Erstes Kapitel Im Salon der Frau von Carayon In dem Salon der in der Behrenstraße wohnenden Frau von Carayon und ihrer Tochter Victoire waren an ihrem gewöhnlichen Empfangsabend einige Freunde versammelt , aber freilich wenige nur , da die große Hitze des Tages auch die treuesten Anhänger des Zirkels ins Freie gelockt hatte . Von den Offizieren des Regiments Gensdarmes , die selten an einem dieser Abende fehlten , war nur einer erschienen , ein Herr von Alvensleben , und hatte neben der schönen Frau vom Hause Platz genommen unter gleichzeitigem scherzhaftem Bedauern darüber , daß gerade der fehle , dem dieser Platz in Wahrheit gebühre . Beiden gegenüber , an der der Mitte des Zimmers zugekehrten Tischseite , saßen zwei Herren in Zivil , die , seit wenig Wochen erst heimisch in diesem Kreise , sich nichtsdestoweniger bereits eine dominierende Stellung innerhalb desselben errungen hatten . Am entschiedensten der um einige Jahre jüngere von beiden , ein ehemaliger Stabskapitän , der , nach einem abenteuernden Leben in England und den Unionsstaaten in die Heimat zurückgekehrt , allgemein als das Haupt jener militärischen Frondeurs angesehen wurde , die damals die politische Meinung der Hauptstadt machten , beziehungsweise terrorisierten . Sein Name war von Bülow . Nonchalance gehörte mit zur Genialität , und so focht er denn , beide Füße weit vorgestreckt und die linke Hand in der Hosentasche , mit seiner Rechten in der Luft umher , um durch lebhafte Gestikulationen seinem Kathedervortrage Nachdruck zu geben . Er konnte , wie seine Freunde sagten , nur sprechen , um Vortrag zu halten , und – er sprach eigentlich immer . Der starke Herr neben ihm war der Verleger seiner Schriften , Herr Daniel Sander , im übrigen aber sein vollkommener Widerpart , wenigstens in allem , was Erscheinung anging . Ein schwarzer Vollbart umrahmte sein Gesicht , das ebensoviel Behagen wie Sarkasmus ausdrückte , während ihm der in der Taille knapp anschließende Rock von niederländischem Tuche sein Embonpoint zusammenschnürte . Was den Gegensatz vollendete , war die feinste weiße Wäsche , worin Bülow keineswegs exzellierte . Das Gespräch , das eben geführt wurde , schien sich um die kurz vorher beendete Haugwitzsche Mission zu drehen , die , nach Bülows Ansicht , nicht nur ein wünschenswertes Einvernehmen zwischen Preußen und Frankreich wiederhergestellt , sondern uns auch den Besitz von Hannover noch als » Morgengabe « mit eingetragen habe . Frau von Carayon aber bemängelte diese » Morgengabe « , weil man nicht gut geben oder verschenken könne , was man nicht habe , bei welchem Worte die bis dahin unbemerkt am Teetisch beschäftigt gewesene Tochter Victoire der Mutter einen zärtlichen Blick zuwarf , während Alvensleben der schönen Frau die Hand küßte . » Ihrer Zustimmung , lieber Alvensleben « , nahm Frau von Carayon das Wort , » war ich sicher . Aber sehen Sie , wie minos- und rhadamantusartig unser Freund Bülow dasitzt . Er brütet mal wieder Sturm . Victoire , reiche Herrn von Bülow von den Karlsbader Oblaten . Es ist , glaub ich , das einzige , was er von Österreich gelten läßt . Inzwischen unterhält uns Herr Sander von unseren Fortschritten in der neuen Provinz . Ich fürchte nur , daß sie nicht groß sind . « » Oder sagen wir lieber , gar nicht existieren « , erwiderte Sander . » Alles , was zum welfischen Löwen oder zum springenden Roß hält , will sich nicht preußisch regieren lassen . Und ich verdenk es keinem . Für die Polen reichten wir allenfalls aus . Aber die Hannoveraner sind feine Leute . « » Ja , das sind sie « , bestätigte Frau von Carayon , während sie gleich danach hinzufügte : » Vielleicht auch etwas hochmütig . « » Etwas ! « lachte Bülow . » Oh , meine Gnädigste , wer doch allzeit einer ähnlichen Milde begegnete . Glauben Sie mir , ich kenne die Hannoveraner seit lange , hab ihnen in meiner Altmärker-Eigenschaft so zusagen von Jugend auf über den Zaun gekuckt und darf Ihnen danach versichern , daß alles das , was mir England so zuwider macht , in diesem welfischen Stammlande doppelt anzutreffen ist . Ich gönn ihnen deshalb die Zuchtrute , die wir ihnen bringen . Unsere preußische Wirtschaft ist erbärmlich , und Mirabeau hatte recht , den gepriesenen Staat Friedrichs des Großen mit einer Frucht zu vergleichen , die schon faul sei , bevor sie noch reif geworden , aber faul oder nicht , eines haben wir wenigstens : ein Gefühl davon , daß die Welt in diesen letzten funfzehn Jahren einen Schritt vorwärts gemacht hat und daß sich die großen Geschicke derselben nicht notwendig zwischen Nuthe und Notte vollziehen müssen . In Hannover aber glaubt man immer noch an eine Spezialaufgabe Kalenbergs und der Lüneburger Heide . Nomen et omen . Es ist der Sitz der Stagnation , eine Brutstätte der Vorurteile . Wir wissen wenigstens , daß wir nichts taugen , und in dieser Erkenntnis ist die Möglichkeit der Besserung gegeben . Im einzelnen bleiben wir hinter ihnen zurück , zugegeben , aber im ganzen sind wir ihnen voraus , und darin steckt ein Anspruch und ein Recht , die wir geltend machen müssen . Daß wir , trotz Sander , in Polen eigentlich gescheitert sind , beweist nichts ; der Staat strengte sich nicht an und hielt seine Steuereinnehmer gerade für gut genug , um die Kultur nach Osten zu tragen . Insoweit mit Recht , als selbst ein Steuereinnehmer die Ordnung vertritt , wenn auch freilich von der unangenehmen Seite . « Victoire , die von dem Augenblick an , wo Polen mit ins Gespräch gezogen worden war , ihren Platz am Teetisch aufgegeben hatte , drohte jetzt zu dem Sprecher hinüber und sagte : » Sie müssen wissen , Herr von Bülow , daß ich die Polen liebe , sogar de tout mon cœur . « Und dabei beugte sie sich aus dem Schatten in den Lichtschein der Lampe vor , in dessen Helle man jetzt deutlich erkennen konnte , daß ihr feines Profil einst dem der Mutter geglichen haben mochte , durch zahlreiche Blatternarben aber um seine frühere Schönheit gekommen war . Jeder mußt es sehen , und der einzige , der es nicht sah oder , wenn er es sah , als absolut gleichgiltig betrachtete , war Bülow . Er wiederholte nur : » O ja , die Polen . Es sind die besten Mazurkatänzer , und darum lieben Sie sie . « » Nicht doch . Ich liebe sie , weil sie ritterlich und unglücklich sind . « » Auch das . Es läßt sich dergleichen sagen . Und um dies ihr Unglück könnte man sie beinah beneiden , denn es trägt ihnen die Sympathien aller Damenherzen ein . In Fraueneroberungen haben sie , von alter Zeit her , die glänzendste Kriegsgeschichte . « » Und wer rettete ... « » Sie kennen meine ketzerischen Ansichten über Rettungen . Und nun gar Wien ! Es wurde gerettet . Allerdings . Aber wozu ? Meine Phantasie schwelgt ordentlich in der Vorstellung , eine Favoritsultanin in der Krypta der Kapuziner stehen zu sehen . Vielleicht da , wo jetzt Maria Theresia steht . Etwas vom Islam ist bei diesen Hahndel- und Fasandelmännern immer zu Hause gewesen , und Europa hätt ein bißchen mehr von Serail- oder Haremwirtschaft ohne großen Schaden ertragen ... « Ein eintretender Diener meldete den Rittmeister von Schach , und ein Schimmer freudiger Überraschung überflog beide Damen , als der Angemeldete gleich darnach eintrat . Er küßte der Frau von Carayon die Hand , verneigte sich gegen Victoire und begrüßte dann Alvensleben mit Herzlichkeit , Bülow und Sander aber mit Zurückhaltung . » Ich fürchte , Herrn von Bülow unterbrochen zu haben ... « » Ein allerdings unvermeidlicher Fall « , antwortete Sander und rückte seinen Stuhl zur Seite . Man lachte , Bülow selbst stimmte mit ein , und nur an Schachs mehr als gewöhnlicher Zurückhaltung ließ sich erkennen , daß er entweder unter dem Eindruck eines ihm persönlich unangenehmen Ereignisses oder aber einer politisch unerfreulichen Nachricht in den Salon eingetreten sein müsse . » Was bringen Sie , lieber Schach ? Sie sind präokkupiert . Sind neue Stürme ... « . » Nicht das , gnädigste Frau , nicht das . Ich komme von der Gräfin Haugwitz , bei der ich um so häufiger verweile , je mehr ich mich von dem Grafen und seiner Politik zurückziehe . Die Gräfin weiß es und billigt mein Benehmen . Eben begannen wir ein Gespräch , als sich draußen vor dem Palais eine Volksmasse zu sammeln begann , erst Hunderte , dann Tausende . Dabei wuchs der Lärm , und zuletzt ward ein Stein geworfen und flog an dem Tisch vorbei , daran wir saßen . Ein Haarbreit , und die Gräfin wurde getroffen . Wovon sie aber wirklich getroffen wurde , das waren die Worte , die Verwünschungen , die heraufklangen . Endlich erschien der Graf selbst . Er war vollkommen gefaßt und verleugnete keinen Augenblick den Kavalier . Es währte jedoch lang , eh die Straße gesäubert werden konnte . Sind wir bereits dahin gekommen ? Emeute , Krawall . Und das im Lande Preußen , unter den Augen Seiner Majestät . « » Und speziell uns wird man für diese Geschehnisse verantwortlich machen « , unterbrach Alvensleben , » speziell uns von den Gensdarmes . Man weiß , daß wir diese Liebedienerei gegen Frankreich mißbilligen , von der wir schließlich nichts haben als gestohlene Provinzen . Alle Welt weiß , wie wir dazu stehen , auch bei Hofe weiß man's , und man wird nicht säumen , uns diese Zusammenrottung in die Schuh zu schieben . « » Ein Anblick für Götter « , sagte Sander . » Das Regiment Gensdarmes unter Anklage von Hochverrat und Krawall . « » Und nicht mit Unrecht « , fuhr Bülow in jetzt wirklicher Erregung dazwischen . » Nicht mit Unrecht , sag ich . Und das witzeln Sie nicht fort , Sander . Warum führen die Herren , die jeden Tag klüger sein wollen als der König und seine Minister , warum führen sie diese Sprache ? Warum politisieren sie ? Ob eine Truppe politisieren darf , stehe dahin , aber wenn sie politisiert , so politisiere sie wenigstens richtig . Endlich sind wir jetzt auf dem rechten Weg , endlich stehen wir da , wo wir von Anfang an hätten stehen sollen , endlich hat Seine Majestät den Vorstellungen der Vernunft Gehör gegeben , und was geschieht ? Unsere Herren Offiziere , deren drittes Wort der König und ihre Loyalität ist und denen doch immer nur wohl wird , wenn es nach Rußland und Juchten und recht wenig nach Freiheit riecht , unsere Herren Offiziere , sag ich , gefallen sich plötzlich in einer ebenso naiven wie gefährlichen Oppositionslust und fordern durch ihr keckes Tun und ihre noch keckeren Worte den Zorn des kaum besänftigten Imperators heraus . Dergleichen verpflanzt sich dann leicht auf die Gasse . Die Herren vom Regiment Gensdarmes werden freilich den Stein nicht selber heben , der schließlich bis an den Teetisch der Gräfin fliegt , aber sie sind doch die moralischen Urheber dieses Krawalles , sie haben die Stimmung dazu gemacht . « » Nein , diese Stimmung war da . « » Gut. Vielleicht war sie da . Aber wenn sie da war , so galt es , sie zu bekämpfen , nicht aber , sie zu nähren . Nähren wir sie , so beschleunigen wir unsern Untergang . Der Kaiser wartet nur auf eine Gelegenheit , wir sind mit vielen Posten in sein Schuldbuch eingetragen , und zählt er erst die Summe , so sind wir verloren . « » Glaub's nicht « , antwortete Schach . » Ich vermag Ihnen nicht zu folgen , Herr von Bülow . « » Was ich beklage . « » Ich desto weniger . Es trifft sich bequem für Sie , daß Sie mich und meine Kameraden über Landes- und Königstreue belehren und aufklären dürfen , denn die Grundsätze , zu denen Sie sich bekennen , sind momentan obenauf . Wir stehen jetzt nach Ihrem Wunsch und allerhöchstem Willen am Tische Frankreichs und lesen die Brosamen auf , die von des Kaisers Tische fallen . Aber auf wie lange ? Der Staat Friedrichs des Großen muß sich wieder auf sich selbst besinnen . « » So er's nur täte « , replizierte Bülow . » Aber das versäumt er eben . Ist dies Schwanken , dies immer noch halbe Stehen zu Rußland und Österreich , das uns dem Empereur entfremdet , ist das friderizianische Politik ? Ich frage Sie ? « » Sie mißverstehen mich . « » So bitt ich , mich aus dem Mißverständnis zu reißen . « » Was ich wenigstens versuchen will ... Übrigens wollen Sie mich mißverstehen , Herr von Bülow . Ich bekämpfe nicht das französische Bündnis , weil es ein Bündnis ist , auch nicht deshalb , weil es nach Art aller Bündnisse darauf aus ist , unsere Kraft zu diesem oder jenem Zweck zu doublieren . Oh , nein ; wie könnt ich ? Allianzen sind Mittel , deren jede Politik bedarf ; auch der große König hat sich dieser Mittel bedient und innerhalb dieser Mittel beständig gewechselt . Aber nicht gewechselt hat er in seinem Endzweck . Dieser war unverrückt : ein starkes und selbständiges Preußen . Und nun frag ich Sie , Herr von Bülow , ist das , was uns Graf Haugwitz heimgebracht hat und was sich Ihrer Zustimmung so sehr erfreut , ist das ein starkes und selbständiges Preußen ? Sie haben mich gefragt , nun frag ich Sie . « Zweites Kapitel » Die Weihe der Kraft « Bülow , dessen Züge den Ausdruck einer äußersten Überheblichkeit anzunehmen begannen , wollte replizieren , aber Frau von Carayon unterbrach und sagte : » Lernen wir etwas aus der Politik unserer Tage : wo nicht Friede sein kann , da sei wenigstens Waffenstillstand . Auch hier ... Und nun raten Sie , lieber Alvensleben , wer heute hier war , uns seinen Besuch zu machen ? Eine Berühmtheit . Und von der Rahel Levin uns zugewiesen . « » Also der Prinz « , sagte Alvensleben . » O nein , berühmter , oder doch wenigstens tagesberühmter . Der Prinz ist eine etablierte Zelebrität , und Zelebritäten , die zehn Jahre gedauert haben , sind keine mehr ... Ich will Ihnen übrigens zu Hilfe kommen , es geht ins Literarische hinüber , und so möcht ich denn auch annehmen , daß uns Herr Sander das Rätsel lösen wird . « » Ich will es wenigstens versuchen , gnädigste Frau , wobei mir Ihr Zutrauen vielleicht eine gewisse Weihekraft oder , sagen wir 's lieber rundheraus , eine gewisse › Weihe der Kraft ‹ verleihen wird . « » O vorzüglich . Ja , Zacharias Werner war hier . Lei der waren wir aus , und so sind wir denn um den uns zugedachten Besuch gekommen . Ich hab es sehr bedauert . « » Sie sollten sich umgekehrt beglückwünschen , einer Enttäuschung entgangen zu sein « , nahm Bülow das Wort . » Es ist selten , daß die Dichter der Vorstellung entsprechen , die wir uns von ihnen machen . Wir erwarten einen Olympier , einen Nektar- und Ambrosiamann , und sehen statt dessen einen Gourmand einen Putenbraten verzehren ; wir erwarten Mitteilungen aus seiner geheimsten Zwiesprach mit den Göttern und hören ihn von seinem letzten Orden erzählen oder wohl gar die allergnädigsten Worte zitieren , die Serenissimus über das jüngste Kind seiner Muse geäußert hat . Vielleicht auch Serenissima , was immer das denkbar Albernste bedeutet . « » Aber doch schließlich nichts Alberneres als das Urteil solcher , die den Vorzug haben , in einem Stall oder einer Scheune geboren zu sein « , sagte Schach spitz . » Ich muß Ihnen zu meinem Bedauern , mein sehr verehrter Herr von Schach , auch auf diesem Gebiete widersprechen . Der Unterschied , den Sie bezweifeln , ist wenigstens nach meinen Erfahrungen tatsächlich vorhanden , und zwar , wie Sie mir zu wiederholen gestatten wollen , zu Nichtgunsten von Serenissimus . In der Welt der kleinen Leute steht das Urteil an und für sich nicht höher , aber die verlegene Bescheidenheit , darin sich 's kleidet , und das stotternde schlechte Gewissen , womit es zutage tritt , haben allemal etwas Versöhnendes . Und nun spricht der Fürst ! Er ist der Gesetzgeber seines Landes in all und jedem , in großem und kleinem , also natürlich auch in aestheticis . Wer über Leben und Tod entscheidet , sollte der nicht auch über ein Gedichtchen entscheiden können ? Ah , bah ! Er mag sprechen , was er will , es sind immer Tafeln direkt vom Sinai . Ich habe solche Zehn Gebote mehr als einmal verkünden hören und weiß seitdem , was es heißt : regarder dans le néant . « » Und doch stimm ich der Mama bei « , bemerkte Victoire , der daran lag , das Gespräch auf seinen Anfang , auf das Stück und seinen Dichter also , zurückzuführen . » Es wäre mir wirklich eine Freude gewesen , den › tagesberühmten Herrn ‹ , wie Mama ihn einschränkend genannt hat , kennenzulernen . Sie vergessen , Herr von Bülow , daß wir Frauen sind und daß wir als solche ein Recht haben , neugierig zu sein . An einer Berühmtheit wenig Gefallen zu finden ist schließlich immer noch besser , als sie gar nicht gesehen zu haben . « » Und wir werden ihn in der Tat nicht mehr sehen , in aller Bestimmtheit nicht « , fügte Frau von Carayon hinzu . » Er verläßt Berlin in den nächsten Tagen schon und war überhaupt nur hier , um den ersten Proben seines Stückes beizuwohnen . « » Was also heißt « , warf Alvensleben ein , » daß an der Aufführung selbst nicht länger mehr zu zweifeln ist . « » Ich glaube , nein . Man hat den Hof dafür zu gewinnen oder wenigstens alle beigebrachten Bedenken niederzuschlagen gewußt . « » Was ich unbegreiflich finde « , fuhr Alvensleben fort . » Ich habe das Stück gelesen . Er will Luther verherrlichen , und der Pferdefuß des Jesuitismus guckt überall unter dem schwarzen Doktormantel hervor . Am rätselhaftesten aber ist es mir , daß sich Iffland dafür interessiert , Iffland , ein Freimaurer . « » Woraus ich einfach schließen möchte , daß er die Hauptrolle hat « , erwiderte Sander . » Unsere Prinzipien dauern gerade so lange , bis sie mit unsern Leidenschaften oder Eitelkeiten in Konflikt geraten , und ziehen dann jedesmal den kürzeren . Er wird den Luther spielen wollen . Und das entscheidet . « » Ich bekenne , daß es mir widerstrebt « , sagte Victoire , » die Gestalt Luthers auf der Bühne zu sehen . Oder geh ich darin zu weit ? « Es war Alvensleben , an den sich die Frage gerichtet hatte . » Zu weit ? Oh , meine teuerste Victoire , gewiß nicht . Sie sprechen mir ganz aus dem Herzen . Es sind meine frühesten Erinnerungen , daß ich in unserer Dorfkirche saß und mein alter Vater neben mir , der alle Gesangbuchsverse mitsang . Und links neben dem Altar , da hing unser Martin Luther in ganzer Figur , die Bibel im Arm , die Rechte darauf gelegt , ein lebensvolles Bild , und sah zu mir herüber . Ich darf sagen , daß dies ernste Mannesgesicht an manchem Sonntage besser und eindringlicher zu mir gepredigt hat als unser alter Kluckhuhn , der zwar dieselben hohen Backenknochen und dieselben weißen Päffchen hatte wie der Reformator , aber auch weiter nichts . Und diesen Gottesmann , nach dem wir uns nennen und unterscheiden und zu dem ich nie anders als in Ehrfurcht und Andacht aufgeschaut habe , den will ich nicht aus den Kulissen oder aus einer Hintertür treten sehen . Auch nicht , wenn Iffland ihn gibt , den ich übrigens schätze , nicht bloß als Künstler , sondern auch als Mann von Grundsätzen und guter preußischer Gesinnung . « » Pectus facit oratorem « , versicherte Sander , und Victoire jubelte . Bülow aber , der nicht gern neue Götter neben sich duldete , warf sich in seinen Stuhl zurück und sagte , während er sein Kinn und seinen Spitzbart strich : » Es wird Sie nicht überraschen , mich im Dissens zu finden . « » Oh , gewiß nicht « , lachte Sander . » Nur dagegen möcht ich mich verwahren , als ob ich durch einen solchen Dissens irgendwie den Anwalt dieses pfäffischen Zacharias Werner zu machen gedächte , der mir in seinen mystisch-romantischen Tendenzen einfach zuwider ist . Ich bin niemandes Anwalt ... « » Auch nicht Luthers ? « fragte Schach ironisch . » Auch nicht Luthers ! « » Ein Glück , daß er dessen entbehren kann ... « » Aber auf wie lange ? « fuhr Bülow sich aufrichtend fort . » Glauben Sie mir , Herr von Schach , auch er ist in der Décadence , wie soviel anderes mit ihm , und über ein kleines wird keine Generalanwaltschaft der Welt ihn halten können . « » Ich habe Napoleon von einer › Episode Preußen ‹ sprechen hören « , erwiderte Schach . » Wollen uns die Herren Neuerer , und Herr von Bülow an ihrer Spitze , vielleicht auch mit einer › Episode Luther ‹ beglücken ? « » Es ist so . Sie treffen es . Übrigens sind nicht wir es , die dies Episodentum schaffen wollen . Dergleichen schafft nicht der einzelne , die Geschichte schafft es . Und dabei wird sich ein wunderbarer Zusammenhang zwischen der Episode Preußen und der Episode Luther herausstellen . Es heißt auch da wieder : › Sage mir , mit wem du umgehst , und ich will dir sagen , wer du bist . ‹ Ich bekenne , daß ich die Tage Preußens gezählt glaube , und › wenn der Mantel fällt , muß der Herzog nach ‹ . Ich überlaß es Ihnen , die Rollen dabei zu verteilen . Die Zusammenhänge zwischen Staat und Kirche werden nicht genugsam gewürdigt ; jeder Staat ist in gewissem Sinne zugleich auch ein Kirchenstaat ; er schließt eine Ehe mit der Kirche , und soll diese Ehe glücklich sein , so müssen beide zueinander passen . In Preußen passen sie zueinander . Und warum ? Weil beide gleich dürftig angelegt , gleich eng geraten sind . Es sind Kleinexistenzen , beide bestimmt , in etwas Größerem auf- oder unterzugehen . Und zwar bald . Hannibal ante portas . « » Ich glaubte Sie dahin verstanden zu haben « , erwiderte Schach , » daß uns Graf Haugwitz nicht den Untergang , wohl aber die Rettung und den Frieden gebracht habe . « » Das hat er . Aber er kann unser Geschick nicht wenden , wenigstens auf die Dauer nicht . Dies Geschick heißt Einverleibung in das Universelle . Der nationale wie der konfessionelle Standpunkt sind hinschwindende Dinge , vor allem aber ist es der preußische Standpunkt und sein alter ego , der lutherische . Beide sind künstliche Größen . Ich frage , was bedeuten sie ? welche Missionen erfüllen sie ? Sie ziehen Wechsel aufeinander , sie sind sich gegenseitig Zweck und Aufgabe , das ist alles . Und das soll eine Weltrolle sein ! Was hat Preußen der Welt geleistet ? Was find ich , wenn ich nachrechne ? Die großen Blauen König Friedrich Wilhelms I. , den eisernen Ladestock , den Zopf und jene wundervolle Moral , die den Satz erfunden hat , › ich hab ihn an die Krippe gebunden , warum hat er nicht gefressen ? ‹ « » Gut , gut . Aber Luther ... « » Nun wohl denn , es geht eine Sage , daß mit dem Manne von Wittenberg die Freiheit in die Welt gekommen sei , und beschränkte Historiker haben es dem norddeutschen Volke so lange versichert , bis man's geglaubt hat . Aber was hat er denn in Wahrheit in die Welt gebracht ? Unduldsamkeit und Hexenprozesse , Nüchternheit und Langeweile . Das ist kein Kitt für Jahrtausende . Jener Weltmonarchie , der nur noch die letzte Spitze fehlt , wird auch eine Weltkirche folgen , denn wie die kleinen Dinge sich finden und im Zusammenhange stehen , so die großen noch viel mehr . Ich werde mir den Bühnen-Luther nicht ansehen , weil er mir in dieses Herren Zacharias Werner Verzerrung einfach ein Ding ist , das mich ärgert ; aber ihn nicht ansehen , weil es Anstoß gebe , weil es Entheiligung sei , das ist mehr , als ich fassen kann . « » Und wir , lieber Bülow « , unterbrach Frau von Carayon , » wir werden ihn uns ansehen , trotzdem es uns Anstoß gibt . Victoire hat recht , und wenn bei Iffland die Eitelkeit stärker sein darf als das Prinzip , so bei uns die Neugier . Ich hoffe , Herr von Schach und Sie , lieber Alvensleben , werden uns begleiten . Übrigens sind ein paar der eingelegten Lieder nicht übel . Wir erhielten sie gestern . Victoire , du könntest uns das ein' oder andere davon singen . « » Ich habe sie kaum durchgespielt . « » Oh , dann bitt ich um so mehr « , bemerkte Schach . » Alle Salonvirtuosität ist mir verhaßt . Aber was ich in der Kunst liebe , das ist ein solches poetisches Suchen und Tappen . « Bülow lächelte vor sich hin und schien sagen zu wollen : » Ein jeder nach seinen Mitteln . « Schach aber führte Victoiren an das Klavier , und diese sang , während er begleitete : » Die Blüte , sie schläft so leis und lind Wohl in der Wiege von Schnee ; Einlullt sie der Winter : › Schlaf ein geschwind , Du blühendes Kind . ‹ Und das Kind , es weint und verschläft sein Weh , Und hernieder steigen aus duftiger Höh Die Schwestern und lieben und blühn ... « Eine kleine Pause trat ein , und Frau von Carayon fragte : » Nun , Herr Sander , wie besteht es vor Ihrer Kritik ? « – » Es muß sehr schön sein « , antwortete dieser . » Ich versteh es nicht . Aber hören wir weiter . Die Blüte , die vorläufig noch schläft , wird doch wohl mal erwachen . « Und kommt der Mai dann wieder so lind , Dann bricht er die Wiege von Schnee , Er schüttelt die Blüte : › Wach auf geschwind , Du welkendes Kind . ‹ Und es hebt die Äuglein , es tut ihm weh Und steigt hinauf in die leuchtende Höh , Wo strahlend die Brüderlein blühn . « Ein lebhafter Beifall blieb nicht aus . Aber er galt ausschließlich Victoiren und der Komposition , und als schließlich auch der Text an die Reihe kam , bekannte sich alles zu Sanders ketzerischen Ansichten . Nur Bülow schwieg . Er hatte , wie die meisten mit Staatenuntergang beschäftigten Frondeurs , auch seine schwachen Seiten , und eine davon war durch das Lied getroffen worden . An dem halbumwölkten Himmel draußen funkelten ein paar Sterne , die Mondsichel stand dazwischen , und er wiederholte , während er durch die Scheiben der hohen Balkontür hinaufblickte : » Wo strahlend die Brüderlein blühn . « Wider Wissen und Willen war er ein Kind seiner Zeit und romantisierte . Noch ein zweites und drittes Lied wurde gesungen , aber das Urteil blieb dasselbe . Dann trennte man sich zu nicht allzu später Stunde . Drittes Kapitel Bei Sala Tarone Die Turmuhren auf dem Gensdarmenmarkt schlugen elf , als die Gäste der Frau von Carayon auf die Behrenstraße hinaustraten und nach links einbiegend auf die Linden zuschritten . Der Mond hatte sich verschleiert , und die Regenfeuchte , die bereits in der Luft lag und auf Wetterumschlag deutete , tat allen wohl . An der Ecke der Linden empfahl sich Schach , allerhand Dienstliches vorschützend , während Alvensleben , Bülow und Sander übereinkamen , noch eine Stunde zu plaudern . Aber wo ? « fragte Bülow , der im ganzen nicht wählerisch war , aber doch einen Abscheu gegen Lokale hatte , darin ihm » Aufpasser und Kellner die Kehle zuschnürten « . » Aber wo ? « wiederholte Sander . » Sieh , das Gute liegt so nah « , und wies dabei auf einen Eckladen , über dem in mäßig großen Buchstaben zu lesen stand : Italiener- , Wein- und Delikatessenhandlung von Sala Tarone . Da schon geschlossen war , klopfte man an die Haustür , an deren einer Seite sich ein Einschnitt mit einer Klappe befand . Und wirklich , gleich darauf öffnete sich 's von innen , ein Kopf erschien am Kuckloch , und als Alvenslebens Uniform über den Charakter der etwas späten Gäste beruhigt hatte , drehte sich innen der Schlüssel im Schloß , und alle drei traten ein . Aber der Luftzug , der ging , löschte den Blaker aus , den der Küfer in Händen hielt , und nur eine ganz im Hintergrunde , dicht über der Hoftür , schwelende Laterne gab gerade noch Licht genug , um das Gefährliche der Passage kenntlich zu machen . » Ich bitte Sie , Bülow , was sagen Sie zu diesem Defilee ? « brummte Sander , sich immer dünner machend , und wirklich hieß es auf der Hut sein , denn in Front der zu beiden Seiten liegenden Öl- und Weinfässer standen Zitronen- und Apfelsinenkisten , deren Deckel nach vorn hin aufgeklappt waren . » Achtung « , sagte der Küfer . » Is hier allens voll Pinnen und Nägel . Habe mir gestern erst einen eingetreten . « » Also auch spanische Reiter ... Oh , Bülow ! In solche Lage bringt einen ein militärischer Verlag . « Dieser Sandersche Schmerzensschrei stellte die Heiterkeit wieder her , und unter Tappen und Tasten war man endlich bis in die Nähe der Hoftür gekommen , wo , nach rechts hin , einige der Fässer weniger dicht nebeneinander lagen . Hier zwängte man sich denn auch durch und gelangte mit Hilfe von vier oder fünf steilen Stufen in eine mäßig große Hinterstube , die gelb gestrichen und halb verblakt und nach Art aller » Frühstücksstuben « um Mitternacht am vollsten war . Überall , an niedrigen Paneelen hin , standen lange , längst eingesessene Ledersofas , mit kleinen und großen Tischen davor , und nur eine Stelle war da , wo dieses Mobiliar fehlte . Hier stand vielmehr ein mit Kästen und Realen überbautes Pult , vor welchem einer der Repräsentanten der Firma tagaus , tagein auf einem Drehschemel ritt und seine Befehle ( gewöhnlich nur ein Wort ) in einen unmittelbar neben dem Pult befindlichen Keller hinunterrief , dessen Falltür immer offenstand . Unsere drei Freunde hatten in einer dem Kellerloch schräg gegenüber gelegenen Ecke Platz genommen , und Sander , der grad lange genug Verleger war , um sich auf lukullische Feinheiten zu verstehen , überflog eben die Wein- und Speisekarte . Diese war in russisch Leder gebunden , roch aber nach Hummer . Es schien nicht , daß unser Lukull gefunden hatte , was ihm gefiel ; er schob also die Karte wieder fort und sagte : » Das Geringste , was ich von einem solchen hundstäglichen April erwarten kann , sind Maikräuter , Asperula odorata Linnéi . Denn ich hab auch Botanisches verlegt . Von dem Vorhandensein frischer Apfelsinen haben wir uns draußen mit Gefahr unseres Lebens überzeugt , und für den Mosel bürgt uns die Firma . « Der Herr am Pult rührte sich nicht , aber man sah deutlich , daß er mit seinem Rücken zustimmte , Bülow und Alvensleben taten desgleichen , und Sander resolvierte kurz : » Also Maibowle . « Das Wort war absichtlich laut und mit der Betonung einer Ordre gesprochen worden , und im selben Augenblicke scholl es auch schon vom Drehstuhl her in das Kellerloch hinunter : » Fritz ! « Ein zunächst nur mit halber Figur aus der Versenkung auftauchender dicker und kurzhalsiger Junge wurde , wie wenn auf eine Feder gedrückt worden wäre , sofort sichtbar , übersprang diensteifrig , indem er die Hand aufsetzte , die letzten zwei , drei Stufen und stand im Nu vor Sander , den er , allem Anscheine nach , am besten kannte . » Sagen Sie , Fritz , wie verhält sich die Firma Sala Tarone zur Maibowle ? « » Gut . Sehr gut . « » Aber wir haben erst April , und sosehr ich im allgemeinen der Mann der Surrogate bin , so haß ich doch eins : die Tonkabohne . Die Tonkabohne gehört in die Schnupftabaksdose , nicht in die Maibowle . Verstanden ? « » Zu dienen , Herr Sander . « » Gut denn . Also Maikräuter . Und nicht lange ziehen lassen . Waldmeister ist nicht Kamillentee . Der Mosel , sagen wir ein Zeltinger oder ein Brauneberger , wird langsam über die Büschel gegossen ; das genügt . Apfelsinenschnitten als bloßes Ornament . Eine Scheibe zuviel macht Kopfweh . Und nicht zu süß , und eine Cliquot extra . Extra , sag ich . Besser ist besser . « Damit war die Bestellung beendet , und ehe zehn Minuten um waren , erschien die Bowle , darauf nicht mehr als drei oder vier Waldmeisterblättchen schwammen , nur gerade genug , den Beweis der Echtheit zu führen . » Sehen Sie , Fritz , das gefällt mir . Auf mancher Maibowle schwimmt es wie Entengrütze . Und das ist schrecklich . Ich denke , wir werden Freunde bleiben . Und nun grüne Gläser . « Alvensleben lachte . » Grüne ? « » Ja . Was sich dagegen sagen läßt , lieber Alvensleben , weiß ich und laß es gelten . Es ist in der Tat eine Frage , die mich seit länger beschäftigt und die , neben anderen , in die Reihe jener Zwiespalte gehört , die sich , wir mögen es anfangen , wie wir wollen , durch unser Leben hinziehen . Die Farbe des Weins geht verloren , aber die Farbe des Frühlings wird gewonnen , und mit ihr das festliche Gesamtkolorit . Und dies erscheint mir als der wichtigere Punkt . Unser Essen und Trinken , soweit es nicht der gemeinen Lebensnotdurft dient , muß mehr und mehr zur symbolischen Handlung werden , und ich begreife Zeiten des späteren Mittelalters , in denen der Tafelaufsatz und die Fruchtschalen mehr bedeuteten als das Mahl selbst . « » Wie gut Ihnen das kleidet , Sander « , lachte Bülow . » Und doch dank ich Gott , Ihre Kapaunenrechnung nicht bezahlen zu müssen . « » Die Sie schließlich doch bezahlen . « » Ah , das erste Mal , daß ich einen dankbaren Verleger in Ihnen entdecke . Stoßen wir an . . . Aber alle Welt , da steigt ja der lange Nostitz aus der Versenkung . Sehen Sie , Sander , er nimmt gar kein Ende ... « Wirklich , es war Nostitz , der , unter Benutzung eines geheimen Eingangs , eben die Kellertreppe hinaufstolperte , Nostitz von den Gensdarmes , der längste Lieutenant der Armee , der , trotzdem er aus dem Sächsischen stammte , seiner sechs Fuß drei Zoll halber so ziemlich ohne Widerrede beim Eliteregiment Gensdarmes eingestellt und mit einem verbliebenen kleinen Reste von Antagonismus mittlerweile längst fertig geworden war . Ein tollkühner Reiter und ein noch tollkühnerer Cour- und Schuldenmacher , war er seit lang ein Allerbeliebtester im Regiment , so beliebt , daß ihn sich der » Prinz « , der kein andrer war als Prinz Louis , bei Gelegenheit der vorjährigen Mobilisierung , zum Adjutanten erbeten hatte . Neugierig , woher er komme , stürmte man mit Fragen auf ihn ein , aber erst als er sich in dem Ledersofa zurechtgerückt hatte , gab er Antwort auf all das , was man ihn fragte . » Woher ich komme ? Warum ich bei den Carayons geschwänzt habe ? Nun , weil ich in Französisch-Buchholz nachsehen wollte , ob die Störche schon wieder da sind , ob der Kuckuck schon wie der schreit und ob die Schulmeisterstochter noch so lange flachsblonde Flechten hat wie voriges Jahr . Ein reizendes Kind . Ich lasse mir immer die Kirche von ihr zeigen , und wir steigen dann in den Turm hinauf , weil ich eine Passion für alte Glockeninschriften habe . Sie glauben gar nicht , was sich in solchem Turme alles entziffern läßt . Ich zähle das zu meinen glücklichsten und lehrreichsten Stunden . « » Und eine Blondine , sagten Sie . Dann freilich erklärt sich alles . Denn neben einer Prinzessin Flachshaar kann unser Fräulein Victoire nicht bestehn . Und nicht einmal die schöne Mama , die schön ist , aber doch am Ende brünett . Und blond geht immer vor schwarz . « » Ich möchte das nicht geradezu zum Axiom erheben « , fuhr Nostitz fort . » Es hängt doch alles noch von Nebenumständen ab , die hier freilich ebenfalls zugunsten meiner Freundin sprechen . Die schöne Mama , wie Sie sie nennen , wird siebenunddreißig , bei welcher Addition ich wahrscheinlich galant genug bin , ihr ihre vier Ehejahre halb statt doppelt zu rechnen . Aber das ist Schachs Sache , der über kurz oder lang in der Lage sein wird , ihren Taufschein um seine Geheimnisse zu befragen . « » Wie das ? « fragte Bülow . » Wie das ? « wiederholte Nostitz . » Was doch die Gelehrten , und wenn es gelehrte Militärs wären , für schlechte Beobachter sind . Ist Ihnen denn das Verhältnis zwischen beiden entgangen ? Ein ziemlich vorgeschrittenes , glaub ich . C'est le premier pas , qui coûte ... « » Sie drücken sich etwas dunkel aus , Nostitz . « » Sonst nicht gerade mein Fehler . « » Ich meinerseits glaube Sie zu verstehn , « unterbrach Alvensleben . » Aber Sie täuschen sich , Nostitz , wenn Sie daraus auf eine Partie schließen . Schach ist eine sehr eigenartige Natur , die , was man auch an ihr aussetzen mag , wenigstens manche psychologische Probleme stellt . Ich habe beispielsweise keinen Menschen kennengelernt , bei dem alles so ganz und gar auf das Ästhetische zurückzuführen wäre , womit es vielleicht in einem gewissen Zusammenhange steht , daß er überspannte Vorstellungen von Intaktheit und Ehe hat . Wenigstens von einer Ehe , wie er sie zu schließen wünscht . Und so bin ich denn wie von meinem Leben überzeugt , er wird niemals eine Witwe heiraten , auch die schönste nicht . Könnt aber hierüber noch irgendein Zweifel sein , so würd ihn ein Umstand beseitigen , und dieser eine Umstand heißt : › Victoire ‹ . « » Wie das ? « » Wie schon so mancher Heiratsplan an einer unrepräsentablen Mutter gescheitert ist , so würd er hier an einer unrepräsentablen Tochter scheitern . Er fühlt sich durch ihre mangelnde Schönheit geradezu geniert und erschrickt vor dem Gedanken , seine Normalität , wenn ich mich so ausdrücken darf , mit ihrer Unnormalität in irgendwelche Verbindung gebracht zu sehen . Er ist krankhaft abhängig , abhängig bis zur Schwäche , von dem Urteile der Menschen , speziell seiner Standesgenossen , und würde sich jederzeit außerstande fühlen , irgendeiner Prinzessin oder auch nur einer hochgestellten Dame Victoiren als seine Tochter vorzustellen . « » Möglich . Aber dergleichen läßt sich vermeiden . « » Doch schwer . Sie zurückzusetzen oder ganz einfach als Aschenbrödel zu behandeln , das widerstreitet seinem feinen Sinn , dazu hat er das Herz zu sehr auf dem rechten Fleck . Auch würde Frau von Carayon das einfach nicht dulden . Denn so gewiß sie Schach liebt , so gewiß liebt sie Victoire , ja , sie liebt diese noch um ein gut Teil mehr . Es ist ein absolut ideales Verhältnis zwischen Mutter und Tochter , und gerade dies Verhältnis ist es , was mir das Haus so wert gemacht hat und noch macht . « » Also begraben wir die Partie « , sagte Bülow . » Mir persönlich zu besondrer Genugtuung und Freude , denn ich schwärme für diese Frau . Sie hat den ganzen Zauber des Wahren und Natürlichen , und selbst ihre Schwächen sind reizend und liebenswürdig . Und daneben dieser Schach ! Er mag seine Meriten haben , meinetwegen , aber mir ist er nichts als ein Pedant und Wichtigtuer und zugleich die Verkörperung jener preußischen Beschränktheit , die nur drei Glaubensartikel hat – erstes Hauptstück : › Die Welt ruht nicht sichrer auf den Schultern des Atlas als der preußische Staat auf den Schultern der preußischen Armee ‹ , zweites Hauptstück : › Der preußische Infanterieangriff ist unwiderstehlich ‹ , und drittens und letztens : › Eine Schlacht ist nie verloren , solange das Regiment Garde du Corps nicht angegriffen hat . ‹ Oder natürlich auch das Regiment Gensdarmes . Denn sie sind Geschwister , Zwillingsbrüder . Ich verabscheue solche Redensarten , und der Tag ist nahe , wo die Welt die Hohlheit solcher Rodomontaden erkennen wird . « » Und doch unterschätzen Sie Schach . Er ist immerhin einer unserer Besten . « » Um so schlimmer . « » Einer unsrer Besten , sag ich , und wirklich ein Guter . Er spielt nicht bloß den Ritterlichen , er ist es auch . Natürlich auf seine Weise . Jedenfalls trägt er ein ehrliches Gesicht und keine Maske . « Alvensleben hat recht « , bestätigte Nostitz . » Ich habe nicht viel für ihn übrig , aber das ist wahr , alles an ihm ist echt , auch seine steife Vornehmheit , so langweilig und so beleidigend ich sie finde . Und darin unterscheidet er sich von uns . Er ist immer er selbst , gleichviel , ob er in den Salon tritt oder vorm Spiegel steht oder beim Zubettegehn sich seine safranfarbenen Nachthandschuh anzieht . Sander , der ihn nicht liebt , soll entscheiden und das letzte Wort über ihn haben . « » Es ist keine drei Tage « , hob dieser an , » daß ich in der Haude und Spenerschen gelesen , der Kaiser von Brasilien habe den heiligen Antonius zum Obristlieutenant befördert und seinen Kriegsminister angewiesen , besagtem Heiligen die Löhnung bis auf weiteres gutzuschreiben . Welche Gutschreibung mir einen noch größeren Eindruck gemacht hat als die Beförderung . Aber gleichviel . In Tagen derartiger Ernennungen und Beförderungen wird es nicht auffallen , wenn ich die Gefühle dieser Stunde , zugleich aber den von mir geforderten Entscheid und Richterspruch , in die Worte zusammenfasse : Seine Majestät der Rittmeister von Schach , er lebe hoch . « » Oh , vorzüglich , Sander , « sagte Bülow , » damit haben Sie's getroffen . Die ganze Lächerlichkeit auf einen Schlag . Der kleine Mann in den großen Stiefeln ! Aber meinetwegen , er lebe ! « » Da haben wir denn zum Überfluß auch noch die Sprache von › Seiner Majestät getreuster Opposition ‹ « , antwortete Sander und erhob sich . » Und nun , Fritz , die Rechnung . Erlauben die Herren , daß ich das Geschäftliche arrangiere . « » In besten Händen « , sagte Nostitz . Und fünf Minuten später traten alle wieder ins Freie . Der Staub wirbelte vom Tor her die Linden herauf , augenscheinlich war ein starkes Gewitter im Anzug , und die ersten großen Tropfen fielen bereits . » Hâtez-vous . « Und jeder folgte der Weisung und mühte sich , so rasch wie möglich und auf nächstem Wege seine Wohnung zu erreichen . Viertes Kapitel In Tempelhof Der nächste Morgen sah Frau von Carayon und Tochter in demselben Eckzimmer , in dem sie den Abend vorher ihre Freunde bei sich empfangen hatten . Beide liebten das Zimmer und gaben ihm auf Kosten aller andern den Vorzug . Es hatte drei hohe Fenster , von denen die beiden untereinander im rechten Winkel stehenden auf die Behren- und Charlottenstraße sahen , während das dritte , türartige , das ganze , breit abgestumpfte Eck einnahm und auf einen mit einem vergoldeten Rokokogitter eingefaßten Balkon hinausführte . Sobald es die Jahreszeit erlaubte , stand diese Balkontür offen und gestattete , von beinah jeder Stelle des Zimmers aus , einen Blick auf das benachbarte Straßentreiben , das , der aristokratischen Gegend unerachtet , zu mancher Zeit ein besonders belebtes war , am meisten um die Zeit der Frühjahrsparaden , wo nicht bloß die berühmten alten Infanterieregimenter der Berliner Garnison , sondern , was für die Carayons wichtiger war , auch die Regimenter der Garde du Corps und Gensdarmes unter dem Klang ihrer silbernen Trompeten an dem Hause vorüberzogen . Bei solcher Gelegenheit ( wo sich dann selbstverständlich die Augen der Herrn Offiziers zu dem Balkon hinaufrichteten ) hatte das Eckzimmer erst seinen eigentlichen Wert und hätte gegen kein anderes vertauscht werden können . Aber es war auch an stillen Tagen ein reizendes Zimmer , vornehm und gemütlich zugleich . Hier lag der türkische Teppich , der noch die glänzenden , fast ein halbes Menschenalter zurückliegenden Petersburger Tage des Hauses Carayon gesehen hatte , hier stand die malachitne Stutzuhr , ein Geschenk der Kaiserin Katharina , und hier paradierte vor allem auch der große , reich vergoldete Trumeau , der der schönen Frau täglich aufs neue versichern mußte , daß sie noch eine schöne Frau sei . Victoire ließ zwar keine Gelegenheit vorübergehn , die Mutter über diesen wichtigen Punkt zu beruhigen , aber Frau von Carayon war doch klug genug , es sich jeden Morgen durch ihr von ihr selbst zu kontrollierendes Spiegelbild neu bestätigen zu lassen . Ob ihr Blick in solchem Momente zu dem Bilde des mit einem roten Ordensband in ganzer Figur über dem Sofa hängenden Herrn von Carayon hinüberglitt oder ob sich ihr ein stattlicheres Bild vor die Seele stellte , war für niemanden zweifelhaft , der die häuslichen Verhältnisse nur einigermaßen kannte . Denn Herr von Carayon war ein kleiner , schwarzer Koloniefranzose gewesen , der außer einigen in der Nähe von Bordeaux lebenden vornehmen Carayons und einer ihn mit Stolz erfüllenden Zugehörigkeit zur Legation nichts Erhebliches in die Ehe mitgebracht hatte . Am wenigsten aber männliche Schönheit . Es schlug elf , erst draußen , dann in dem Eckzimmer , in welchem beide Damen an einem Tapisserierahmen beschäftigt waren . Die Balkontür war weit auf , denn trotz des Regens , der bis an den Morgen gedauert hatte , stand die Sonne schon wieder hell am Himmel und erzeugte so ziemlich dieselbe Schwüle , die schon den Tag vorher geherrscht hatte . Victoire blickte von ihrer Arbeit auf und erkannte den Schachschen kleinen Groom , der mit Stulpenstiefeln und zwei Farben am Hut , von denen sie zu sagen liebte , daß es die Schachschen » Landesfarben « seien , die Charlottenstraße heraufkam . » O sieh nur « , sagte Victoire , » da kommt Schachs kleiner Ned . Und wie wichtig er wieder tut ! Aber er wird auch zu sehr verwöhnt und immer mehr eine Puppe . Was er nur bringen mag ? « Ihre Neugier sollte nicht lange unbefriedigt bleiben . Schon einen Augenblick später hörten beide die Klingel gehn , und ein alter Diener in Gamaschen , der noch die vornehmen Petersburger Tage miterlebt hatte , trat ein , um auf einem silbernen Tellerchen ein Billet zu überreichen . Victoire nahm es . Es war an Frau von Carayon adressiert . » An dich , Mama . « » Lies nur « , sagte diese . » Nein , du selbst ; ich hab eine Scheu vor Geheimnissen . « » Närrin « , lachte die Mutter und erbrach das Billet und las : » Meine gnädigste Frau . Der Regen der vorigen Nacht hat nicht nur die Wege gebessert , sondern auch die Luft . Alles in allem ein so schöner Tag , wie sie der April uns Hyperboreern nur selten gewährt . Ich werde vier Uhr mit meinem Wagen vor Ihrer Wohnung halten , um Sie und Fräulein Victoire zu einer Spazierfahrt abzuholen . Über das Ziel erwart ich Ihre Befehle . Wissen Sie doch , wie glücklich ich bin , Ihnen gehorchen zu können . Bitte Bescheid durch den Überbringer . Er ist gerade firm genug im Deutschen , um ein › Ja ‹ oder › Nein ‹ nicht zu verwechseln . Unter Gruß und Empfehlungen an meine liebe Freundin Victoire ( die zu größerer Sicherheit vielleicht eine Zeile schreibt ) Ihr Schach . « » Nun , Victoire , was lassen wir sagen ... ? « » Aber du kannst doch nicht ernsthaft fragen , Mama ? « » Nun denn also › ja ‹ . « Victoire hatte sich mittlerweile bereits an den Schreibtisch gesetzt , und ihre Feder kritzelte » Herzlichst akzeptiert , trotzdem die Ziele vorläufig im dunkeln bleiben . Aber ist der Entscheidungsmoment erst da , so wird er uns auch das Richtige wählen lassen . « Frau von Carayon las über Victoires Schulter fort . » Es klingt so vieldeutig « , sagte sie . » So will ich ein bloßes Ja schreiben , und du kontrasignierst . « » Nein ; laß es nur . « Und Victoire schloß das Blatt und gab es dem draußen wartenden Groom . Als sie vom Flur her in das Zimmer zurückkehrte , fand sie die Mama nachdenklich . » Ich liebe solche Pikanterien nicht , und am wenigsten solche Rätselsätze . « » Du dürftest sie auch nicht schreiben . Aber ich ? Ich darf alles . Und nun höre mich . Es muß etwas geschehen , Mama . Die Leute reden so viel , auch schon zu mir , und da Schach immer noch schweigt und du nicht sprechen darfst , so muß ich es tun statt eurer und euch verheiraten . Alles in der Welt kehrt sich einmal um . Sonst verheiraten Mütter ihre Tochter , hier liegt es anders , und ich verheirate dich . Er liebt dich und du liebst ihn . In den Jahren seid ihr gleich , und ihr werdet das schönste Paar sein , das seit Menschengedenken im Französischen Dom oder in der Dreifaltigkeitskirche getraut wurde . Du siehst , ich lasse dir wenigstens hinsichtlich der Prediger und der Kirche die Wahl ; mehr kann ich nicht tun in dieser Sache . Daß du mich mit in die Ehe bringst , ist nicht gut , aber auch nicht schlimm . Wo viel Licht ist , ist viel Schatten . « Frau von Carayons Auge wurde feucht . » Ach , meine süße Victoire , du siehst es anders , als es liegt . Ich will dich nicht mit Bekenntnissen überraschen , und in bloßen Andeutungen zu sprechen , wie du gelegentlich liebst , widerstreitet mir . Ich mag auch nicht philosophieren . Aber das laß dir sagen , es liegt alles vorgezeichnet in uns , und was Ursach scheint , ist meist schon wieder Wirkung und Folge . Glaube mir , deine kleine Hand wird das Band nicht knüpfen , das du knüpfen möchtest . Es geht nicht , es kann nicht sein . Ich weiß es besser . Und warum auch ? Zuletzt lieb ich doch eigentlich nur dich . « Ihr Gespräch wurde durch das Erscheinen einer alten Dame , Schwester des verstorbenen Herrn von Carayon , unterbrochen , die jeden Dienstag ein für allemal zu Mittag geladen war und unter » zu Mittag « pünktlicherweise zwölf Uhr verstand , trotzdem sie wußte , daß bei den Carayons erst um drei Uhr gegessen wurde . Tante Marguerite , das war ihr Name , war noch eine echte Koloniefranzösin , das heißt eine alte Dame , die das damalige , sich fast ausschließlich im Dativ bewegende Berlinisch mit geprüntem Munde sprach , das ü dem i vorzog , entweder » Kürschen « aß oder in die » Kürche « ging und ihre Rede selbstverständlich mit französischen Einschiebseln und Anredefloskeln garnierte . Sauber und altmodisch gekleidet , trug sie Sommer und Winter denselben kleinen Seidenmantel und hatte jene halbe Verwachsenheit , die damals bei den alten Koloniedamen so allgemein war , daß Victoire einmal als Kind gefragt hatte : » Wie kommt es nur , liebe Mama , daß fast alle Tanten so › ich weiß nicht wie ‹ sind ? « Und dabei hatte sie eine hohe Schulter gemacht . Zu dem Seidenmantel Tante Margueritens gehörten auch noch ein Paar seidene Handschuhe , die sie ganz besonders in Ehren hielt und immer erst auf dem obersten Treppenabsatz anzog . Ihre Mitteilungen , an denen sie 's nie fehlen ließ , entbehrten all und jedes Interesses , am meisten aber dann , wenn sie , was sie sehr liebte , von hohen und höchsten Personen sprach . Ihre Spezialität waren die kleinen Prinzessinnen der königlichen Familie : la petite princesse Charlotte et la petite princesse Alexandrine , die sie gelegentlich in den Zimmern einer ihr befreundeten französischen Erzieherin sah und mit denen sie sich derartig liiert fühlte , daß , als eines Tages die Brandenburger-Tor-Wache beim Vorüberfahren von la princesse Alexandrine versäumt hatte , rechtzeitig ins Gewehr zu treten und die Trommel zu rühren , sie nicht nur das allgemeine Gefühl der Empörung teilte , sondern das Ereignis überhaupt ansah , als ob Berlin ein Erdbeben gehabt habe . Das war das Tantchen , das eben eintrat . Frau von Carayon ging ihr entgegen und hieß sie herzlich willkommen , herzlicher als sonst wohl , und das einfach deshalb , weil durch ihr Erscheinen ein Gespräch unterbrochen worden war , das selbst fallenzulassen sie nicht mehr die Kraft gehabt hatte . Tante Marguerite fühlte sofort heraus , wie günstig heute die Dinge für sie lagen , und begann denn auch in demselben Augenblicke , wo sie sich gesetzt und die Seidenhandschuh in ihren Pompadour gesteckt hatte , sich dem hohen Adel königlicher Residenzien zuzuwenden , diesmal mit Umgehung der » Allerhöchsten Herrschaften « . Ihre Mitteilungen aus der Adelssphäre waren ihren Hofanekdoten in der Regel weit vorzuziehn und hätten ein für allemal passieren können , wenn sie nicht die Schwäche gehabt hätte , die doch immerhin wichtige Personalfrage mit einer äußersten Geringschätzung zu behandeln . Mit andern Worten , sie verwechselte beständig die Namen , und wenn sie von einer Eskapade der Baronin Stieglitz erzählte , so durfte man sicher sein , daß sie die Gräfin Taube gemeint hatte . Solche Neuigkeiten eröffneten denn auch das heutige Gespräch , Neuigkeiten , unter denen die , » daß der Rittmeister von Schenk vom Regiment Garde du Corps der Prinzessin von Croy eine Serenade gebracht habe « , die weitaus wichtigste war , ganz besonders , als sich nach einigem Hin- und Herfragen herausstellte , daß der Rittmeister von Schenk in den Rittmeister von Schach , das Regiment Garde du Corps in das Regiment Gensdarmes und die Prinzessin von Croy in die Prinzessin von Carolath zu transponieren sei . Solche Richtigstellungen wurden von seiten der Tante jedesmal ohne jede Spur von Verlegenheit entgegengenommen , und solche Verlegenheit kam ihr denn auch heute nicht , als ihr , zum Schluß ihrer Geschichte , mitgeteilt wurde , daß der Rittmeister von Schenk alias Schach noch im Laufe dieses Nachmittags erwartet werde , da man eine Fahrt über Land mit ihm verabredet habe . Vollkommener Kavalier , wie er sei , werd er sich sicherlich freuen , eine liebe Verwandte des Hauses an dieser Ausfahrt mit teilnehmen zu sehen . Eine Bemerkung , die von Tante Marguerite sehr wohlwollend aufgenommen und von einem unwillkürlichen Zupfen an ihrem Taftkleide begleitet wurde . Um Punkt drei war man zu Tische gegangen , und um Punkt vier – l'exactitude est la politesse des rois , würde Bülow gesagt haben – erschien eine zurückgeschlagene Halbchaise vor der Tür in der Behrenstraße . Schach , der selbst fuhr , wollte die Zügel dem Groom geben , beide Carayons aber grüßten schon reisefertig vom Balkon her und waren im nächsten Moment mit einer ganzen Ausstattung von Tüchern , Sonnen- und Regenschirmen unten am Wagenschlag . Mit ihnen auch Tante Marguerite , die nunmehr vorgestellt und von Schach mit einer ihm eigentümlichen Mischung von Artigkeit und Grandezza begrüßt wurde . » Und nun das dunkle Ziel , Fräulein Victoire . « » Nehmen wir Tempelhof « , sagte diese . » Gut gewählt . Nur Pardon , es ist das undunkelste Ziel von der Welt . Namentlich heute . Sonne und wieder Sonne . « In raschem Trabe ging es , die Friedrichsstraße hinunter , erst auf das Rondell und das Hallesche Tor zu , bis der tiefe Sandweg , der zum Kreuzberg hinaufführte , zu langsamerem Fahren nötigte . Schach glaubte sich entschuldigen zu müssen , aber Victoire , die rückwärts saß und in halber Wendung bequem mit ihm sprechen konnte , war , als echtes Stadtkind , aufrichtig entzückt über all und jedes , was sie zu beiden Seiten des Weges sah , und wurde nicht müde , Fragen zu stellen und ihn durch das Interesse , das sie zeigte , zu beruhigen . Am meisten amüsierten sie die seltsam ausgestopften Altweibergestalten , die zwischen den Sträuchern und Gartenbeeten umherstanden und entweder eine Strohhutkiepe trugen oder mit ihren hundert Papilloten im Winde flatterten und klapperten . Endlich war man den Abhang hinauf , und über den festen Lehmweg hin , der zwischen den Pappeln lief , trabte man jetzt wieder rascher auf Tempelhof zu . Neben der Straße stiegen Drachen auf , Schwalben schossen hin und her , und am Horizonte blitzten die Kirchtürme der nächstgelegenen Dörfer . Tante Marguerite , die , bei dem Winde , der ging , beständig bemüht war , ihren kleinen Mantelkragen in Ordnung zu halten , übernahm es nichtsdestoweniger , den Führer zu machen , und setzte dabei beide Carayonsche Damen ebensosehr durch ihre Namensverwechselungen wie durch Entdeckung gar nicht vorhandener Ähnlichkeiten in Erstaunen . » Sieh , liebe Victoire , dieser Wülmersdörfer Kürchtürm ! Ähnelt er nicht unsrer Dorotheenstädtschen Kürche ? « Victoire schwieg . » Ich meine nicht um seiner Spitze , liebe Victoire , nein , um seinem Corps de logis . « Beide Damen erschraken . Es geschah aber , was gewöhnlich geschieht , das nämlich , daß alles das , was die Näherstehenden in Verlegenheit bringt , von den Fernerstehenden entweder überhört oder aber mit Gleichgiltigkeit aufgenommen wird . Und nun gar Schach ! Er hatte viel zu lang in der Welt alter Prinzessinnen und Hofdamen gelebt , um noch durch irgendein Dummheits- oder Nichtbildungszeichen in ein besondres Erstaunen gesetzt werden zu können . Er lächelte nur und benutzte das Wort » Dorotheenstädt sche Kirche « , das gefallen war , um Frau von Carayon zu fragen , » ob sie schon von dem Denkmal Kenntnis genommen habe , das in ebengenannter Kirche seitens des hochseligen Königs seinem Sohne , dem Grafen von der Mark , errichtet worden sei . « Mutter und Tochter verneinten . Tante Marguerite jedoch , die nicht gerne zugestand , etwas nicht zu wissen oder wohl gar nicht gesehen zu haben , bemerkte ganz ins Allgemeine hin : » Ach , der liebe , kleine Prinz . Daß er so früh sterben mußte . Wie jämmerlich . Und ähnelte doch seiner hochseligen Frau Mutter um beiden Augen . « Einen Augenblick war es , als ob der in seinem Legitimitätsgefühle stark verletzte Schach antworten und den » von seiner hochseligen Mutter « gebornen » lieben kleinen Prinzen « aufs schmählichste dethronisieren wollte , rasch aber übersah er die Lächerlichkeit solcher Idee , wies also lieber , um doch wenigstens etwas zu tun , auf das eben sichtbar werdende grüne Kuppeldach des Charlottenburger Schlosses hin und bog im nächsten Augenblick in die große , mit alten Linden bepflanzte Dorfgasse von Tempelhof ein . Gleich das zweite Haus war ein Gasthaus . Er gab dem Groom die Zügel und sprang ab , um den Damen beim Aussteigen behilflich zu sein . Aber nur Frau von Carayon und Victoire nahmen die Hilfe dankbar an , während Tante Marguerite verbindlich ablehnte , » weil sie gefunden habe , daß man sich auf seinen eigenen Händen immer am besten verlassen könne « . Der schöne Tag hatte viele Gäste hinausgelockt , und der von einem Staketenzaun eingefaßte Vorplatz war denn auch an allen seinen Tischen besetzt . Das gab eine kleine Verlegenheit . Als man aber eben schlüssig geworden war , in dem Hintergarten , unter einem halboffenen Kegelbahnhäuschen , den Kaffee zu nehmen , ward einer der Ecktische frei , so daß man in Front des Hauses , mit dem Blick auf die Dorfstraße , verbleiben konnte . Das geschah denn auch , und es traf sich , daß es der hübscheste Tisch war . Aus seiner Mitte wuchs ein Ahorn auf , und wenn es auch , ein paar Spitzen abgerechnet , ihm vorläufig noch an allem Laubschmucke fehlte , so saßen doch schon die Vögel in seinen Zweigen und zwitscherten . Und nicht das bloß sah man ; Equipagen hielten in der Mitte der Dorfstraße , die Stadtkutscher plauderten , und Bauern und Knechte , die mit Pflug und Egge vom Felde hereinkamen , zogen an der Wagenreihe vorüber . Zuletzt kam eine Herde , die der Schäferspitz von rechts und links her zusammenhielt , und dazwischen hörte man die Betglocke , die läutete . Denn es war eben die sechste Stunde . Die Carayons , so verwöhnte Stadtkinder sie waren , oder vielleicht auch weil sie 's waren , enthusiasmierten sich über all und jedes und jubelten , als Schach einen Abendspaziergang in die Tempelhofer Kirche zur Sprache brachte . Sonnenuntergang sei die schönste Stunde . Tante Marguerite freilich , die sich » vor dem unvernünftigen Viehe « fürchtete , wäre lieber am Kaffeetische zurückgeblieben , als ihr aber der zu weiterer Beruhigung herbeigerufene Wirt aufs eindringlichste versichert hatte , » daß sie sich um den Bullen nicht zu fürchten brauche « , nahm sie Victoirens Arm und trat mit dieser auf die Dorfstraße hinaus , während Schach und Frau von Carayon folgten . Alles , was noch an dem Staketenzaune saß , sah ihnen nach . » Es ist nichts so fein gesponnen « , sagte Frau von Carayon und lachte . Schach sah sie fragend an . » Ja , lieber Freund , ich weiß alles . Und niemand Geringeres als Tante Marguerite hat uns heute mittag davon erzählt . « » Wovon ? « » Von der Serenade . Die Carolath ist eine Dame von Welt , und vor allem eine Fürstin . Und Sie wissen doch , was Ihnen nachgesagt wird , › daß Sie der garstigsten princesse vor der schönsten bourgeoise den Vorzug geben würden ‹ . Jeder garstigen Prinzeß , sag ich . Aber zum Überfluß ist die Carolath auch noch schön . Un teint de lis et de rose . Sie werden mich eifersüchtig machen . « Schach küßte der schönen Frau die Hand . » Tante Marguerite hat Ihnen richtig berichtet , und Sie sollen nun alles hören . Auch das Kleinste . Denn wenn es mir , wie zugestanden , eine Freude gewährt , einen solchen Abend unter meinen Erlebnissen zu haben , so gewährt es mir doch eine noch größere Freude , mit meiner schönen Freundin darüber plaudern zu können . Ihre Pläsanterien , die so kritisch und doch zugleich so voll guten Herzens sind , machen mir erst alles lieb und wert . Lächeln Sie nicht . Ach , daß ich Ihnen alles sagen könnte . Teure Josephine , Sie sind mir das Ideal einer Frau : klug und doch ohne Gelehrsamkeit und Dünkel , espritvoll und doch ohne Mokanterie . Die Huldigungen , die mein Herz darbringt , gelten nach wie vor nur Ihnen , Ihnen , der Liebenswürdigsten und Besten . Und das ist Ihr höchster Reiz , meine teure Freundin , daß Sie nicht einmal wissen , wie gut Sie sind und welch stille Macht Sie über mich üben . « Er hatte fast mit Bewegung gesprochen , und das Auge der schönen Frau leuchtete , während ihre Hand in der seinen zitterte . Rasch aber nahm sie den scherzhaften Ton wieder auf und sagte : » Wie gut Sie zu sprechen verstehen . Wissen Sie wohl , so gut spricht man nur aus der Verschuldung heraus . « » Oder aus dem Herzen . Aber lassen wir 's bei der Verschuldung , die nach Sühne verlangt . Und zunächst nach Beichte . Deshalb kam ich gestern . Ich hatte vergessen , daß Ihr Empfangsabend war , und erschrak fast , als ich Bülow sah und diesen aufgedunsenen Roturier , den Sander . Wie kommt er nur in Ihre Gesellschaft ? « » Er ist der Schatten Bülows . « » Ein sonderbarer Schatten , der dreimal schwerer wiegt als der Gegenstand , der ihn wirft . Ein wahres Mammut . Nur seine Frau soll ihn noch übertreffen , weshalb ich neulich spöttisch erzählen hörte , › Sander , wenn er seine Brunnenpromenade vorhabe , gehe nur dreimal um seine Frau herum ‹ . Und dieser Mann Bülows Schatten ! Wenn Sie lieber sagten , sein Sancho Pansa ... « » So nehmen Sie Bülow selbst als Don Quixote ? « » Ja , meine Gnädigste ... Sie wissen , daß es mir im allgemeinen widersteht , zu medisieren , aber dies ist au fond nicht medisieren , ist eher Schmeichelei . Der gute Ritter von La Mancha war ein ehrlicher Enthusiast , und nun frag ich Sie , teuerste Freundin , läßt sich von Bülow dasselbe sagen ? Enthusiast ! Er ist exzentrisch , nichts weiter , und das Feuer , das in ihm brennt , ist einfach das einer infernalen Eigenliebe . « » Sie verkennen ihn , lieber Schach . Er ist verbittert , gewiß ; aber ich fürchte , daß er ein Recht hat , es zu sein . « Wer an krankhafter Überschätzung leidet , wird immer tausend Gründe haben , verbittert zu sein . Er zieht von Gesellschaft zu Gesellschaft und predigt die billigste der Weisheiten , die Weisheit post festum . Lächerlich . An allem , was uns das letzte Jahr an Demütigungen gebracht hat , ist , wenn man ihn hört , nicht der Übermut oder die Kraft unserer Feinde schuld , o nein , dieser Kraft würde man mit einer größeren Kraft unschwer haben begegnen können , wenn man sich unsrer Talente , will also sagen , der Talente Bülows , rechtzeitig versichert hätte . Das unterließ die Welt , und daran geht sie zugrunde . So geht es endlos weiter . Darum Ulm und darum Austerlitz . Alles hätt ein andres Ansehen gewonnen , sich anders zugetragen , wenn diesem korsischen Thron- und Kronenräuber , diesem Engel der Finsternis , der sich Bonaparte nennt , die Lichtgestalt Bülows auf dem Schlachtfeld entgegengetreten wäre . Mir widerwärtig . Ich hasse solche Fanfaronaden . Er spricht von Braunschweig und Hohenlohe wie von lächerlichen Größen , ich aber halte zu dem Friderizianischen Satze , daß die Welt nicht sichrer auf den Schultern des Atlas ruht als Preußen auf den Schultern seine Armee . « Während dieses Gespräch zwischen Schach und Frau von Carayon geführt wurde , war das ihnen voranschreitende Paar bis an eine Wegstelle gekommen , von der aus ein Fußpfad über ein frisch gepflügtes Ackerfeld hin sich abzweigte . » Das ist die Kürche « , sagte das Tantchen und zeigte mit ihrem Parasol auf ein neugedecktes Turmdach , dessen Rot aus allerlei Gestrüpp und Gezweig hervorschimmerte . Victoire bestätigte , was sich ohnehin nicht bestreiten ließ , und wandte sich gleich danach nach rückwärts , um die Mama durch eine Kopf- und Handbewegung zu fragen , ob man den hier abzweigenden Fußpfad einschlagen wolle . Frau von Carayon nickte zustimmend , und Tante und Nichte schritten in der angedeuteten Richtung weiter . Überall aus dem braunen Acker stiegen Lerchen auf , die hier , noch ehe die Saat heraus war , schon ihr Furchennest gebaut hatten , ganz zuletzt aber kam ein Stück brachliegendes Feld , das bis an die Kirchhofsmauer lief und , außer einer spärlichen Grasnarbe , nichts aufwies als einen trichterförmigen Tümpel , in dem ein Unkenpaar musizierte , während der Rand des Tümpels in hohen Binsen stand . » Sieh , Victoire , das sind Binsen . « » Ja , liebe Tante . « » Kannst du dir denken , ma chère , daß , als ich jung war , die Binsen als kleine Nachtlichter gebraucht wurden und auch wirklich ganz ruhig auf einem Glase schwammen , wenn man krank war oder auch bloß nicht schlafen konnte ... « » Gewiß « , sagte Victoire . » Jetzt nimmt man Wachsfädchen , die man zerschneidet und in ein Kartenstückchen steckt . « » Ganz recht , mein Engelchen . Aber früher waren es Binsen , des joncs . Und sie brannten auch . Und deshalb erzähl ich es dir . Denn sie müssen doch ein natürliches Fett gehabt haben , ich möchte sagen etwas Kienenes . « » Es ist wohl möglich « , antwortete Victoire , die der Tante nie widersprach , und horchte , während sie dies sagte , nach dem Tümpel hin , in dem das Musizieren der Unken immer lauter wurde . Gleich danach aber sah sie , daß ein halberwachsenes Mädchen von der Kirche her im vollen Lauf auf sie zukam und mit einem zottigen weißen Spitz sich neckte , der bellend und beißend an der Kleinen emporsprang . Dabei warf die Kleine , mitten im Lauf , einen an einem Strick und einem Klöppel hängenden Kirchenschlüssel in die Luft und fing ihn so geschickt wieder auf , daß weder der Schlüssel noch der Klöppel ihr weh tun konnte . Zuletzt aber blieb sie stehn und hielt die linke Hand vor die Augen , weil die niedergehende Sonne sie blendete . » Bist du die Küsterstochter ? « fragte Victoire . » Ja « , sagte das Kind . » Dann bitte , gib uns den Schlüssel oder komm mit uns und schließ uns die Kirche wieder auf . Wir möchten sie gerne sehen , wir und die Herrschaften da . « » Gerne « , sagte das Kind und lief wieder vorauf , überkletterte die Kirchhofsmauer und verschwand als bald hinter den Haselnuß- und Hagebuttensträuchern , die hier so reichlich standen , daß sie , trotzdem sie noch kahl waren , eine dichte Hecke bildeten . Das Tantchen und Victoire folgten ihr und stiegen langsam über verfallene Gräber weg , die der Frühling noch nirgends mit seiner Hand berührt hatte ; nirgends zeigte sich ein Blatt , und nur unmittelbar neben der Kirche war eine schattig-feuchte Stelle wie mit Veilchen überdeckt . Victoire bückte sich , um hastig davon zu pflücken , und als Schach und Frau von Carayon im nächsten Augenblick den eigentlichen Hauptweg des Kirchhofes heraufkamen , ging ihnen Victoire entgegen und gab der Mutter die Veilchen . Die Kleine hatte mittlerweile schon aufgeschlossen und saß wartend auf dem Schwellstein ; als aber beide Paare heran waren , erhob sie sich rasch und trat , allen vorauf , in die Kirche , deren Chorstühle fast so schräg standen wie die Grabkreuze draußen . Alles wirkte kümmerlich und zerfallen , der eben sinkende Sonnenball aber , der hinter den nach Abend zu gelegenen Fenstern stand , übergoß die Wände mit einem rötlichen Schimmer und erneuerte , für Augenblicke wenigstens , die längst blind gewordene Vergoldung der alten Altarheiligen , die hier noch , aus der katholischen Zeit her , ihr Dasein fristeten . Es konnte nicht ausbleiben , daß das genferisch reformierte Tantchen aufrichtig erschrak , als sie dieser » Götzen « ansichtig wurde , Schach aber , der unter seine Liebhabereien auch die Genealogie zählte , fragte bei der Kleinen an , ob nicht vielleicht alte Grabsteine da wären . » Einer ist da « , sagte die Kleine . » Dieser hier « , und wies auf ein abgetretenes , aber doch noch deutlich erkennbares Steinbild , das aufrecht in einen Pfeiler , dicht neben dem Altar , eingemauert war . Es war ersichtlich ein Reiteroberst . » Und wer ist es ? « fragte Schach . » Ein Tempelritter « , erwiderte das Kind , » und hieß der Ritter von Tempelhof . Und diesen Grabstein ließ er schon bei Lebzeiten machen , weil er wollte , daß er ihm ähnlich werden sollte . « Hier nickte das Tantchen zustimmend , weil das Ähnlichkeitsbedürfnis des angeblichen Ritters von Tempelhof eine verwandte Saite in ihrem Herzen traf . » Und er baute diese Kirche « , fuhr die Kleine fort , » und baute zuletzt auch das Dorf und nannt es Tempelhof , weil er selber Tempelhof hieß . Und die Berliner sagen › Templow ‹ . Aber es ist falsch . « All das nahmen die Damen in Andacht hin , und nur Schach , der neugierig geworden war , fragte weiter , » ob sie nicht das ein' oder andre noch aus den Lebzeiten des Ritters wisse « . » Nein , aus seinen Lebzeiten nicht . Aber nachher . « Alle horchten auf , am meisten das sofort einen leisen Grusel verspürende Tantchen , die Kleine hingegen fuhr in ruhigem Tone fort : » Ob es alles so wahr ist , wie die Leute sagen , das weiß ich nicht . Aber der alte Kossäte Maltusch hat es noch miterlebt . « » Aber was denn , Kind ? « » Er lag hier vor dem Altar über hundert Jahre , bis es ihn ärgerte , daß die Bauern und Einsegnungskinder immer auf ihm herumstanden und ihm das Gesicht abschurrten , wenn sie zum Abendmahl gingen . Und der alte Maltusch , der jetzt ins neunzigste geht , hat mir und meinem Vater erzählt , er hab es noch mit seinen eigenen Ohren gehört , daß es mitunter so gepoltert und gerollt hätte , wie wenn es drüben über Schmargendorf donnert . « » Wohl möglich . « » Aber sie verstanden nicht , was das Poltern und Rollen bedeutete « , fuhr die Kleine fort . » Und so ging es bis das Jahr , wo der russische General , dessen Namen ich immer vergesse , hier auf dem Tempelhofer Felde lag . Da kam einen Sonnabend der vorige Küster und wollte die Singezahlen wegwischen und neue für den Sonntag anschreiben . Und nahm auch schon das Kreidestück . Aber da sah er mit einem Male , daß die Zahlen schon weggewischt und neue Gesangbuchzahlen und auch die Zahlen von einem Bibelspruch , Kapitel und Vers , mit angeschrieben waren . Alles altmodisch und undeutlich , und nur so grade noch zu lesen . Und als sie nachschlugen , da fanden sie : › Du sollst deinen Toten in Ehren halten und ihn nicht schädigen an seinem Antlitz . ‹ Und nun wußten sie , wer die Zahlen geschrieben , und nahmen den Stein auf und mauerten ihn in diesen Pfeiler . « » Ich finde doch « , sagte Tante Marguerite , die , je schrecklicher sie sich vor Gespenstern fürchtete , desto lebhafter ihr Vorhandensein bestritt , » ich finde doch , die Regierung sollte mehr gegen dem Aberglauben tun . « Und dabei wandte sie sich ängstlich von dem unheimlichen Steinbild ab und ging mit Frau von Carayon , die , was Gespensterfurcht anging , mit dem Tantchen wetteifern konnte , wieder dem Ausgange zu . Schach folgte mit Victoire , der er den Arm gereicht hatte . » War es wirklich ein Tempelritter ? « fragte diese . » Meine Tempelritterkenntnis beschränkt sich freilich nur auf den einen im › Nathan ‹ , aber wenn unsre Bühne die Kostümfrage nicht zu willkürlich behandelt hat , so müssen die Tempelritter durchaus anders ausgesehen haben . Hab ich recht ? « » Immer recht , meine liebe Victoire . « Und der Ton dieser Worte traf ihr Herz und zitterte darin nach , ohne daß sich Schach dessen bewußt gewesen wäre . » Wohl . Aber wenn kein Templer , was dann ? « fragte sie weiter und sah ihn zutraulich und doch verlegen an . » Ein Reiteroberst aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges . Oder vielleicht auch erst aus den Tagen von Fehrbellin . Ich las sogar seinen Namen : Achim von Haake . « » So halten Sie die ganze Geschichte für ein Märchen ? « » Nicht eigentlich das , oder wenigstens nicht in allem . Es ist erwiesen , daß wir Templer in diesem Lande hatten , und die Kirche hier mit ihren vorgotischen Formen mag sehr wohl bis in jene Templertage zurückreichen . Soviel ist glaubhaft . « » Ich höre so gern von diesem Orden . « » Auch ich . Er ist von der strafenden Hand Gottes am schwersten heimgesucht worden und eben deshalb auch der poetischste und interessanteste . Sie wissen , was ihm vorgeworfen wird : Götzendienst , Verleugnung Christi , Laster aller Art . Und ich fürchte , mit Recht . Aber groß wie seine Schuld , so groß war auch seine Sühne , ganz dessen zu geschweigen , daß auch hier wieder der unschuldig Überlebende die Schuld voraufgegangener Geschlechter zu büßen hatte . Das Los und Schicksal aller Erscheinungen , die sich , auch da noch , wo sie fehlen und irren , dem Alltäglichen entziehn . Und so sehen wir denn den schuldbeladenen Orden , all seiner Unrühmlichkeiten unerachtet , schließlich in einem wiedergewonnenen Glorienschein zugrunde gehen . Es war der Neid , der ihn tötete , der Neid und der Eigennutz , und schuldig oder nicht , mich überwältigt seine Größe . « Victoire lächelte : » Wer Sie so hörte , lieber Schach , könnte meinen , einen nachgebornen Templer in Ihnen zu sehen . Und doch war es ein mönchischer Orden , und mönchisch war auch sein Gelübde . Hätten Sie's vermocht , als Templer zu leben und zu sterben ? « » Ja . « » Vielleicht verlockt durch das Kleid , das noch kleidsamer war als die Supraweste der Gensdarmes . « » Nicht durch das Kleid , Victoire . Sie verkennen mich . Glauben Sie mir , es lebt etwas in mir , das mich vor keinem Gelübde zurückschrecken läßt . « » Um es zu halten ? « Aber eh er noch antworten konnte , fuhr sie rasch in wieder scherzhafter werdendem Tone fort : » Ich glaube , Philipp le Bel hat den Orden auf dem Gewissen . Sonderbar , daß alle historischen Personen , die den Beinamen des › Schönen ‹ führen , mir unsympathisch sind . Und ich hoffe , nicht aus Neid . Aber die Schönheit , das muß wahr sein , macht selbstisch , und wer selbstisch ist , ist undankbar und treulos . « Schach suchte zu widerlegen . Er wußte , daß sich Victoirens Worte , sosehr sie Pikanterien und Andeutungen liebte , ganz unmöglich gegen ihn gerichtet haben konnten . Und darin traf er 's auch . Es war alles nur jeu d'esprit , eine Nachgiebigkeit gegen ihren Hang zu philosophieren . Und doch , alles , was sie gesagt hatte , so gewiß es absichtslos gesagt worden war , so gewiß war es doch auch aus einer dunklen Ahnung heraus gesprochen worden . Als ihr Streit schwieg , hatte man den Dorfeingang erreicht , und Schach hielt , um auf Frau von Carayon und Tante Marguerite , die sich beide versäumt hatten , zu warten . Als sie heran waren , bot er der Frau von Carayon den Arm und führte diese bis an das Gasthaus zurück . Victoire sah ihnen betroffen nach und sann nach über den Tausch , den Schach mit keinem Worte der Entschuldigung begleitet hatte . » Was war das ? « Und sie verfärbte sich , als sie sich , aus einem plötzlichen Argwohn heraus , die selbstgestellte Frage beantwortet hatte . Von einem Wiederplatznehmen vor dem Gasthause war keine Rede mehr , und man gab es um so leichter und lieber auf , als es inzwischen kühl geworden und der Wind , der den ganzen Tag über geweht hatte , nach Nordwesten hin umgesprungen war . Tante Marguerite bat sich den Rücksitz aus , » um nicht gegen dem Winde zu fahren « . Niemand widersprach . So nahm sie denn den erbetenen Platz , und während jeder in Schweigen überdachte , was ihm der Nachmittag gebracht hatte , ging es in immer rascherer Fahrt wieder auf die Stadt zurück . Diese lag schon in Dämmer , als man bis an den Abhang der Kreuzberghöhe gekommen war , und nur die beiden Gensdarmentürme ragten noch mit ihren Kuppeln aus dem graublauen Nebel empor . Fünftes Kapitel Victoire von Carayon an Lisette von Perbandt Berlin , den 3. Mai Ma chère Lisette . Wie froh war ich , endlich von Dir zu hören , und so Gutes . Nicht als ob ich es anders erwartet hätte ; wenige Männer hab ich kennengelernt , die mir so ganz eine Garantie des Glückes zu bieten scheinen wie der Deinige . Gesund , wohlwollend , anspruchslos und von jenem schönen Wissens- und Bildungsmaß , das ein gleich gefährliches Zuviel und Zuwenig vermeidet . Wobei ein » Zuviel « das vielleicht noch Gefährlichere ist . Denn junge Frauen sind nur zu geneigt , die Forderung zu stellen : » Du sollst keine andren Götter haben neben mir . « Ich sehe das beinah täglich bei Rombergs , und Marie weiß es ihrem klugen und liebenswürdigen Gatten wenig Dank , daß er über Politik und französische Zeitungen die Visiten und Toiletten vergißt . Was mir allein eine Sorge machte , war Deine neue masurische Heimat , ein Stück Land , das ich mir immer als einen einzigen großen Wald mit hundert Seen und Sümpfen vorgestellt habe . Da dacht ich denn , diese neue Heimat könne Dich leicht in ein melancholisches Träumen versetzen , das dann immer der Anfang zu Heimweh oder wohl gar zu Trauer und Tränen ist . Und davor , so hab ich mir sagen lassen , erschrecken die Männer . Aber ich sehe zu meiner herzlichen Freude , daß Du auch dieser Gefahr entgangen bist und daß die Birken , die Dein Schloß umstehn , grüne Pfingstmaien und keine Trauerbirken sind . Apropos über das Birkenwasser mußt Du mir gelegentlich schreiben . Es gehört zu den Dingen , die mich immer neugierig gemacht haben und die kennenzulernen mir bis diesen Augenblick versagt geblieben ist . Und nun soll ich Dir über uns berichten . Du frägst teilnehmend nach all und jedem und verlangst sogar von Tante Margueritens neuester Prinzessin und neuester Namensverwechslung zu hören . Ich könnte Dir gerade davon erzählen , denn es sind keine drei Tage , daß wir ( wenigstens von diesen Verwechslungen ) ein gerüttelt und geschüttelt Maß gehabt haben . Es war auf einer Spazierfahrt , die Herr von Schach mit uns machte , nach Tempelhof , und zu der auch das Tantchen aufgefordert werden mußte , weil es ihr Tag war . Du weißt , daß wir sie jeden Dienstag als Gast in unsrem Hause sehn . Sie war denn auch mit uns in der » Kürche « , wo sie , beim Anblick einiger Heiligenbilder aus der katholischen Zeit her , nicht nur beständig auf Ausrottung des Aberglaubens drang , sondern sich mit eben diesem Anliegen auch regelmäßig an Schach wandte , wie wenn dieser im Konsistorium säße . Und da leg ich denn ( weil ich nun mal die Tugend oder Untugend habe , mir alles gleich leibhaftig vorzustellen ) während des Schreibens die Feder hin , um mich erst herzlich auszulachen . Au fond freilich ist es viel weniger lächerlich , als es im ersten Augenblick erscheint . Er hat etwas konsistorialrätlich Feierliches , und wenn mich nicht alles täuscht , so ist es gerade dies Feierliche , was Bülow so sehr gegen ihn einnimmt . Viel , viel mehr als der Unterschied der Meinungen . Und beinah klingt es , als ob ich mich in meiner Schilderung Bülow anschlösse . Wirklich , wüßtest Du 's nicht besser , Du würdest dieser Charakteristik unsres Freundes nicht entnehmen können , wie sehr ich ihn schätze . Ja , mehr denn je , trotzdem es an manchem Schmerzlichen nicht fehlt . Aber in meiner Lage lernt man milde sein , sich trösten , verzeihn . Hätt ich es nicht gelernt , wie könnt ich leben , ich , die ich so gern lebe ! Eine Schwäche , die ( wie ich einmal gelesen ) alle diejenigen haben sollen , von denen man es am wenigsten begreift . Aber ich sprach von manchem Schmerzlichen , und es drängt mich , Dir davon zu erzählen . Es war erst gestern auf unsrer Spazierfahrt . Als wir den Gang aus dem Dorf in die Kirche machten , führte Schach Mama . Nicht zufällig , es war arrangiert , und zwar durch mich . Ich ließ beide zurück , weil ich eine Aussprache ( Du weißt , welche ) zwischen beiden herbeiführen wollte . Solche stillen Abende , wo man über Feld schreitet und nichts hört als das Anschlagen der Abendglocke , heben uns über kleine Rücksichten fort und machen uns freier . Und sind wir erst das , so findet sich auch das rechte Wort . Was zwischen ihnen gesprochen wurde , weiß ich nicht , jedenfalls nicht das , was gesprochen werden sollte . Zuletzt traten wir in die Kirche , die vom Abendrot wie durchglüht war , alles gewann Leben , und es war unvergeßlich schön . Auf dem Heimwege tauschte Schach und führte mich . Er sprach sehr anziehend , und in einem Tone , der mir ebenso wohl tat , als er mich überraschte . Jedes Wort ist mir noch in der Erinnerung geblieben und gibt mir zu denken . Aber was geschah ? Als wir wieder am Eingange des Dorfes waren , wurd er schweigsamer und wartete auf die Mama . Dann bot er ihr den Arm , und so gingen sie durch das Dorf nach dem Gasthause zurück , wo die Wagen hielten und viele Leute versammelt waren . Es gab mir einen Stich durchs Herz , denn ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren , daß es ihm peinlich gewesen sei , mit mir und an meinem Arm unter den Gästen zu erscheinen . In seiner Eitelkeit , von der ich ihn nicht freisprechen kann , ist es ihm unmöglich , sich über das Gerede der Leute hinwegzusetzen , und ein spöttisches Lächeln verstimmt ihn auf eine Woche . So selbstbewußt er ist , so schwach und abhängig ist er in diesem einen Punkte . Vor niemandem in der Welt , auch vor der Mama nicht , würd ich ein solches Bekenntnis ablegen , aber Dir gegenüber mußt ich es . Hab ich unrecht , so sage mir , daß mein Unglück mich mißtrauisch gemacht habe , so halte mir eine Strafpredigt in allerstrengsten Worten , und sei versichert , daß ich sie mit dankbarem Auge lesen werde . Denn all seiner Eitelkeit unerachtet , schätz ich ihn wie keinen andern . Es ist ein Satz , daß Männer nicht eitel sein dürfen , weil Eitelkeit lächerlich mache . Mir scheint dies übertrieben . Ist aber der Satz dennoch richtig , so bedeutet Schach eine Ausnahme . Ich hasse das Wort » ritterlich « und habe doch kein anderes für ihn . Eines ist er vielleicht noch mehr , diskret , imponierend , oder doch voll natürlichen Ansehns , und sollte sich mir das erfüllen , was ich um der Mama und auch um meinetwillen wünsche , so würd es mir nicht schwer werden , mich in eine Respektsstellung zu ihm hineinzufinden . Und dazu noch eins . Du hast ihn nie für sehr gescheit gehalten , und ich meinerseits habe nur schüchtern widersprochen . Er hat aber doch die beste Gescheitheit , die mittlere , dazu die des redlichen Mannes . Ich empfinde dies jedesmal , wenn er seine Fehde mit Bülow führt . Sosehr ihm dieser überlegen ist , so sehr steht er doch hinter ihm zurück . Dabei fällt mir mitunter auf , wie der Groll , der sich in unserm Freunde regt , ihm eine gewisse Schlagfertigkeit , ja selbst Esprit verleiht . Gestern hat er Sander , dessen Persönlichkeit Du kennst , den Bülowschen Sancho Pansa genannt . Die weiteren Schlußfolgerungen ergeben sich von selbst , und ich find es nicht übel . Sanders Publikationen machen mehr von sich reden denn je ; die Zeit unterstützt das Interesse für eine lediglich polemische Literatur . Außer von Bülow sind auch Aufsätze von Massenbach und Phull erschienen , die von den Eingeweihten als etwas Besonderes und nie Dagewesenes ausgepriesen werden . Alles richtet sich gegen Österreich und beweist aufs neue , daß , wer den Schaden hat , für den Spott nicht sorgen darf . Schach ist empört über dies anmaßliche Besserwissen , wie er 's nennt , und wendet sich wieder seinen alten Liebhabereien zu , Kupferstichen und Rennpferden . Sein kleiner Groom wird immer kleiner . Was bei den Chinesinnen die kleinen Füße sind , sind bei den Grooms die kleinen Proportionen überhaupt . Ich meinerseits verhalte mich ablehnend gegen beide , ganz besonders aber gegen die chinesisch eingeschnürten Füßchen , und bin umgekehrt froh , in einem bequemen Pantoffel zu stecken . Führen , schwingen werd ich ihn nie ; das überlaß ich meiner teuren Lisette . Tu es mit der Milde , die Dir eigen ist . Empfiehl mich Deinem teuren Manne , der nur den einen Fehler hat , Dich mir entführt zu haben . Mama grüßt und küßt ihren Liebling , ich aber lege Dir den Wunsch ans Herz , vergiß in der Fülle des Glücks , die Dir zuteil wurde , nicht ganz Deine , wie Du weißt , auf ein bloßes Pflichtteil des Glückes gesetzte Victoire . Sechstes Kapitel Bei Prinz Louis An demselben Abend , an dem Victoire von Carayon ihren Brief an Lisette von Perbandt schrieb , empfing Schach in seiner in der Wilhelmstraße gelegenen Wohnung ein Einladungsbillet von der Hand des Prinzen Louis . Es lautete : » Lieber Schach . Ich bin erst seit drei Tagen hier im Moabiter Land und dürste bereits nach Besuch und Gespräch . Eine Viertelmeile von der Hauptstadt hat man schon die Hauptstadt nicht mehr und verlangt nach ihr . Darf ich für morgen auf Sie rechnen ? Bülow und sein verlegerischer Anhang haben zugesagt , auch Massenbach und Phull . Also lauter Opposition , die mich erquickt , auch wenn ich sie bekämpfe . Von Ihrem Regiment werden Sie noch Nostitz und Alvensleben treffen . Im Interimsrock und um fünf Uhr . Ihr Louis , Prinz von Pr . « Um die festgesetzte Stunde fuhr Schach , nachdem er Alvensleben und Nostitz abgeholt hatte , vor der prinzlichen Villa vor . Diese lag am rechten Flußufer , umgeben von Wiesen und Werftweiden , und hatte die Front , über die Spree fort , auf die Westlisière des Tiergartens . Anfahrt und Aufgang waren von der Rückseite her . Eine breite , mit Teppich belegte Treppe führte bis auf ein Podium und von diesem auf einen Vorflur , auf dem die Gäste vom Prinzen empfangen wurden . Bülow und Sander waren bereits da , Massenbach und Phull dagegen hatten sich entschuldigen lassen . Schach war es zufrieden , fand schon Bülow mehr als genug und trug kein Verlangen , die Zahl der Genialitätsleute verstärkt zu sehen . Es war heller Tag noch , aber in dem Speisesaal , in den sie von dem Vestibül aus eintraten , brannten bereits die Lichter und waren ( übrigens bei offenstehenden Fenstern ) die Jalousien geschlossen . Zu diesem künstlich hergestellten Licht , in das sich von außen her ein Tagesschimmer mischte , stimmte das Feuer in dem in der Mitte des Saales befindlichen Kamine . Vor eben diesem , ihm den Rücken zukehrend , saß der Prinz und sah , zwischen den offenstehenden Jalousiebrettchen hindurch , auf die Bäume des Tiergartens . » Ich bitte fürliebzunehmen « , begann er , als die Tafelrunde sich arrangiert hatte . » Wir sind hier auf dem Lande ; das muß als Entschuldigung dienen , für alles , was fehlt . › A la guerre , comme à la guerre . ‹ Massenbach , unser Gourmet , muß übrigens etwas der Art geahnt , respektive gefürchtet haben . Was mich auch nicht überraschen würde . Heißt es doch , lieber Sander , Ihr guter Tisch habe mehr noch als Ihr guter Verlag die Freundschaft zwischen Ihnen besiegelt . « Ein Satz , dem ich kaum zu widersprechen wage , Königliche Hoheit . « » Und doch müßten Sie 's eigentlich . Ihr ganzer Verlag hat keine Spur von jenem › laisser passer ‹ , das das Vorrecht , ja , die Pflicht aller gesättigten Leute ist . Ihre Genies ( Pardon , Bülow ) schreiben alle wie Hungrige . Meinetwegen . Unsre Paradeleute geb ich Ihnen preis , aber daß Sie mir auch die Österreicher so schlecht behandeln , das mißfällt mir . « » Bin ich es , Königliche Hoheit ? Ich , für meine Person , habe nicht die Prätension höherer Strategie . Nebenher freilich möcht ich , sozusagen aus meinem Verlage heraus , die Frage stellen dürfen : › War Ulm etwas Kluges ? ‹ « » Ach , mein lieber Sander , was ist klug ? Wir Preußen bilden uns beständig ein , es zu sein ; und wissen Sie , was Napoleon über unsre vorjährige thüringische Aufstellung gesagt hat ? Nostitz , wiederholen Sie 's ... ! Er will nicht . Nun , so muß ich es selber tun . › Ah , ces Prussiens ‹ , hieß es , › ils sont encore plus stupides , que les Autrichiens . ‹ Da haben Sie Kritik über unsere vielgepriesene Klugheit , noch dazu Kritik von einer allerberufensten Seite her . Und hätt er 's damit getroffen , so müßten wir uns schließlich zu dem Frieden noch beglückwünschen , den uns Haugwitz erschachert hat . Ja , erschachert . Erschachert , indem er für ein Mitbringsel unsre Ehre preisgab . Was sollen wir mit Hannover ? Es ist der Brocken , an dem der preußische Adler ersticken wird . « » Ich habe zu der Schluck- und Verdauungskraft unsres preußischen Adlers ein besseres Vertrauen « , erwiderte Bülow . » Gerade das kann er und versteht er von alten Zeiten her . Indessen darüber mag sich streiten lassen ; worüber sich aber nicht streiten läßt , das ist der Friede , den uns Haugwitz gebracht hat . Wir brauchen ihn wie das tägliche Brot und mußten ihn haben , so lieb uns unser Leben ist . Königliche Hoheit haben freilich einen Haß gegen den armen Haugwitz , der mich insoweit überrascht , als dieser Lombard , der doch die Seele des Ganzen ist , von jeher Gnade vor Eurer Königlichen Hoheit Augen gefunden hat . « Ah , Lombard ! Den Lombard nehm ich nicht ernsthaft und stell ihm außerdem noch in Rechnung , daß er ein halber Franzose ist . Dazu hat er eine Form des Witzes , die mich entwaffnet . Sie wissen doch , sein Vater war Friseur und seiner Frau Vater ein Barbier . Und nun kommt eben diese Frau , die nicht nur eitel ist bis zum Närrischwerden , sondern auch noch schlechte französische Verse macht , und fragt ihn , was schöner sei : › L' hirondelle frise la surface des eaux ‹ oder › l' hirondelle rase la surface des eaux ? ‹ Und was antwortet er ? › Ich sehe keinen Unterschied , meine Teure ; l'hirondelle frise huldigt meinem Vater und l'hirondelle rase dem deinigen . ‹ In diesem Bonmot haben Sie den ganzen Lombard . Was mich aber persönlich angeht , so bekenn ich Ihnen offen , daß ich einer so witzigen Selbstpersiflage nicht widerstehen kann . Er ist ein Polisson , kein Charakter . « » Vielleicht , daß sich ein Gleiches auch von Haugwitz sagen ließe , zum Guten wie zum Schlimmen . Und wirklich , ich geb Eurer Königlichen Hoheit den Mann preis . Aber nicht seine Politik . Seine Politik ist gut , denn sie rechnet mit gegebenen Größen . Und Eure Königliche Hoheit wissen das besser als ich . Wie steht es denn in Wahrheit mit unsren Kräften ? Wir leben von der Hand in den Mund , und warum ? weil der Staat Friedrichs des Großen nicht ein Land mit einer Armee , sondern eine Armee mit einem Lande ist . Unser Land ist nur Standquartier und Verpflegungsmagazin . In sich selber entbehrt es aller großen Ressourcen . Siegen wir , so geht es ; aber Kriege führen dürfen nur solche Länder , die Niederlagen ertragen können . Das können wir nicht . Ist die Armee hin , so ist alles hin . Und wie schnell eine Armee hin sein kann , das hat uns Austerlitz gezeigt . Ein Hauch kann uns töten , gerad auch uns . › Er blies , und die Armada zerstob in alle vier Winde . ‹ Afflavit Deus et dissipati sunt . « » Herr von Bülow « , unterbrach hier Schach , » möge mir eine Bemerkung verzeihn . Er wird doch , denk ich , in dem Höllenbrodem , der jetzt über die Welt weht , nicht den Odem Gottes erkennen wollen , nicht den , der die Armada zerblies . « Doch , Herr von Schach . Oder glauben Sie wirklich , daß der Odem Gottes im Spezialdienste des Protestantismus oder gar Preußens und seiner Armee steht ? « » Ich hoffe , ja . « » Und ich fürchte , nein . Wir haben die › propreste Armee ‹ , das ist alles . Aber mit der › Propretät ‹ gewinnt man keine Schlachten . Erinnern sich Königliche Hoheit der Worte des großen Königs , als General Lehwald ihm seine dreimal geschlagenen Regimenter in Parade vorführte ? › Propre Leute ‹ , hieß es . › Da seh Er meine . Sehen aus wie die Grasdeibel , aber beißen . ‹ Ich fürchte , wir haben jetzt zuviel Lehwaldsche Regimenter und zuwenig altenfritzige . Der Geist ist heraus , alles ist Dressur und Spielerei geworden . Gibt es doch Offiziere , die , der bloßen Prallheit und Drallheit halber , ihren Uniformrock direkt auf dem Leibe tragen . Alles Unnatur . Selbst das Marschierenkönnen , diese ganz gewöhnliche Fähigkeit des Menschen , die Beine zu setzen , ist uns in dem ewigen Paradeschritt verlorengegangen . Und Marschierenkönnen ist jetzt die erste Bedingung des Erfolges . Alle modernen Schlachten sind mit den Beinen gewonnen worden . « » Und mit Gold « , unterbrach hier der Prinz . » Ihr großer Empereur , lieber Bülow , hat eine Vorliebe für kleine Mittel . Ja , für allerkleinste . Daß er lügt , ist sicher . Aber er ist auch ein Meister in der Kunst der Bestechung . Und wer hat uns die Augen darüber geöffnet ? Er selber . Lesen Sie , was er unmittelbar vor der Austerlitzer Bataille sagte . › Soldaten ‹ , hieß es , › der Feind wird marschieren und unsre Flanke zu gewinnen suchen ; bei dieser Marschbewegung aber wird er die seinige preisgeben . Wir werden uns auf diese seine Flanke werfen und ihn schlagen und vernichten . ‹ Und genauso verlief die Schlacht . Es ist unmöglich , daß er aus der bloßen Aufstellung der Österreicher auch schon ihren Schlachtplan erraten haben könnte . « Man schwieg . Da dies Schweigen aber dem lebhaften Prinzen um vieles peinlicher war als Widerspruch , so wandt er sich direkt an Bülow und sagte : » Widerlegen Sie mich . « » Königliche Hoheit befehlen , und so gehorch ich denn . Der Kaiser wußte genau , was geschehen werde , konnt es wissen , weil er sich die Frage , › was tut hier die Mittelmäßigkeit ‹ , in vorausberechnender Weise nicht bloß gestellt , sondern auch beantwortet hatte . Die höchste Dummheit , wie zuzugestehen ist , entzieht sich ebenso der Berechnung wie die höchste Klugheit – das ist eine von den großen Seiten der echten und unverfälschten Stupidität . Aber jene › Mittelklugen ‹ , die gerade klug genug sind , um von der Lust , › es auch einmal mit etwas Geistreichem zu probieren ‹ , angewandelt zu werden , diese Mittelklugen sind allemal am leichtesten zu berechnen . Und warum ? Weil sie jederzeit nur die Mode mitmachen und heute kopieren , was sie gestern sahn . Und das alles wußte der Kaiser . Hic haeret . Er hat sich nie glänzender bewährt als in dieser Austerlitzer Aktion , auch im Nebensächlichen nicht , auch nicht in jenen Impromptus und witzigen Einfällen auf dem Gebiete des Grausigen , die so recht eigentlich das Kennzeichen des Genies sind . « » Ein Beispiel . « » Eines für hundert . Als das Zentrum schon durchbrochen war , hatte sich ein Teil der russischen Garde , vier Bataillone , nach ebensoviel gefrornen Teichen hin zurückgezogen , und eine französische Batterie fuhr auf , um mit Kartätschen in die Bataillone hineinzufeuern . In diesem Augenblick erschien der Empereur . Er überblickte sofort das Besondere der Lage . › Wozu hier ein Sichabmühen en detail ? ‹ Und er befahl , mit Vollkugeln auf das Eis zu schießen . Eine Minute später , und das Eis barst und brach , und alle vier Bataillone gingen en carré in die morastige Tiefe . Solche vom Moment eingegebenen Blitze hat nur immer das Genie . Die Russen werden sich jetzt vor nehmen , es bei nächster Gelegenheit ebenso zu machen , aber wenn Kutusow auf Eis wartet , wird er plötzlich in Wasser oder Feuer stecken . Österreichisch-russische Tapferkeit in Ehren , nur nicht ihr Ingenium . Irgendwo heißt es : › In meinem Wolfstornister regt sich des Teufels Küster , ein Kobold , heißt Genie ‹ – nun , in dem russisch-österreichischen Tornister ist dieser › Kobold und Teufelsküster ‹ nie und nimmer zu Hause gewesen . Und um dies Manko zu kassieren , bedient man sich der alten , elenden Trostgründe : Bestechung und Verräterei . Jedem Besiegten wird es schwer , den Grund seiner Niederlagen an der einzig richtigen Stelle , nämlich in sich selbst zu suchen , und auch Kaiser Alexander , mein ich , verzichtet auf ein solches Nachforschen am recht eigentlichsten Platz . « » Und wer wollt ihm darüber zürnen ? « antwortete Schach . » Er tat das Seine , ja mehr . Als die Höhe schon verloren und doch andrerseits die Möglichkeit einer Wiederherstellung der Schlacht noch nicht geschwunden war , ging er klingenden Spiels an der Spitze neuer Regimenter vor ; sein Pferd ward ihm unter dem Leibe erschossen , er bestieg ein zweites , und eine halbe Stunde lang schwankte die Schlacht . Wahre Wunder der Tapferkeit wurden verrichtet , und die Franzosen selbst haben es in enthusiastischen Ausdrücken anerkannt . « Der Prinz , der , bei der vorjährigen Berliner Anwesenheit des unausgesetzt als deliciae generis humani gepriesenen Kaisers , keinen allzu günstigen Eindruck von ihm empfangen hatte , fand es einigermaßen unbequem , den » liebenswürdigsten der Menschen « auch noch zum » heldischsten « erhoben zu sehen . Er lächelte deshalb und sagte : » Seine Kaiserliche Majestät in Ehren , so scheint es mir doch , lieber Schach , als ob Sie französischen Zeitungsberichten mehr Gewicht beilegten , als ihnen beizulegen ist . Die Franzosen sind kluge Leute . Je mehr Rühmens sie von ihrem Gegner machen , desto größer wird ihr eigner Ruhm , und dabei schweig ich noch von allen möglichen politischen Gründen , die jetzt sicherlich mitsprechen . › Man soll seinem Feinde goldene Brücken bauen ‹ , sagt das Sprichwort , und sagt es mit Recht , denn wer heute mein Feind war , kann morgen mein Verbündeter sein . Und in der Tat , es spukt schon dergleichen , ja , wenn ich recht unterrichtet bin , so verhandelt man bereits über eine neue Teilung der Welt , will sagen über die Wiederherstellung eines morgenländischen und abendländischen Kaisertums . Aber lassen wir Dinge , die noch in der Luft schweben , und erklären wir uns das dem Heldenkaiser gespendete Lob lieber einfach aus dem Rechnungssatze : › Wenn der unterlegene russische Mut einen vollen Zentner wog , so wog der siegreich französische natürlich zwei . ‹ « Schach , der , seit Kaiser Alexanders Besuch in Berlin , das Andreaskreuz trug , biß sich auf die Lippen und wollte replizieren . Aber Bülow kam ihm zuvor und bemerkte : » Gegen › unter dem Leibe erschossene Kaiserpferde ‹ bin ich überhaupt immer mißtrauisch . Und nun gar hier . All diese Lobeserhebungen müssen Seine Majestät sehr in Verlegenheit gebracht haben , denn es gibt ihrer zu viele , die das Gegenteil bezeugen können . Er ist der › gute Kaiser ‹ und damit basta . « » Sie sprechen das so spöttisch , Herr von Bülow « , antwortete Schach . » Und doch frag ich Sie , gibt es einen schöneren Titel ? « » O gewiß gibt es den . Ein wirklich großer Mann wird nicht um seiner Güte willen gefeiert und noch weniger danach benannt . Er wird umgekehrt ein Gegenstand beständiger Verleumdungen sein . Denn das Gemeine , das überall vorherrscht , liebt nur das , was ihm gleicht . Brenkenhof , der , trotz seiner Paradoxien , mehr gelesen werden sollte , als er gelesen wird , behauptet geradezu , › daß in unserm Zeitalter die besten Menschen die schlechteste Reputation haben müßten ‹ . Der gute Kaiser ! Ich bitte Sie . Welche Augen wohl König Friedrich gemacht haben würde , wenn man ihn den › guten Friedrich ‹ genannt hätte . « » Bravo , Bülow « , sagte der Prinz und grüßte mit dem Glase hinüber . » Das ist mir aus der Seele gesprochen . « Aber es hätte dieses Zuspruches nicht bedurft . » Alle Könige « , fuhr Bülow in wachsendem Eifer fort , » die den Beinamen des › guten ‹ führen , sind solche , die das ihnen anvertraute Reich zu Grabe getragen oder doch bis an den Rand der Revolution gebracht haben . Der letzte König von Polen war auch ein sogenannter › guter ‹ . In der Regel haben solche Fürstlichkeiten einen großen Harem und einen kleinen Verstand . Und geht es in den Krieg , so muß irgendeine Kleopatra mit ihnen , gleichviel mit oder ohne Schlange . « » Sie meinen doch nicht , Herr von Bülow « , entgegnete Schach , » durch Auslassungen wie diese den Kaiser Alexander charakterisiert zu haben . « Wenigstens annähernd . « » Da wär ich doch neugierig . « » Es ist zu diesem Behufe nur nötig , sich den letzten Besuch des Kaisers in Berlin und Potsdam zurückzurufen . Um was handelte sich 's ? Nun , anerkanntermaßen um nichts Kleines und Alltägliches , um Abschluß eines Bündnisses auf Leben und Tod , und wirklich , bei Fackellicht trat man in die Gruft Friedrichs des Großen , um sich , über dem Sarge desselben , eine halbmystische Blutsfreundschaft zuzuschwören . Und was geschah unmittelbar danach ? Ehe drei Tage vorüber waren , wußte man , daß der aus der Gruft Friedrichs des Großen glücklich wieder ans Tageslicht gestiegene Kaiser die fünf anerkanntesten beautés des Hofes in ebenso viele Schönheitskategorien gebracht habe : beauté coquette und beauté triviale , beauté céleste und beauté du diable und endlich fünftens › beauté , qui inspire seul du vrai sentiment ‹ . Wobei wohl jeden die Neugier angewandelt haben mag , das Allerhöchste › vrai sentiment ‹ kennenzulernen . « Siebentes Kapitel Ein neuer Gast All diese Sprünge Bülows hatten die Heiterkeit des Prinzen erregt , der denn auch eben mit einem ihm bequem liegenden Capriccio über beauté céleste und beauté du diable beginnen wollte , als er , vom Korridor her , unter dem halb zurückgeschlagenen Portierenteppich , einen ihm wohlbekannten kleinen Herrn von unverkennbaren Künstlerallüren erscheinen und gleich danach eintreten sah . » Ah , Dussek , das ist brav « , begrüßte ihn der Prinz . » Mieux vaut tard que jamais . Rücken Sie ein . Hier . Und nun bitt ich , alles , was an Süßigkeiten noch da ist , in den Bereich unsres Künstlerfreundes bringen zu wollen . Sie finden noch tutti quanti , lieber Dussek . Keine Einwendungen . Aber was trinken Sie ?