder kamst du wo anders her ? « » Ich komme anders wo her « , sagte der Reiter . » Wie kannst du dann fragen ? « entgegnete das Mädchen . » Weil ich es wissen möchte « , antwortete der Reiter . » Und wenn ich wissen möchte , was du willst « , sagte das Mädchen . » So würde ich es dir vielleicht sagen « , antwortete der Reiter . » Und ich würde dir vielleicht sagen , warum ich mit den Rosen hier stehe « , entgegnete das Mädchen . » Nun , warum stehst du da ? « fragte der Reiter . » Sage zuerst , was du willst « , erwiderte das Mädchen . » Ich weiß nicht , warum ich es nicht sagen sollte « , erwiderte der Reiter , » ich suche mein Glück . « » Dein Glück ? hast du das verloren ? « sagte das Mädchen , » oder suchst du ein anderes Glück , als man zu Hause hat ? « » Ja « , antwortete der Reiter , » ich gehe nach einem großen Schicksale , das dem rechten Manne ziemt . « » Kennst du dieses Schicksal schon , und weißt du , wo es liegt ? « fragte das Mädchen . » Nein « , sagte der Reiter , » das wäre ja nichts Rechtes , wenn man schon wüßte , wo das Glück liegt , und nur hingehen dürfte , es aufzuheben . Ich werde mir mein Geschick erst machen . « » Und bis du der rechte Mann , wie du sagst ? « fragte das Mädchen . » Ob ich der rechte Mann bin « , antwortete der Reiter , » siehe , das weiß ich noch nicht ; aber ich will in der Welt das Ganze tun , was ich nur immer tun kann . « » Dann bist du vielleicht der Rechte « , erwiderte das Mädchen , » bei uns , sagt der Vater , tun sie immer weniger , als sie können . Du mußt aber ausführen , was du sagst , nicht bloß es sagen . Dann weiß ich aber doch noch nicht , ob du ein Schicksal machen kannst . Ich weiß auch nicht , ob du ein Schicksal machst , wenn du in unserem Walde auf der Wiese stehst . « » Ich darf da stehen « , sagte der Reiter , » denn heute ist Sonntag , der Ruhetag für Menschen und Tiere , wenn es nicht eine Not und Notwendigkeit anders heischt . Mein Pferd habe ich eingestellt . Ich bin in den Wald herauf gegangen , zu beten . Und für den übrigen Tag will ich versuchen , ob ich nicht zu dem Steine der drei Sessel hinauf gelangen kann . « » Das kannst du « , sagte das Mädchen , » es geht ein Pfad hinauf , den du immer wieder leicht findest , wenn du ihn einmal verlierst . Weil aber der Stein von dem Grunde , der um ihn herum ist , wie eine gerade Mauer aufsteigt , so haben sie Stämme zusammen gezimmert , haben dieselben an ihn gelehnt , und durch Hölzer eine Treppe gemacht , daß man auf seine Höhe gelangen kann . Du mußt aber oben sorgsam sein , daß dein Haupt nicht irre wird ; denn du stehst in der Luft allein über allen Wipfeln . « » Bist du schon oben gestanden ? « fragte der Reiter . » Ich werde doch , da ich so nahe bin « , antwortete das Mädchen . » Nun « , sagte der Reiter , » wenn du schon oben gestanden bist , so werde auch ich oben stehen . « » Und wenn du heute von den drei Sesseln herunter kommst « , sagte das Mädchen , » dann reitest du morgen nach deinem Geschicke weiter ? « » Ich werde weiter reiten « , sagte er ; » warum hast du die Rosen ? « » Muß ich antworten , wenn ich gefragt werde ? « sagte das Mädchen . » Wenn die Eltern fragen , mußt du antworten « , entgegnete der Reiter , » wenn jemand anderer artig fragt , sollst du , und wenn du es versprochen hast , mußt du antworten . « So will ich dir so viel sagen , als du gesagt hast « , antwortete das Mädchen , » ich trage die Rosen , weil ich will . « » Und warum willst du denn ? « fragte der Reiter . » Für den Willen gibt es keine Ursache « , sagte das Mädchen . » Wenn man vernünftig ist , gibt es für den Willen immer eine Ursache « , erwiderte der Reiter . » Das ist nicht wahr « , sagte das Mädchen , » denn es gibt auch Eingebungen . « » Trägst du die Rosen aus Eingebung ? « fragte der Reiter . » Das weiß ich nicht « , entgegnete das Mädchen , » aber wenn du mir mehr von dir sagst , so sage ich dir auch mehr . « » Ich kann dir nicht viel sagen « , antwortete der Reiter , » ich habe eine Mutter , die in Baiern wohnt , mein Vater ist gestorben , und ich reite jetzt in die Welt , um meine Lebenslaufbahn zu beginnen . « » So will ich dir auch etwas sagen « , erwiderte das Mädchen . » Meine Eltern haben von hier weiter oben ein Haus . Wir würden es erreichen , wenn wir hier in den Wald gingen , wo ich mit meiner Gespanin herausgetreten bin , wenn wir in dem Walde nach aufwärts gingen , bis wir ein Wasser rauschen hörten , und wenn wir dann zu dem Wasser gingen , und demselben immer entgegen , dann würden endlich Wiesen und Felder kommen , und in ihnen das Haus . An dem Hause ist ein Garten , wo die Sonnenseite ist , und in dem Garten stehen viele Blumen . Und an der Hinterseite des Hauses geht ein Riegel gegen die Tannen , auf welchem viele Waldrosen stehen , und diese nehme ich oft . « » Hast du die Rosen heute aus Eingebung genommen ? Sie sind mir ein Zeichen , daß meine Fahrt gelingen wird « , sagte der Reiter . » Ich habe einen Metallring , in welchen die Rosenstiele passen « , sagte das Mädchen , » habe heute Rosen genommen , habe sie in den Ring gesteckt , und den Ring auf das Haupt getan . « » Weil wir noch mehr sprechen werden « , sagte der Reiter , » so gehen wir ein wenig an dem Waldsaume hin , woher du mich kommen gesehen hast . Da werden wir Steine finden , welche zu Sitzen taugen . Auf dieselben können wir uns setzen , und dort sprechen . « » Ich weiß es nicht , ob ich noch mehreres mit dir sprechen werde « , antwortete das Mädchen , » aber ich gehe mit dir zu den Steinen , und setze mich ein wenig zu dir . Ich kenne die Steine , ich selber habe die Sitze machen lassen . Im Sommer ist es am Vormittage dort sehr heiß , am Nachmittage aber schattig . Im Herbste ist es vormittags lieblich und mild. « Sie wandelten nun in der Richtung an dem Saume des Waldes hin , in welcher der Reiter zu den Mädchen hergekommen war . Sie hatten bald jene Steine erreicht , an denen der Reiter versucht hatte , ob sie zu Sitzen tauglich wären . Er blieb stehen , und harrte , bis das Mädchen sich gesetzt hatte . Es setzte sich auf einen glatten Stein . Der Reiter setzte sich zu ihrer Linken auf einen , der etwas niederer war , so daß nun sein Angesicht mit dem ihrigen fast in gleicher Höhe war . Das Schwert ragte zu seiner Linken in die niederen Steine hinab . Sie sprachen nun nichts . Nach einer Weile sagte der Reiter : » So rede etwas . « » So rede du etwas « , antwortete sie , » du hast gesagt , daß du mit mir noch sprechen willst . « » Ich weiß jetzt nicht mehr , was ich sagen wollte « , entgegnete er . » Nun , ich auch nicht « , sagte sie . Nach einer Zeit sagte der Reiter : » Es ist wahr , was du gesprochen hast , daß an Vormittagen die Sonne sehr mild auf diese Steine scheint . « Sie antwortete nicht . Nach einer Weile sagte sie : » Trägst du immer diese häßliche Haube auf deinem Haupte ? « Nein , nur wenn ich sie brauche « , sagte er , » sie ist sehr leicht herab zu nehmen . « Bei diesen Worten nahm er die Lederhaube samt ihrem Anhange von seinem Haupte , und eine Fülle schöner blonder Haare rollte auf seinen Nacken herab . Die Haube legte er in das Gras . » Ach , was Ihr für schöne Haare habt ! « sagte das Mädchen . » Und was du für rote Wangen hast « , erwiderte er . » Und wie blau Eure Augen sind « , sagte sie . » Und wie braun und groß die deinen « , antwortete er . » Und wie Ihr freundlich sprecht « , sagte sie . » Und wie du lieblich bist « , antwortete er . » Sagt , wie könnt Ihr nur die Fülle dieser Haare in der ledernen Haube unterbringen ? « fragte das Mädchen . » Das mache ich so « , antwortete der Reiter , » ich fasse die Haare , halte sie mit einer Hand , und setze den Helm mit der andern darauf . « Bei diesen Worten griff er nach dem Lederhelme , faßte mit seiner Linken die Haare , hielt sie auf dem Haupte , und setzte mit der Rechten den Helm darauf . » Ach , das ist schön « , sagte sie . » Nun sind sie bedeckt « , antwortete er . » Ja , legt nur die Haube wieder weg « , sagte sie . Er nahm den Helm von dem Haupte , und legte ihn wieder an seine vorige Stelle , und die Haare flossen wieder herab . » Wenn Ihr wollt in den Kampf gehen « , fuhr das Mädchen fort , » wie werdet Ihr dann die Feinde schrecken können , wenn Ihr so freundlich blickt ? « » Wer sagte dir denn , daß ich in den Kampf gehen werde ? « fragte der Reiter . » Ich weiß es « , antwortete das Mädchen . » Nun , in meinem Geschicke werden wohl Kämpfe sein « , sagte der Reiter . » Der Kampf ist eine Ehre « , antwortete das Mädchen . Wenn er nicht Raub und Gewalt ist , ehret der Kampf « , sagte der Reiter , » wenn man gegen feindselige Menschen den Vater , die Mutter , den Bruder , die Schwester , den Nachbar und das Volk verteidigt , ehret er noch mehr , und muß mit dem ganzen Leben geführt werden . Dazu muß man sich vorbereiten . « » Ihr habt eines vergessen , das man noch verteidigen muß « , sagte sie . » Was ? « fragte er . » Sein Weib « , antwortete sie . » Ich habe kein Weib , und habe darauf nicht gedacht « , erwiderte er ; » aber wenn man schon das ganze Volk verteidigt , so verteidigt man sein Weib mit . « » Nein , dasselbe muß man am meisten verteidigen « , sagte das Mädchen . » Nun , so verteidigt man es am meisten « , entgegnete der Reiter . » Und wie werdet Ihr dann blicken , daß der Feind weniger Herz hat ? « fragte sie wieder . » Das weiß ich nicht « , antwortete er ; » aber ich werde blicken , wie mir's ist , und das wird der Feind verstehen . Dich blicke ich freundlich an , weil ich freundlich gegen dich bin . « » Und da Ihr sagt , daß man sich zur Verteidigung vorbereiten muß , so habt Ihr Euch vorbereitet ? « fragte das Mädchen . » Weil ich will ein Reiter sein « , antwortete er , » so habe ich gelernt , ein Pferd zu pflegen , und darauf zu reiten ; ich habe mich im Angriff und im Schutz geübt , werde im Kriege lernen , und werde einsehen , wie man eine Schar von andern anzuführen hat . « » Wollt Ihr ein Anführer werden ? « fragte sie . » Wenn es sein kann , ja « , antwortete er . » Habt Ihr ein schönes Pferd ? « fragte das Mädchen . » Es ist nicht ein schönes , es ist nicht ein häßliches « , erwiderte der Reiter , » aber unter den guten ist es eines der besten . Es ist gesund und stark , witzig und treu . Ich liebe es , und es liebt mich wieder , und folgt mir . « » Was hat es denn für eine Farbe ? « fragte das Mädchen . » Es ist ein eisengraues Pferd « , entgegnete der Reiter . » Und warum tragt Ihr denn nicht eine Kopfzier , wie die andern hohen Männer ? « fragte das Mädchen . » Ich bin kein hoher Mann « , antwortete der Reiter , » und die Haube ist mir sehr wert . Sieh her , sie ist von der Haut des Elentieres , das weit von hier lebt . Ein Schwerthieb geht nicht durch . « Bei diesen Worten hatte er den Helm aufgehoben , und ihn dem Mädchen gezeigt . Das Mädchen sah ihn an , und befühlte sein weiches Leder mit den Fingern . » Und ist es denn nicht sehr heiß , wenn Ihr die langen Haare in der Haube tragt ? « fragte sie . » Es ist heißer , als wenn die Haare kurz sind « , antwortete er , » aber Hitze und Kälte muß dem Manne gleich sein . Bei allen alten Völkern hat man lange Haare geliebt , und sie schützen auch gegen Hiebe . « » Sind Eure andern Kleider ebenfalls von der Haut dieses Tieres ? « fragte das Mädchen . » Der Panzer ; das übrige ist geringer « , antwortete der Reiter . » Sie haben sonst auch Schienen , ich habe das Leder . « » Ihr habt Euer Schwert in den Wald mitgenommen « , sagte das Mädchen . » Ich habe es immer bei mir « , entgegnete der Reiter , » außer wenn ich zu Hause in sicherer Kammer schlafe . Schwert ist zugleich Schwert und Schild . « » Ist es schön ? « fragte das Mädchen . » Siehe « , sagte der Reiter . Er wendete die Scheide gegen sich , zog das Schwert daraus hervor , und reichte es ihr dar . Sie nahm es so , daß einen Teil der bloßen Klinge sie hielt , den andern er . » Ach , welche Zeichen ! « rief sie aus . Das ist Sankt Peter mit der Kette « , sagte er , » wir haben ihn zu unserm Schutzheiligen , weil wir aus Rom stammen . Was du um ihn herum siehst , das ist Zierat . « » Und was ist denn das andere ? « fragte das Mädchen . » Das ist auch Zierat « , entgegnete der Reiter . » Das Bild ist ein schönes Bild « , sagte sie . » Es muß schön gemacht sein « , antwortete er , » und das Schwert muß gegen Hiebe und Gewalt gut gestärkt sein . Das wirst du nicht erkennen . « » Nein « , sagte sie . Er nahm die Scheide , hielt sie , und steckte das Schwert wieder in dieselbe . » Und nun , Mädchen , wie heißest du denn ? « fragte er . » Bertha « , antwortete sie , » und wie heißt denn Ihr ? « » Witiko « , entgegnete er , » und wie alt bist du denn ? « » Sechzehn Jahre « , sagte sie , » und wie alt seid denn Ihr ? « » Zwanzig « , erwiderte er , » ich bin neun Jahre nach der Zeit geboren worden , da der Herzog Swatopluk von Böhmen erschlagen worden ist . « » Ich habe mir gedacht , daß Ihr sehr jung seid « , entgegnete sie . » Und lebst du im Walde , Bertha ? « fragte er . » Im Walde und auch anderswo « , antwortete sie ; » ich habe Euch ja schon gesagt , daß wir weiter aufwärts von hier ein Haus haben . Dann ist noch das Häuschen des Vaters meiner Singgespanin , sonst ist nichts . « » Habt Ihr eine Kirche ? « fragte er . » Sie steht fünf Stunden von hier in der Freiung « , antwortete sie , » wenn man dann hundert Schritte von unserm Hause abwärts geht , und noch eine halbe Stunde zur Mihel zu gehen hätte , wo die Köhler sind , steht ein dunkelrotes hohes Hüttlein aus Holz , und in dem Hüttlein ist die heilige Mutter mit dem Jesuskinde aus Holz . Der Bischof hat sie geweiht . Vor dem Hüttlein stehen kleine Bänklein , daran man knieen und beten kann . Wir beten da . Hinter dem Hüttlein stehen Ebereschenbäume , und Ebereschenbäume gehen bis zu unserem Hause . Jetzt sagt mir aber auch etwas von Euch . « » Mein Geschlecht ist dunkel « , antwortete er , » es ist aber nicht immer so gewesen . « » Und wo werdet Ihr dann hingehen , wenn Ihr morgen von hier fortreitet ? « fragte sie . » In das Land Böhmen « , antwortete er . » In das Land Böhmen ? « fragte sie , » warum geht Ihr denn nicht zu dem neuen Könige Konrad oder zu unserem Herzoge Heinrich ? « » Das ist so « , entgegnete er : » im Mittage des Landes Böhmen haben meine Vorfahren im Walde gelebt . In alten Zeiten vor vielen hundert Jahren , da es noch gar kein deutsches Reich gegeben hat , da in dem Lande der Franken , das sehr groß war , die tapfern Hausmeier der alten Könige geherrscht haben , ist ein Mann aus dem Stamme der Fürsten Ursini in Rom , der auch Witiko wie ich geheißen hat , wegen Verfolgung eingedrungener Feinde mit seinem Weibe , mit seinen Kindern , mit seinen Anverwandten und mit einem kriegerischen Gefolge in das Land gegen Mitternacht gegangen , und bis an die Donau gekommen . Von dort wollte er in das Land Böhmen einbrechen . Aber Woyen , der Herzog Böhmens , der erstgeborne Sohn des Herzogs Mnata , der noch heidnisch war , und die Christen haßte , zog ihm mit einem Heere entgegen , und tötete in einer Niederlage , die Witiko erlitt , fast alle seine Leute . Da trug Witiko dem Herzoge Woyen ein Bündnis an , er wollte sich ihm unterwerfen , und die Marken Böhmens gegen die Fremden verteidigen , wenn ihm der Herzog in den waldigen Bergen , in welche er eingedrungen war , eine Wohnung geben wolle . Der Herzog gab sie ihm , und nun wohnte er an einem Berge in dem Walde . Sie breiteten sich aus , wurden mächtig , und gründeten das Christentum , daß sich vierzehn Lechen vom Mittage Böhmens lange vor der Zeit , da Bořiwoy der erste christliche Herzog Böhmens war , in Regensburg taufen ließen . Dann nahm das Geschlecht wieder ab , wurde unbekannt , und ich bin der letzte davon . Witiko hatte auf dem Berge an seiner Wohnung Waldrosen gepflanzt , wie auf einem Berge neben seiner Wohnung in Rom Waldrosen gestanden sind . Alle Vorgänger des alten Witiko , welche in die Zeiten hinauf reichten , da noch gar kein Christ auf der ganzen Welt war , hatten Waldrosen gepflanzt , weil noch keine anderen waren , und alle Nachfolger haben Waldrosen gepflanzt . « » Es wird doch eine Eingebung gewesen sein , daß ich die Rosen genommen habe « , sagte Bertha . » Nimmst du oft Rosen ? « fragte Witiko . » Ich nehme sie zuweilen « , sagte Bertha . » Und daß es in dieser Jahreszeit noch Rosen gibt , ist schon ein Wunder « , sagte Witiko . » Ich habe diese auch nur heute im Waldschatten gefunden , und in meinen Ring gesteckt « , entgegnete Bertha . » Siehst du « , sagte Witiko . » So mögen sie Euch ein Zeichen sein « , erwiderte Bertha , » und möget Ihr recht viel Glück haben . Ich werde Euch zu meinem Vater führen , daß er Euch einen Mann zu den drei Sesseln mitgibt , der Euch den kürzesten Pfad weist . « » So führe mich zu deinem Vater , Bertha « , sagte Witiko . » Wollt Ihr ? « fragte sie . » Ich will « , antwortete er . » So kommt « , sagte sie . Bei diesen Worten erhob sie sich , der Reiter setzte seine Lederhaube auf den Kopf , und stand gleichfalls auf . Sie gingen nun an dem Waldsaume bis zu der Stelle , an welcher die Mädchen herausgekommen waren . Dort traten sie unter die Stämme , und in kleiner Tiefe des Waldes stand das andere Mädchen , das mit Bertha gesungen hatte . Als Bertha und Witiko sich ihr näherten , nahm sie die Flucht , und lief vor ihnen her . Witiko sah nun , daß ihre Zöpfe , die auf das dunkle Kleid hinab gingen , eine lichte fast weißgelbe Farbe hatten , während die Berthas braun wären . Sie lief aber so , daß sie bald nicht mehr gesehen werden konnte . Witiko und Bertha gingen unter den hohen Tannen des Waldes und zwischen bemoosten Steinen dahin . Sie gingen aufwärts . Nach einer Weile hörten sie ein Wasser rauschen , welches in der Gegend zu ihrer linken Hand fließen mußte . Bertha wendete sich nun links , und ging zu dem Wasser , das man fast durch die Stämme aber tief unten in einer Schlucht sehen konnte . Bertha ging an dem Wasser in der früheren Richtung wieder fort , aber immer oben am Rande der Senkung . Sie gingen immer aufwärts . Nach einer Zeit wurde der Wald dünner , und sie traten endlich in das Freie . Da lag eine Wiese vor ihnen , hinter der Wiese waren Felder , und dann stand ein großes weißes Haus . Hinter dem Hause stieg der Wald empor , und war ein breites mächtiges Band . Seinen Sesselfels konnte man wegen der Nähe nicht sehen , gegen Morgen aber waren andere starke Steinrippen im Bande . Die Wiese war von Gestrippe und Steinen gereinigt . Bertha lenkte nun auf einen Pfad ein , der in der Wiese auf das Haus zuging . Der Pfad war geordnet und so breit , daß selbst ein Wagen auf ihm hätte fahren können . Als sie auf dem Pfade so weit fortgegangen waren , daß sie noch einige hundert Schritte zu dem Hause gehabt hätten , kamen sie zu der Betstelle des roten Hüttchens . Es stand an dem Wege , mit seiner Öffnung gegen Morgen dem Pfade zugekehrt . Unten war es geschlossen , oben hatte es eine Öffnung , in welcher das Bild der heiligen Mutter stand , es war in Gold in roten blauen und anderen Farben . Vier Ebereschenbäume hinter dem Hüttchen waren hoch empor gewachsen . Bertha kniete an einem Bänklein nieder , und tat ein Gebet . Witiko kniete neben sie , und betete auch . Dann standen sie auf , und gingen weiter . Das Rauschen des Wassers tönte aus der Schlucht herauf , und auch nicht weit vor dem Hüttchen kam ein Wasser aus dem Grase der Wiese , und schoß flüchtig nach abwärts . » Ihr habt hier klare fröhliche Quellen « , sagte Witiko . » Es sind noch mehrere , rechts und links « , antwortete Bertha , » sie kommen von den drei Sesseln und von dem Blöckensteine . « » Und das ist euer Bild , von dem Ihr mir gesagt habt ? « fragte er . » Das ist das Bild « , antwortete sie . » Und dort ist euer Haus ? « sagte er . » Dort ist das Haus « , erwiderte sie . Nach kurzem Wandeln an den Reihen der Ebereschen kamen sie an das Haus . An demselben war gegen Morgen ein Sandplatz , gegen Mittag ein Garten . Das Haus war sehr lang . Es war aus Stein gebaut , und weiß übertüncht . Die Fenster , welche in einer geordneten Reihe hingingen , waren mit eisernen Stäben verwahrt . Es hatte nur ein Erdgeschoß , welches aber hoch war , und auf welchem sich ein flaches Dach befand , das viele und große Steine deckten . Die schmale Seite des Hauses , welche dem Sandplatze zugekehrt war , hatte eine eisenbeschlagene Tür . Durch die Tür , welche nicht geschlossen war , sondern einem leichten Drucke wich , führte Bertha Witiko in das Haus . Sie kamen hinter der Tür in einen geräumigen Vorsaal , von dem ein Gang durch die Länge des Hauses fort lief , und von dem Vorsaale traten sie links wieder in einen Saal . Derselbe war groß , und hatte gegen die Schmalseite des Hauses vier , gegen dessen Langseite sechs Fenster . Der Fußboden war von Tannenbrettern , die Wände waren weiß getüncht , und die Decke war eine starkbalkige Diele von braungebeiztem Tannenholze , an den Wänden hingen Waffen , und in den Ecken lehnten auch einige . In der Mitte des Saales stand ein sehr langer Buchentisch . An dem oberen Ende des Buchentisches saß ein Mann von etwa vierzig bis fünfzig Jahren . Er hatte ein weitfaltiges schwarzes Oberkleid an , von dem die lichtbraune Unterbekleidung hinab ging . Auf das Oberkleid fielen lange braune Locken hinab . Vor ihm standen zwei andere Männer , mit denen er sprach . » In die Glurwiese geht ihr um fünf Uhr « , sagte er , » dann könnt ihr mit der Hälfte fertig werden . « » Ja « , sagte einer der Männer . » Ihr müßt im Scherholze an der Sonnenseite schlichten , und die Eckstöße fest machen « , sprach er weiter . » Ja « , sagte der andere der Männer . » So , jetzt geht , und berichtet mir , wenn es geschehen ist « , sagte er . Die Männer entfernten sich , und gingen zur Tür hinaus . Der Mann an dem Buchentische sah nun mit zwei großen blauen Augen auf Bertha und Witiko . Bertha ging einige Schritte gegen den Mann und sagte : » Vater , da ist einer in den Wald gekommen , der nach seinem Glücke geht , und sich ein Schicksal machen will . Weil heute Sonntag ist , so ruhet er , und hat in dem Walde gebetet . Ich habe auf der Sperwiese mit ihm gesprochen , und bringe ihn dir . « Der Mann mit den braunen Locken stand auf , ging gegen Witiko , und sagte : » Seid mir willkommen . « » Ich nehme das Willkommen an « , sagte Witiko , » und wollet mein Eindringen entschuldigen . « » Meine Tochter hat Euch gebracht , und Ihr seid willkommen « , sagte der Mann , » und Ihr wäret auch willkommen , wenn Ihr allein gekommen wäret ; denn mein Haus ist gastlich . « Ich heiße Witiko von Přic « , sagte Witiko . » Ich Heinrich « , antwortete der Mann . » Der Reiter will heute auf die drei Sessel steigen « , sagte Bertha . » Weil Ihr auf dem Wege nach gutem Dienste in mein Haus gekommen seid , Witiko « , sagte Heinrich , » so nehmet ein Mittagessen bei mir , ich werde Euch dann einen Mann geben , der Euch zu den Sesseln geleiten soll . Jetzt biete ich Euch einen Stuhl , und wenn es nicht gegen Eure Sitte ist , so schnallt Euer Schwert ab , daß Ihr ungehinderter seid . « » Ich nehme die Einladung zum Mittagessen und zu einem Stuhle dankbar an , das Schwert kann ich aber nicht abschnallen , weil ich mir den Brauch auferlegt habe , es immer , wo es tunlich ist , zu tragen , daß es mir nicht einmal fehlt , wenn ich es brauche « , sagte Witiko . » Daran tut Ihr nicht unrecht « , sage Heinrich , » und wenn Ihr von den drei Sesseln zurückkommt , werdet Ihr die Nachtherberge bei uns nehmen ? « » Ich reite morgen wieder weiter « , entgegnete Witiko , » habe mein Pferd bei den Köhlern an der Mihel , und muß heute wieder dahin zurück kommen . « » So werden wir die Zeit so einrichten , daß Ihr es könnt « , sagte Heinrich . Nach diesen Worten wendete er sich gegen den Tisch , rückte zwei Stühle zurecht , wies auf einen , und er und Witiko setzten sich nieder . Dann sagte er zu Bertha : » Gehe zur Mutter , und verkündige ihr , daß wir einen Gast haben . « Bertha ging gegen einen Fensterpfeiler , und hing ihren Kranz mit Rosen an einen Nagel . » Warum hängst du denn dein Goldreiflein zu den Waffen ? « fragte der Vater . » Lasse die Rosen heute bei den Waffen hängen « , antwortete Bertha . Dann ging sie durch eine Tür in das weitere Innere des Hauses . Nach einigen Augenblicken kam sie mit der Mutter bei dieser Tür wieder heraus . Die Mutter hatte wie Bertha braune Haare und Augen . Sie hatte feine Hände und Glieder . An ihrem Körper war ein enges blaues Wams mit Silberrändern , die Vorderärmel und das weite Unterkleid waren aus blaßgelber Wolle . Die Haare deckte ein weites Netz mit Goldfädlein . » Wiulfhilt « , sagte Heinrich , » der junge Reiter Witiko von Přic , der Sohn Woks und Wentilas , ist unser Gast . « » So habt Ihr meinen Vater gekannt ? « fragte Witiko . » Ich habe Euern Vater gekannt , mein junger Reitersmann , und kenne Eure Mutter « , sagte Heinrich . » Wir kennen die feine gute Wentila « , sagte die Frau , welche eingetreten war , » und wenn Ihr der Sohn derselben seid , so heiße ich Euch in unserem Hause willkommen . « » Ich bin der Sohn derselben « , sagte Witiko , welcher aufgestanden war , » und so bin ich in einem Hause , in welchem meine Eltern gewesen sind . « » In diesem Hause sind sie nie gewesen « , sagte Heinrich , » wohl aber in einem andern . « » So seid Ihr uns in diesem Hause gegrüßt « , sagte Wiulfhilt . » Ich freue mich des Grußes , edle Frau « , entgegnete Witiko , » und verzeiht , wenn ich Eure Sorge mehre . « » Meine Sorgen für das Haus sind meine Freude « , sagte die Frau , » und für einen Gast doppelte Freude . « » Wenn ich es nur verdiene « , entgegnete Witiko . » Ihr verdient es , weil Ihr der Sohn Eurer Eltern seid « , antwortete Wiulfhilt , » und werdet es auch außerdem verdienen . Und wenn es auch nicht wäre , so wäret Ihr der Gast . « » Wiulfhilt « , sagte Heinrich , » der Reiter will heute noch auf den Sesselfels gehen , und abends zu den Köhlern im Klaffergrunde zurückkehren . Sorge für ein zeitiges Mahl . « » So erlaubt , daß ich mich bis zum Mittagessen beurlaube « , sagte die Frau . » Tut nach Eurem Rechte « , entgegnete Witiko . » Und ich werde der Mutter folgen « , sagte Bertha . » Dann tust du recht « , erwiderte der Vater . Und die Mutter und die Tochter verließen den Saal . » Wenn es Euch genehm ist , so suchen wir bis zum Mittage die freie Luft auf « , sagte Heinrich zu Witiko . » Es ist mir sehr genehm « , entgegnete Witiko . Der Herr des Hauses führte seinen Gast nun durch eine andere Tür in den Garten . Er schürzte sein faltiges Gewand durch einen Gürtel , den er anzog , höher , und schritt in die Beete voran . Witiko folgte . Im Garten waren Küchengewächse , duftende Kräutlein und an Mauerlatten die Birnstaude . Am Ende des Gartens erhob sich ein Hügel , von dem sie den Garten das Haus und den Wald übersehen konnten . Witiko sagte : » Ich habe nie gewußt , daß hier ein solches Haus steht , obgleich ich schon in dem Walde gewesen bin . « » Es ist sehr abgelegen « , antwortete Heinrich , » die Pfade gehen unten an der Mihel vorüber , und keiner geht herauf , der weiter in die Länder liefe , weil hinter dem Hause gleich der hohe Wald beginnt , über den kein Fußweg steigt . So ist es rückwärts umfangen von der Wand der Sessel und des Blöckensteins , und vor ihm geht der Forst bis zu der Mihel hinunter . Wenn einmal die Wälder gereutet werden , dann können es die Menschen von weitem her erblicken , da es hoch gelegen ist . Die Sesselwand und der Blöckenstein werden wohl nie gereutet werden , weil sie steil sind und nur Waldgrund haben , und dann wird es licht gegen die hintere dunkle Waldhöhe abstehen . « Ist das Haus schon lange da ? « fragte Witiko . » Ich habe es erbaut « , entgegnete Heinrich . » Und warum habt Ihr es denn in den abgelegenen Wald gebaut ? « fragte Witiko . » Weil ich es so gewollt habe « , antwortete Heinrich , » einige bauen auf Weiden , andere auf Felsen , andere in Wälder , und wenn man einmal des Schutzes bedürfte , so ist dieses Haus sehr verborgen , und unbekannt . Ich bin öfter mit den Meinigen hier , wenn wir nicht anderswo zu sehr fest gehalten werden . « » Es muß auch sehr anmutig hier wohnen sein « , sagte Witiko . » Ja jetzt , und vielleicht auch in künftiger Zeit « , erwiderte Heinrich , » der breite Berg , der jenseits der Mihel liegt , wird einmal eine Ortschaft werden , weil er die Ursachen dazu hat , nämlich guten Boden und Verbindungen , es werden vielleicht dann auch an manchen Stellen rings herum Wohnungen ja sogar Kirchen entstehen , und dann , wenn Zeiten sind , die es weniger benötigen , daß der einzelne Mann sich um Schutz umschaue , mögen die weißen Mauern dieses Hauses weithin leuchten , und manchen einladen , zu kommen , und sich in ihnen zu vergnügen . « » Möge das Haus viele hundert Jahre dauern « , sagte Witiko . » Wenn die , welche nach mir kommen , so denken , wie ich « , antwortete Heinrich , » so wird es dauern . Es können Tage erscheinen , da die Macht und das Ansehen eines Stammes schwinden ; aber sie können wieder auferstehen , wenn nur der Stamm selber nicht ausgelöscht ist . Eines Tages kann dieses Haus zerstört und dem Erdboden gleichgemacht werden ; aber ein anderes kann an der Stelle sich erheben , und wenn einer meiner Nachkommen hier lebt , und wenn er Freude am Walten in Mitte seines Besitztumes hat , so wird hier eine Wohnung sein , die den Besitzern behaglich , und den Fremden , die mit offenen Herzen kommen , freundlich ist . « » Ich denke wie Ihr « , sagte Witiko , » kein Stamm kann untergehen , wenn seine Glieder recht sind , er sinkt und steigt , außer wenn Gott im Tode seines letzten Gliedes ihm ein Ende macht . « » So ist es , wie es ist « , sagte Heinrich , » lasset uns weiter gehen . « Sie gingen von dem Hügel durch ein Pförtlein des Gartens weiter dahin , und zwar ungefähr in einer Richtung , in der Witiko mit Bertha gekommen war . » Da ist meine Wiese , die die Rinder nährt « , sagte Heinrich , indem er die Hand erhob , und herum wies . » Sie geht bis zu dem Walde , durch den Ihr gekommen seid . « Sie schritten auf einem Wege der Wiese gegen Morgen zu . » Und dort sind meine Felder « , sagte Heinrich , indem er auf den Strich wies , der hinter dem Hause dem Walde zu ging . » sie bringen , was das Haus bedarf und erheischt . Und die Quellen geben uns freigebig ihr Wasser und der Wald seinen Reichtum . « Sie gingen in einem Bogen wieder gegen das Haus , und kamen an dessen Morgenseite , an die auch Witiko mit Bertha gekommen war . Er sah jetzt , daß neben der Tür , durch die er mit Bertha hineingegangen war , auch ein eisernes Tor in einer Mauer war , die von dem Hause hinweg ging . Heinrich führte ihn durch das Tor hinein . Sie gelangten in einen Hof . » Hier sind Pferde « , sagte Heinrich , indem er Witiko gegen einen Stall führte , der rechts von dem Eingange war . Witiko trat in den Stall , und betrachtete die sechs Pferde , welche da standen , sehr genau . » Hier sind Rinder « , sagte Heinrich , indem er Witiko zum Stalle daneben führte . Witiko sah hier zehn Kühe stehen , die gut und schön gebaut waren . » Hier sind Zugtiere « , sagte Heinrich , da er Witiko zu einem weitern Stalle geleitet hatte . Drei Paare schwerer Ochsen standen in dem Stalle . » Und dort sind Kälber und kleine Tiere und Geflügel « , sagte Heinrich , indem er auf weitere Gelasse nur so oberflächlich hinwies , ohne Miene zu machen , hinzugeben . Er führte Witiko quer über den Hof in das Haus , und im Hause durch den Gang in den Saal , in welchem er ihn empfangen hatte . In dem Saale waren indessen Veränderungen vor sich gegangen . Der Tisch war mit Linnen bedeckt , es standen Gefäße auf ihm , und Teller und Eßgeräte waren auf ihn gelegt . Nachdem die Männer eine Weile in dem Saale gewesen waren , ertönte eine Schelle . Sehr bald öffnete sich die Tür von dem Gange herein , und mehrere Leute traten in den Saal . Es waren Knechte und Mägde . Sie stellten sich an den Tisch . Darauf kamen die Mutter und Bertha aus der Tür , die in das innere Haus führte . Sie hatten dieselben Gewänder an wie früher . Jetzt tat Heinrich ein kurzes lautes Gebet , in das Antworten der Leute einfielen . Dann setzten sich alle an den Tisch . Heinrich saß obenan , Witiko wurde zu seiner Linken gewiesen , rechts saß die Mutter und dann Bertha . Weiter unten waren die Leute . Hierauf trugen zwei Mägde Speisen auf den Tisch . Auf das obere Ende wurden ein Rindsbraten Geflügel Fische und Kuchen gestellt , auf das untere der Lendenbraten eines jungen Schweines Sauerkohl und Brod . Am oberen Ende wurde in kleine feine Silberbecher Wein eingeschenkt , am unteren aus einem großen Eimer Bier in graue blaublumige Steinkrüge . Am untersten Ende des Tisches erblickte Witiko den Krauskopf , der ihm mit lachenden Augen zuwinkte . Heinrich munterte die , welche bei ihm saßen , zum Essen auf , und am untern Ende zerlegte einer den Lendbraten . Unser Gast hat gesagt , daß er nach Böhmen reiten werde « , sprach Bertha . » Hast du ihn darum gefragt ? « sagte Heinrich . » Wir haben allerlei gesprochen , und gefragt , und da werde ich ihn auch wohl um dieses gefragt haben « , entgegnete Bertha . » Einen Gast forscht man nicht aus , meine Bertha « , sagte Heinrich . » Damals war er noch nicht unser Gast « , antwortete Bertha , » und er hat es mir gerne gesagt . « » Ich habe es sehr gerne gesagt « , sprach Witiko . » Wenn ich von dem Steine der drei Sesseln oder von dem Blöckensteine gegen das Land von Böhmen blickte « , sagte Bertha , » so war es immer , als sei es in jenen Gegenden nicht so licht als auf unserer Seite der Berge . « » Von dort blickt man in unser Land nach Mittag « , antwortete Heinrich , » und nach Mittag ist der Ausblick in allen Ländern freundlicher . « » Ich weiß nicht , ob ich in Böhmen wohnen möchte « , sagte Bertha . » Am freiesten und hellsten wohnte es sich wohl auf der Höhe des Waldes « , sagte Witiko . » Die alten Böhmen haben ihre Burgen oder die Verbalkungen ihrer Župen , in welche sie sich bargen , wenn ein übermächtiger Feind das offene Land durchstreifte , stets in der Ebene angelegt « , entgegnete Heinrich , » sie bauten diese Vesten an Orten , wo Sümpfe waren , oder zwei Wässer zusammengingen , so daß nur auf einer Seite ein Eingang war , den sie durch starke Gräben wahrten . Gegen unsere Tage her wird sich wohl auch bei ihnen einiges geändert haben , wie ja die neuen Zeiten neue Sitten bringen . « » Ich habe immer geglaubt , wo ein steiler Fels gegen Wasser vorgeht , das um ihn herum fließt , oder sich um ihn ausbreitet , daß er rückwärts nur mit einer schmalen Zunge an dem Lande hängt « , sagte Witiko , » das wird eine gute Wohnung sein , die leicht zu verteidigen ist . Ein großer Wald , der einem zahlreichen Feindeshaufen den Zugang wehrt , und ihm Nahrung versagt , könnte auch als Schutz dienen . « » So ist ja dieses Haus gebaut « , entgegnete Heinrich . » Mein Kind « , sagte Wiulfhilt , » wir Frauen , die wir abhängig sind , wissen nie , wo wir wohnen werden , und wo wir dann mit den Unsrigen wohnen , wird es uns doch gefallen . « Das Mahl dauerte nicht lange , und als es aus war , und man sich erhoben hatte , tat Heinrich wieder ein Gebet , wie bei dem Beginne desselben , dann sagte er : » Wolfram , der junge Reitersmann , unser Gast , will die drei Sessel sehen , du wirst ihn zu denselben führen , und ihn , wenn er es wünscht , zu dem Blöckensteine , zum See , und wieder zu uns zurück bringen . « Auf diese Worte antwortete der Krauskopf : » Ich werde es tun , Herr ! « Als das Geräusch , welches das Fortgehen der Knechte und Mägde verursacht hatte , geendet war , und der Hauswirt sein Gast und seine Angehörigen noch eine Weile bei einander gestanden waren , kam der Krauskopf , der sich entfernt hatte , wieder herzu , und sagte , daß er gerüstet sei . Er hatte jetzt das graue Mäntelchen um das braune Gewand , das er beim Essen angehabt hatte , trug eine Armbrust nebst Bolzenbeutel , und reichte Witiko einen Lanzenstock dar . Dieser empfing ihn , und sagte : » Ich danke für das Mahl , ich danke für die Sorge um meine Wanderung , und nehme den Antrag an . « » Geht mit Gott , und kommt bald in meine Wohnung zurück « , sagte Heinrich . » Benimm dich gut , Wolf « , sagte die Frau . » Ihr dürft ihm schon trauen « , sagte Bertha zu Witiko , » er kennt den Wald und die Wege . « Es wird schon recht werden « , sagte Wolf . Und so gingen alle bei der Tür des Vorsaales und bei der Eisentür auf den Sandplatz hinaus . Dort verabschiedete man sich , und die zwei Männer betraten ihren Weg . Sie gingen vom Hause gegen Mitternacht . Hinter dem Hause war der Raum der Felder . Auf diesem Raume gingen die Männer fort . Der Krauskopf ging gegen Witiko herzu , und sagte : » Ich gehe recht gerne mit Euch . « » Du gehst gerne mit mir ? « fragte Witiko . » Ja « , antwortete Wolf , » weil Ihr ein so schönes Pferd habt , und gut seid . « » Du hast ja gesagt , wie du dir auch einmal eins erwerben wirst « , antwortete Witiko . » Ja , wenn nur Krieg wäre « , antwortete Wolf . » Krieg ist ja schier immer « , entgegnete Witiko . » Und da ich gestern dem Wirte im Hauzenberg eine Wohltat erwiesen hatte , wenn ich nur hätte ahnen können , daß Ihr zu unserem Herrn reitet , ich wäre mit Euch gegangen , und hätte Euch den Weg gezeigt . Aber Euer Pferd ist ja gar nicht in unserm Stalle « , sagte Wolf . » Ich bin nicht zu deinem Herrn geritten « , entgegnete Witiko , » und mein Pferd steht an der Mihel bei den Köhlern . « » Bei den Köhlern ist ein schlechter Platz für Euer Pferd « , antwortete Wolf . » Weil ich alle Botschaften meines Herrn verrichte , so kenne ich viele Männer und ihre Pferde , aber keines der Pferde hat einen so schlechten Platz . « » Ich bin für mein Pferd zufrieden , und habe selber Herberge bei den Köhlern genommen « , sagte Witiko . » Weil Ihr so gut seid « , entgegnete Wolf . Sie waren am Saume der Tannen angekommen , und gingen nun gegen Sonnenuntergang . Sie gingen hier wieder an mehreren solchen großen Steinen vorüber , die so ohne Zusammenhang auf dem Grunde lagen , als wären sie von Menschenhänden hergelegt worden . An einem dieser ungeheuren Steine lag ein Häuschen , das winzig gegen den Stein war . » Hier wohnt Trude , die Singgespanin unsers Fräuleins « , sagte Wolf , » ihr Vater ist ein sehr armer Mann . « Sie gingen an dem Häuschen vorüber , traten dann in den Wald , und gingen im Walde weiter . Es tosete wieder ein Wasser zwischen Steinen und Felsen hernieder . Ein mäßiger Baumstamm war über dasselbe gelegt . Wolf lief hinüber , und sah auf Witiko zurück . Dieser ging über den Stamm . » Ach , Ihr könnt das schon ! « rief Wolf , » da wird alles gut werden . Seht , dieser Bach hadert in die Tiefe . Aber unten fast an der Mihel legt sich ihm eine Querwulst entgegen , und er muß halten , und macht einen mächtigen Teich , ehe er hinüber klettern , und jenseits in die Wiese hinab springen kann . Ich bin in ihm geschwommen . Einmal bin ich auch in der Donau hinüber und herüber geschwommen . Der Teich wird einmal entwischen . Er wird in der Lehmwand ein Loch bohren , und über die Wiese in die Mihel rinnen . Einstmals wird kein Mensch etwas von ihm wissen . « Sie gingen nun in der Richtung zwischen Mitternacht und Abend unter großen Buchen und dann unter hohen Tannen in dem Walde fort . Nach einer Wanderung von einer und einer halben Stunde gelangten sie auf die Schneide des Waldes hinan zu dem Fels der drei Sessel , der aus dem Grase des Waldes über die Gipfel der Bäume empor ragte . Witiko kletterte über die Treppe empor , Wolf folgte ihm . Oben war ebener Stand und drei hohe Lehnen , über die man hinausblicken konnte . Witiko sah in das Land Baiern . Zu seinen Füßen sah er die großen Wälder , er sah dann den Inn die Isar und die Donau , und an dem Rande sah er die Berge der Alpen . Er wendete sich dann um , und sah gegen Mitternacht und Morgen auf die dunkeln Häupter der nahen Wälder , welche sich da erhoben . Nach einer Weile sagte Wolf : » Wenn Ihr immer nach dem Lande Böhmen schaut , so wäre es besser , wenn wir auf den Hohenstein oder gar auf den Blöckenstein gingen , wo wir viel größere Stücke dieses Landes sehen können . Der Blöckenstein ist höher als die Felsen hier , und das meiste , was man vom Böhmenlande erblicken kann , erblickt man von ihm . « Witiko schaute noch eine Zeit nach seiner Richtung , und sagte dann : » Gehen wir auf den Hohenstein . « Sie stiegen von dem Fels hinab , und gingen eine kleine Strecke nach Mitternacht . Dort stand ein ähnlicher Fels . Es war der Hohenstein . Sie kletterten über eine gleiche Holztreppe hinauf . Von ihm sah Witiko die Berge des böhmischen Landes höher und breiter als von den Sesseln , auch sah er neue Waldlehnen emporstehen , aber weiter nichts von dem inneren Lande . » Gehen wir auf den Blöckenstein « , sagte er . Sie kletterten herab , und gingen nun in der Richtung gegen Morgen . Es war Tannengebüsch , es waren Wurzeln Moore Steine und Knieholz , durch das sie gingen . Nach zwei Stunden Wanderung war eine Höhe vor ihnen , die sie erklommen . Als sie auf der Schneide standen , sagte Wolf : » Wir stehen auf dem Blöckensteine . « Hier sahen sie weite und breite Gelände gegen Morgen und Mitternacht ; aber es war lauter Wald . Die Moldau war an manchen Stellen zu sehen , und glänzte matt in dem Lichte des Himmels . Witiko blieb stehen , und sah auf die Moldau hinab . Wolf wies mit der Hand gegen links , und sagte : » Dort oben , wo der krumm gewölbte Wald steht , würden wir den Berg des reichen Gesteines sehen , wenn der Wald nicht wäre . Es sind Steine , in denen man Gold findet . Es wird das Gold auch in die Moldau abgeschwemmt , daß es unter dem Sande ist , und aus ihm heraus gewaschen werden kann . Sie haben an dem Berge jetzt Hütten gemacht , und wollen die reichen Steine heraus graben . Weiter unten wäre der Winterberg , wenn der gezackte Waldkamm nicht vorstände . Gerade hier hinab ist das Tal der Hirschberge , in welches der See seinen Bach abläßt . Und dann geht es gegen das Land hinaus , wir können es aber vor lauter Wald gar nicht sehen . Dorthin , gerade aus , ist der obere Plan . Dann würden wir , wenn der Wald nicht vorstände , den Wald des heiligen Thomas sehen , und dann ist nichts mehr als der Himmel . « Während der Rede des Führers war Witiko gestanden , und hatte auf das Land vor ihm hinunter geschaut . Jetzt aber wendete er sich zum Gehen . » Hier ist gleich noch der schwarze See « , sagte Wolf . Die Männer gingen nun von der Stelle , auf der sie gestanden waren , noch ein wenig gegen Morgen und zugleich abwärts . Nach einer Weile standen sie an dem oberen Rande einer Felswand , welche in fallrechter Richtung nieder ging , und zu ihren Füßen einen finstern See hatte , der zwischen Felsen und Wäldern wie in einer Höhle unten lag . Der Wald faßte ihn ein , und seine Oberfläche zeigte nichts Lebendiges . Die Ufer an der Wand waren von herabgestürzten Bäumen gesäumt . Der junge Reiter trat auf eine Steinplatte , welche von der Wand weg gleichsam über den See vorragte , und schaute eine geraume Zeit hinunter . Nachdem er seinem Schauen ein Ende gemacht hatte , kehrte er wieder um , und schickte sich zum Gehen an . Die Männer gingen nun gegen Mittag von der Seewand gerade in der Richtung hinunter , in der das Haus sein mußte , in welches sie wollten . Nach einer Stunde kamen sie auf einen breiteren Pfad , und in kurzem an den Rand der Felder , auf dem Heinrichs Haus stand . Da sie über diese Felder dem Hause zugingen , wollte Witiko seinem Führer eine Belohnung geben . Dieser schlug sie aus , und sagte : » Von Euch nehme ich nichts . « » Wenn du alles Geld ausschlägst , dann bekommst du nie ein Pferd « , sagte Witiko . » Denkt nur einmal daran , daß wir heute mit einander gegangen sind « , entgegnete Wolf , » dann ist es schon recht . « » Ich werde daran denken « , sagte Witiko , » und auch daran , daß du ein sehr guter Führer bist . « » Und ich , daß Ihr so gut im Walde geht , wie sehr wenige « , antwortete Wolf . » Ich habe es wohl gelernt « , sagte Witiko . Indessen waren sie bei dem Hause angekommen , Witiko reichte dem Führer seinen Stock , und sagte : » So danke ich dir recht schön , Wolf , und ich werde nicht vergessen , wie getreulich du heute gegen mich gewesen bist . « » Das wird das Schönste sein « , sagte Wolf . Mit diesen Worten nahm er den Stock , und ging um die Ecke des Hauses . Witiko trat bei der Eisentür ein , und ging in den Saal . Dort war Heinrich mit seiner Gattin und Bertha , und es war jetzt auch das Mädchen mit den lichtgelben Zöpfen da , welche die Singgespanin Berthas war . Man bot Witiko einen Stuhl . Er setzte sich . Eine Magd brachte Wein und Brod . » Ich hoffe , daß Ihr einen guten Weg gemacht habt , und daß sich mein Führer bewährt hat « , sagte Heinrich . » Ich habe einen guten Weg gemacht , und Euer Führer ist sehr trefflich « , antwortete Witiko . » Jetzt nehmt etwas zu Eurer Erholung , und ruht ein wenig aus « , sagte Wiulfhilt . » Ich will etwas nehmen , geehrte Frau « , entgegnete Witiko , » aber mit dem Ausruhen kann ich nicht einstimmen . Der zurückgelegte Weg ist nicht so arg , daß er eine Ruhe nötig machte , und die Zeit drängt mich , daß ich zur Pflege meines Pferdes in meine Herberge gehe . « Er brach hierauf ein weniges von dem Brote und aß es , dann tat er einen Trunk des Weines . Da dieses geschehen war , erhob er sich , und sagte zu Heinrich : » Ich danke Euch nun für die gute Aufnahme , und ich werde an Euch ein Gleiches tun , wenn es einmal geschehen kann . « » Ich werde Euch noch ein Stück geleiten « , sagte Heinrich . » Und Euch , vielwerte Frau « , sprach Witiko zu Wiulfhilt , » sage ich Dank für jede Sorge und Mühe . « » Gesegn ' Euch Gott den Aufenthalt bei uns , Witiko , und möge er Euch Glück und Ehre verleihen « , sagte die Frau . Dann wendete sich Witiko zu Bertha , und sagte : » Lebet wohl , Bertha , und bleibet heiter und fröhlich . « » Ihr auch , Witiko « , sagte das Mädchen , » und reitet mit Glück . « » Vielleicht höre ich Euch doch wieder einmal singen , wenn ich wieder einmal komme « , sagte Witiko . » Kann sein , wenn Ihr denkt , und singt wie der Wald « , entgegnete sie . » Ich habe gejauchzt « , sagte er , » singen kann ich nicht aber denken wie der Wald . « Dann neigte er sich gegen Trude , und sagte : » Lebet wohl , und habt Dank für den Gesang , den ich auch gegen Euren Willen gehört habe . « » Lebet wohl « , sagte das Mädchen , und errötete . Nach diesen Worten schickte sich Witiko an , den Saal zu verlassen . Er sah noch auf Berthas Kranz . Heinrich ging mit ihm auf die Gasse , und von da weiter bis zur roten Kapelle . Dort sagte er : » Jetzt trennen wir uns . Wandert wohl , und wenn Ihr wieder einmal in diese Gründe kommt und das weiße Haus sehet , so besuchet es . « » Wenn es der Himmel fügt , so werde ich nicht vorüber gehen « , antwortete Witiko . Und wir werden Euch freundlich aufnehmen , wenn wir hier sind « , sagte Heinrich . » Noch einmal Dank « , entgegnete Witiko . » Mit Gott « , antwortete Heinrich . Sie trennten sich , Heinrich ging mitternachtwärts , Witiko mittagwärts . Der breite Weg hörte mit der Wiese auf , und Witiko ging auf dem schmalen Pfade , der folgte , zur Mihel hinab . Da er in dem Köhlerhause ankam , sah er sogleich nach seinem Pferde . Dann war ein Abendessen wie am Tage zuvor , und dann ruhte Witiko in demselben Bette . Am andern Morgen , ehe die Sonne aufging , saß er in seinen Unterkleidern am Tische im Zimmer der Köhlerhütte . Der Köhler reinigte seine Kleider . Er aber ging zuweilen mit den hölzernen Schuhen des Köhlers in den Stall , um an der Pflege seines Pferdes zu sein , dann kleidete er sich an , und hierauf aßen alle eine aus Milch und Mehl bereitete Suppe . » Und nun habet Dank , ihr lieben Leute , für eure freundliche Aufnahme « , sagte Witiko . » Wenn Eure Mutter meinen Vater wieder einmal an Euch sendet « , sagte der Köhler , » so eröffnet ihm , daß wir Euch hier aufgenommen haben . « » Ich werde es tun « , sagte Witiko . » An der Mihel geht der Saumpfad fort « , sprach der Köhler . » In vier Stunden langsamen Reitens seid Ihr im Aigen . Am ersten Hause mit den roten Balken wird Euch der Ohm Florian erwarten . Er wird für Euch und Euer Pferd sorgen , und Euch nach dem Friedberge führen . « » Es ist gut « , sagte Witiko . Dann streichelte er den Kindern die Wangen , und gab jedem einen glänzenden Pfennig . Dann verlangte er sein Pferd . Der Köhler führte es vor die Tür . » Erlebet recht große Dinge « , sagte die Frau . Wie Gott will « , entgegnete Witiko , und gab ihr die Hand . Er reichte auch dem Manne die Hand . Dann prüfte er die Rüstung des Pferdes , sagte : » Ich danke euch noch einmal « , und schwang sich hinauf . » Reitet mit Gott « , riefen die Leute . Witiko ritt an die Mihel , durchritt die Furt , und ritt auf dem Saumpfade gegen Morgen weiter . Wenn er rechts blickte , sah er das lange waldige Dach des breiten Berges , links den Wald der drei Sessel , des Blöckensteines und die ferneren gegen Morgen . Die Mihel rauschte neben ihm , bald war er an ihrer Seite , bald war er weiter von ihr entfernt . Es kamen auch Anhöhen , über welche er sein Pferd hinüber schreiten lassen mußte . Er ritt an einem spitzigen bewachsenen Berge vorbei , welcher den Namen des schwarzen Berges führte , über einen Hügel , welchen man den Berg des heiligen Huldrik nannte , und er hatte dann links den großen Wald neben sich , welchen sie Hochficht hießen . Ehe noch der Mittag gekommen war , ging das Tal am Walde auseinander , es wurden Wiesen und Felder , und er kam zu einem Hause , das an dem Pfade stand . Das Haus war aus Holz , und hatte stark hervorragende Dachbalken , welche rot bemalt waren . Er hielt ein wenig an . Da kam ein Mann mit grauem Gewande und weißem Barte aus dem Hause . » Heißt es hier in dem Aigen ? « fragte Witiko . » Ja , und ich bin Florian , der Ohm Margarethens , des Weibes des Köhlers Mathias « , antwortete der andere . » Und ich bin der , den du erwartest « , sagte Witiko , stieg von dem Pferde , und brachte es auf die Weisung des alten Mannes in einen Schoppen . Dort erhielt es sein Mittagfutter , so wie Witiko auf einem Brettertische vor dem Hause von dem Besitzer sein Mittagmahl erhielt . Er blieb zwei Stunden hier , dann zäumte er sein Pferd , zahlte seine Bewirtung , und ritt in Begleitung des alten Mannes weiter , der in einer Lederhaube , groben Beinkleidern und großen Waldschuhen mit einem langen Stabe vor ihm herging . Sie trafen von dem Hause ihrer Herberger weg noch einige andere kleine Häuser mit Wiesen und Feld , sämtlich von Holz . Dann führte ihr Weg sie wieder in den Wald . Ihre Wanderung ging zwei Stunden noch an der Mihel fort . Da war zuweilen eine Hütte mit gereutetem Lande , oder eine Köhlerstätte , oder ein Holzschlag mit den Holzschlägerhütten , oder gar ein Haus mit einer Säge zu Brettern . Als sie aber zu einem Berge gekommen waren , welcher der Berg des heiligen Oswald geheißen wurde , und als dort der Begleiter Witikos gegen den großen Wald , welcher immer zur Linken war , einbog , traten sie in dichten Wald , der nicht durch ein einziges kleines freies Plätzchen unterbrochen war . Ihre Wanderung dauerte in diesem Walde über zwei Stunden , und ihr Weg führte sie in der Richtung zwischen Mitternacht und Morgen immer sachte aufwärts . Es standen sehr dicke Stämme von Tannen in dem Boden , welcher feucht war , wenig Licht erhielt , und teils Steine teils Untergestrüppe teils grüne Schattenpflanzen trug . Von diesen Stämmen war noch nie einer durch Menschenhände geschlagen worden , weil noch nicht die Not um Holz dazu getrieben hatte , mancher war aus Alter gefallen , oder vom Blitze zerstört worden , eine andere Beschädigung war nicht sichtbar , weil auch Winde in die Tiefe dieses Waldes nicht eindringen konnten . Als die Sonne gegen Abend neigte , kamen sie auf der Schneide des Waldes an , und hier war eine freie Stelle . Auf derselben war kein Stäudlein , sondern nur kurzes Gras und große Ganitsteine . Witiko ritt das Pfadlein zwischen den Steinen hinan , bis er auf die Höhe und auf einen Bühel gelangte , der über die Wipfel aller tiefer stehenden Bäume empor ragte . Hier hielt er plötzlich an , und seine Augen konnten weit und breit herum schauen . Er sah mittagwärts auf das Bayerland , das blau mit Wäldern Fluren und offenen Stellen dahin lag bis zu den noch blaueren Alpenbergen , in denen manche Matte mit Schnee glänzte . Gegen Morgen davon sah er auf die Ostmark mit den blauen Fluren und Wäldern und Feldern , in der der junge Leopold herrschte . Es war ein weites Gebiet , das er betrachtete , und zu seinen Füßen lag der Wald , durch den sie herauf gekommen waren , und andere Wälder . Und als Witiko sich gegen Mitternacht wendete , ging der Wald , auf dessen Schneide er stand , so dicht und breit hinab , wie der gewesen war , durch den er herauf geritten war . Und unten floß die Moldau , nicht wie gestern in kurzen Stücken sichtbar , sondern in langen Schlangen von dem oberen Waldlande niederwärts wandelnd . Und jenseits des Wassers lag das Land Böhmen in schönen Wäldern und dann wieder in Wäldern und dann in Gefilden , die mit Gehölz , wechselnd mit nahrungtragenden Fluren , bedeckt waren . Den Wald sah er , auf dem er gestern gestanden war , den Wald , in welchem sich der schwarze See befand , und dann noch weiterhin stark dämmerige Wälder . Auch gegen Morgen war Forst an Forst dahin . » Da sollte eine Königsburg stehen « , sagte Witiko . » Ja , da könnte ein hoher Herr hausen « , sagte Florian . » Der Wald ist weit größer , weit dichter und weit undurchdringlicher « , sagte Witiko , » als der um Heinrichs Wohnung unter den drei Sesseln , und es ist hier weit und frei und herrlich . « » Es ist schon einmal etwas da gewesen « , sagte Florian , » nicht eine Wohnung , sondern ein heiliges Ding , eine Betstelle . Es stand da auf dem höchsten Platze das Bild des heiligen Apostels Thomas in einem Häuschen von Tannenholz zur Verehrung aufgerichtet . Es war dies in alten Zeiten , da noch mehr christliche Herren in dem Walde herrschten . Es ist ein großes Geschlecht da gewesen . Dann sind sie aber zu den Tryznen gegangen , die in Böhmen noch abgehalten wurden , das heilige Haus ist weggetragen worden , oder hat es das Feuer verzehrt , oder ist es sonst zu nichte geworden , und der Ort heißt nur mehr der Thomasgipfel . « » Wessen ist der Grund , auf dem wir hier stehen ? « fragte Witiko . » Des Herzogs Soběslaw von Böhmen « , antwortete Florian , » er kann ihn gebrauchen , oder verschenken , wie er will . « » Und in wessen Land wohnest du ? « fragte Witiko . » Ich bin ein Mann des Herzogs Soběslaw « , antwortete Florian , » in der reichen Aue da unten gegen den Oswaldberg steht meine Waldhütte mit Wiese und Vieh . Wir haben weithin keine Nachbarn , und müssen lange gehen , um zur Mihel zu kommen . Wir sind aber keines Herrn Gefolge als des Herzogs , und wir gehören zur Župe Daudleb , die wohl sieben Stunden von hier an der Malsch in der Richtung ist , in welcher Ihr immer hinschaut . « » Ja , ich schaue in dieser Richtung « , sagte Witiko , » aber laß uns weiter gehen . « Er lenkte sein Pferd auf das Pfadlein jenseits des Bühels abwärts . Sie kamen wieder in einen Wald , der so schön und dicht war , wie der , durch den sie herauf gekommen waren . Als eine Stunde vergangen war , und die Dämmerung schon anfing , gelangten sie an das Wasser der Moldau hinab . » Das ist die Moldau « , sagte Florian . » Sei mir gegrüßt , du dunkles Wasser , das ich so lange nicht gesehen habe « , sagte Witiko . Sie überschritten die Moldau auf einer schmalen Brücke , und stießen jenseits auf einen niederen langen Hügel . Das ist der Friedberg « , sagte Florian , » und hier werden wir die Nachtruhe halten . « Sie stiegen den Hügel , welcher Wiesen und kleine Feldei trug , hinan , und trafen oben mehrere Häuser . Sie waren alle von Holz mit breiten Dächern . Eines aber war von Stein , und hatte einen sehr starken runden steinernen Torbogen . Zu diesem Hause leitete Florian den Reiter , der Herr des Hauses kam heraus , und geleitete sie in das Innere . In dem Hause mit dem runden Steintorbogen hielten Witiko , der Alte und das Pferd die Nachtruhe . Als die Sonne aufgegangen war , rüsteten sie sich zur Weiterreise . Witiko hatte Florian gebeten , ihn bis an das Ende des Waldes zu führen , und dieser hatte eingewilligt . Da Witiko sagte , daß er an der Moldau reiten wolle , gingen sie wieder über die Brücke , und schlugen einen Saumweg an dem Wasser gegen Morgen ein . Sie zogen zwei Stunden lang durch dichten nassen niederen Wald . Dann kamen sie zu einer Stelle , an welcher steile Felsen neben dem Wasser emporragten . Die Moldau floß rauschend und tosend durch das Gestein . Florian und der Reiter kletterten durch die Blöcke , dann kamen sie wieder in ebneren Wald . Nach einer Stunde gelangten sie an den Platz , an welchem die Moldau ihren Lauf nach Morgen abbricht , und ihn nach Mitternacht wendet . Und wieder nach einer Stunde trafen sie an dem Orte ihrer Mittagsruhe ein . Es standen mehrere Häuser an der Moldau . Eines nahm sie auf . Witiko sah , daß hier die Moldau einen Kreis mache , und gleich hinter ihm eine lange Schleife zog . An dem Kreise standen gegen Mitternacht Steinhöhen , und zogen sich in die Schleife . Witiko sagte , daß man auf den Steinen eine Burg bauen könnte , welche durch das Wasser wohl gesichert wäre . Er betrachtete den Platz mit Aufmerksamkeit . Als sie zwei Stunden geruht hatten , zogen sie mitternachtwärts an der Moldau weiter . Die Waldberge wurden kleiner und geteilter , und mancher Rücken ging mitternachtwärts hinaus . Nach vier Stunden erreichten sie die Stelle ihrer Nachtherberge . » Das ist die krumme Au « , sagte Florian , » und da wäre eine Burg noch schöner als auf dem Berge der Rosen , den Ihr so lange angeschaut habt . Die Moldau macht einen Ring , dann macht sie außerhalb desselben einen zweiten verkehrten , und dann noch einen größeren , der wieder verkehrt ist , und an ihm stehen gerade Felsen empor . « Er leitete den Reiter in eines der Häuser , die in der krummen Au standen . Ehe am andern Morgen die Sonne aufging , stieg Witiko auf den Felsen , und sah alles an . Dann stieg er wieder nieder , rüstete sein Pferd , und sie zogen weiter . Die Waldberge wurden wieder niederer , die Moldau machte noch manche Schleife , und da sie drei Stunden an ihr gewandert waren , ging sie in die waldlose Ebene hinaus . Witiko wendete sein Pferd , und blickte auf den Wald zurück . Dann dankte er dem Führer und lohnte ihn . Der Führer ging mittagwärts in den Wald zurück , und Witiko ritt mitternachtwärts weiter . 2 Sie waren sorglos und fröhlich . Nach drei Tagen ritt Witiko von dem alten Župenorte Chynow mitternachtwärts . Da hörte er hinter sich Lachen und Pferdetraben . Er blickte um , und sah eine Anzahl schöner Reiter hinter sich herkommen . Er lenkte sein Pferd an den Rand des Weges , und ritt in seiner Art langsam weiter , um sie vorüber zu lassen . Da war der erste , der heran kam , ein Jüngling in scharlachrotem Gewande auf einem weißen Zelter . Statt an Witiko vorüber zu reiten , hielt er sein Pferd an , und sagte : » Du einzelner Mann , du reitest aus , das Herzogtum Böhmen zu erobern . « Witiko brachte sein Pferd nun vollends zum Stehen , stellte es quer an den Weg , und sah den Mann an . Dieser blieb auch stehen , und hielt die Betrachtung aus . Er war ein junger schöner Mann mit blonden Haaren und blauen Augen . Auf seinem Haupte hatte er eine schwarze Haube , von der eine Adlerfeder gerade empor stand . In den Bügeln hielt er starke lederne Stiefel , und um die Schultern hatte er an einer roten Schnur ein Hüfthorn . Seine Kleider waren in Unordnung . Sie waren bestaubt und von einem nassen Boden , auf dem er geritten sein mochte , bespritzt . Da Witiko schaute , kamen die andern heran . Sie waren alle jung und in schöne Farben gekleidet . Die meisten waren rötlich oder rotbraun , die andern grün . Sie hatten gleichfalls Federn auf den Hauben ; Reigerfedern , Hahnenfedern und dergleichen . Manche hatten ein Hüfthorn , alle hatten ein Schwert , und einige trugen ein oder gar mehrere Jagdlanzen . Ihre Kleider waren auch in Unordnung wie die des scharlachroten Mannes . Sie mochten zehn oder zwölf Männer sein . » Was die Eroberung Böhmens angeht « , sagte Witiko , » so wird sie dir weit eher gelingen als mir , da du ein solches Geleite hast , und ich allein bin . « » Unsere Rosse sind gebrechliche leichte Dinge , die dahin rennen « , sagte der Mann , » und unsere Gewänder sind Flitter , die ein Stab zerreißt , während dein grauer Zelter , auf dem du im Schritte reitest , breit und fest ist , und deine Gewänder undurchdringlich sind , daß man meinen sollte , du könntest Hostas Burg , die der Herzog jetzt so eilig neu baut , gemach niederreiten . « » Und wenn ich die Burg des Hosta und den reichen Wyšehrad und das ganze Böhmen niederreiten könnte « , entgegnete Witiko , » so würde ich es nicht tun , so lange Soběslaw besteht , um dessen langes Leben ihr Gott bitten solltet ; aber deines Herzens Gelüsten wäre es , hier zu schalten , weil du die Worte zu mir gesagt hast , die der Schalk dir eingab . « » Höre , Sohn des weisen Načerat « , erwiderte der Scharlachreiter , indem er sich zu einem der Angekommenen wendete , » dieser da meint , daß wir alle , die hier sind , ihn ausgenommen , den Wunsch haben , die Plage der Regierung in Bürglitz zu sitzen , oder Reichsversammlungen in Sadska zu diesen Ländern zu übernehmen , auf dem Wyšehrad oder auf halten , und die Meinungen der erfahrnen Jahrträger und Räte zu hören , und ihnen untertänig zu sein , statt in freier Luft zu leben , die nachdenkenden Köpfe herrschen zu lassen , und uns um die Freuden zu bekümmern , die uns Gott in der Welt gegeben hat : um das fröhliche Reiten , um die Jagd , um den Becher , um die Mädchen , und wäre es selber die schöne österreichische Gertrude , die Schwester des ehrbegierigen jungen Markgrafen Leopold , dem jetzt unser ruhmreicher Herzog , welchem wir ein ewiges Leben hienieden wünschen , die böhmische Maria , seine Tochter , zur Gemahlin geben will . Und du , Odolen , Sohn des Striz , und Welislaw , sind wir nicht besser und jünger , uns die schönsten Mädchen zu wählen , als jener Balg , der Wratislaw von Brünn , der sich vor fünf oder sechs Jahren eine Prinzessin aus Rußland geholt hat , die alle sterblichen Leute an Schönheit übertrifft ? « » Und wie du auch scherzest « , sagte Witiko , » so möchtest du doch da der Erste sein , nur daß du es nicht kannst . « » Und du wirst den Herzog Soběslaw strenge gegen mich verteidigen ? « sagte der Scharlachreiter . » Es ist ganz umsonst , über nichtige Dinge zu streiten « , entgegnete Witiko , » aber ich würde ihn mit dem letzten Blutstropfen verteidigen , weil er zu Recht eingesetzt ist , ein guter Mann ist , und recht regiert . « » Also einen schlechten Herzog würdest du absetzen ? « sagte der Scharlachreiter . » Wenn ich einen schlimmen Herzog absetzen könnte , und nur ich allein « , antwortete Witiko , » so würde ich es nicht tun , wenn er mit Recht besteht , weil ein schlimmerer unrechter kommen könnte ; aber dienen würde ich ihm nicht . « » Wenn du ein Steinschleifer oder ein gelehrter Mann bist , der langsam nach Prag reitet « , sagte der Scharlachreiter , » so könnte der Herzog deine guten Dienste wohl brauchen ; denn er ist daran , das hölzerne Prag in ein steinernes zu verwandeln , die Gassen nach der Schnur zu richten , die Menge von Steinen , daraus er einen Fußboden im Wyšehrad machen will , wie Täfelchen eines Kirchenfensters zu schleifen , und Bücher anzusammeln . « Nach diesen Worten schob Witiko sein Pferd schnell zurück , bis er außer der Versammlung war . Dann hielt er , und rief : » Wenn ihr gekommen seid , einen Mann und sein Pferd zu höhnen , die euch nie beleidigten , so ist das eine schmachvolle Tat von euch , da ihr zwölf oder dreizehn gegen einen seid ; wenn ihr aber die Ehre zu achten wißt , daß ein einzelner von euch eure Worte gegen einen einzelnen vertritt , so bin ich da , sendet einen , daß ich ihm stehe . Wollt ihr mich aber beschimpfen oder verwunden oder töten , so tut es ; ich will lieber als ein Unbekannter mein Blut hier vergossen sehen , als Schmach annehmen , und erfahren , daß slawische Gastfreundschaft einen Fremden , der im Lande reitet , nicht ehrt . « Hierauf zog er sein Schwert , senkte es , und blieb mit seinem Pferde stehen . » Wie hat er denn das Tier so schnell zurückgebracht ? « sagte der Scharlachreiter . » Ich bin Odolen , der Sohn des Střiz « , rief einer in grüner Kleidung aus dem Haufen , und wendete den Kopf seines Pferdes gegen Witiko , » und leide von keinem Menschen in dieser Welt eine Auflehnung . « » Ich bin Welislaw « , rief ein brauner Mann , indem er sich gleichfalls gegen Witiko wendete , » und nehme keine Drohung an . « » Und ich bin Casta , ich bin Ben , ich bin der Sohn des Načerat « , riefen drei Stimmen . » Hui « , sagte der Scharlachreiter , » wenn es einen Kampf geben sollte , so wäre wohl ich der Mann , den er träfe , da ich die Worte gegen jenen Trotzigen gerichtet habe . Seht , wie das Vögelein die Federn sträubt , und hat noch keinen Flaum ums Kinn , und gleicht einer Jungfrau . Stellt euch zurück , und du , Ledermann , komme her , wir tun dir nichts zu Leide . Ich bitte dir die Reden , die ich dir gegeben habe , ab. Du sollst keine mehr hören . Wir sind lustige Geschöpfe , und sagen einander harte Worte , die nichts bedeuten . Wenn du länger in dem Lande des alten Čech reitest , so wirst du viele finden , die uns gleichen . « » Sie sollten derlei nicht sagen « , entgegnete Witiko . » Sagen oder Nichtsagen « , rief der Reiter , » so komme einmal , und traue mir . « » Da du sagst , daß du nichts Schlimmes gegen mich im Sinne hast « , antwortete Witiko , » und da du auch versprichst , keine üblen Reden mehr gegen mich zu führen , so will ich dir trauen , wenn deine Gefährten auch die gleichen Gedanken haben . « » Sie haben die gleichen Gedanken « , erwiderte der Scharlachreiter , » komme nur her , und reite eine Strecke mit uns , so weit es dir gefällt . « » Ich reite nur im Schritte « , sagte Witiko . » Er gibt schon Gesetze « , sagte der Scharlachreiter , » wir wollen sie befolgen , und reiten eine Strecke im Schritte mit dir . « So komme einmal zu uns « , rief eine Stimme aus dem Haufen .