Erstes Kapitel Möhrings wohnten Georgenstraße 19 dicht an der Friedrichsstraße . Wirt war Rechnungsrat Schultze , der in der Gründerzeit mit dreihundert Talern spekuliert und in zwei Jahren ein Vermögen erworben hatte . Wenn er jetzt an seinem Ministerium vorüberging , sah er immer lächelnd hinauf und sagte : » Gu 'n Morgen , Exzellenz . « Gott , Exzellenz . Wenn Exzellenz fiel , und alle Welt wunderte sich , daß er noch nicht gefallen sei , so stand er , wie Schultze gern sagte , vis-à- vis de rien , höchstens Oberpräsident in Danzig . Da war er besser dran , er hatte fünf Häuser , und das in der Georgenstraße war beinah schon ein Palais , vorn kleine Balkone von Eisen mit Vergoldung . Was anscheinend fehlte , waren Keller und natürlich auch Kellerwohnungen , statt dessen lagen kleine Läden , ein Vorkostladen , ein Barbier- , ein Optikus- und ein Schirmladen in gleicher Höhe mit dem Straßenzug , wodurch die darüber gelegene Wirtswohnung jenen à-deux-mains-Charakter so vieler neuer Berliner Häuser erhielt . War es Hochparterre oder war es eine Treppe hoch . Auf Schultzes Karte stand : Georgenstraße 19 I , was jeder gelten ließ mit Ausnahme Möhrings , die je nachdem diese Frage entschieden wurde , drei oder vier Treppen hoch wohnten , was neben der gesellschaftlichen auch eine gewisse praktische Bedeutung für sie hatte . Möhrings waren nur zwei Personen , Mutter und Tochter ; der Vater , Buchhalter in einem Kleider-Exportgeschäft , war schon sieben Jahre tot und war am Palmsonnabend gestorben , einen Tag vor Mathildens Einsegnung . Der Geistliche hatte daraufhin eine Bemerkung gemacht , die bei Mutter und Tochter noch fortlebte . Ebenso das letzte Wort , das Möhring Vater an seine Tochter gerichtet hatte : » Mathilde , halte dich propper . « Pastor Neuschmidt , dem es gesagt wurde , war der Meinung , der Sterbende habe es moralisch gemeint , Schultzes , die auch davon gehört hatten und neben dem Geld- und Rechnungsrat-Hochmut natürlich auch noch den Wirtshochmut hatten , bestritten dies aber und brachten das Wort einfach in Zusammenhang mit dem Kleider-Exportgeschäft , in dem sich der Gedankengang des Alten bewegt habe ; es solle soviel heißen wie : » Kleider machen Leute « . Damals waren Möhrings eben erst eingezogen , und Schultze sah den Tod des alten Möhring , der übrigens erst Mitte vierzig war , ungern . Als man den Sarg auf den Wagen setzte , stand er am Fenster und sagte zu seiner hinter ihm stehenden Frau : » Fatale Geschichte . Die Leute haben natürlich nichts , und nu war vorgestern auch noch die Einsegnung . Ich will dir sagen , Emma , wie 's kommt , sie werden vermieten , und weil es eine Studentengegend ist , so werden sie 's an einen Studenten vermieten , und wenn wir dann mal spät nach Hause kommen , liegt er auf dem Flur , weil er die Treppe nicht hat finden können . Ich bitte dich schon heute , erschrick nicht , wenn es vorkommt , und kriege nicht deinen Aufschrei . « Als Schultze diesen Satz geendet , fuhr draußen der Wagen fort . Die Befürchtungen Schultzens erfüllten sich und auch wieder nicht . Allerdings wurde Witwe Möhring eine Zimmervermieterin , ihre Tochter aber hatte scharfe Augen und viel Menschenkenntnis , und so nahmen [ sie ] nur Leute ins Haus , die einen soliden Eindruck machten . Selbst Schultze , der Kündigungsgedanken gehabt hatte , mußte das nach Jahr und Tag zugeben , bei welcher Gelegenheit er nicht unterließ , den Möhrings überhaupt ein glänzendes Zeugnis auszustellen . » Wenn ich bedenke , Buchhalter in einer Schneiderei , und die Frau kann doch auch höchstens eine Müllertochter sein , so ist es erstaunlich . Manierlich , bescheiden , gebildet . Und das Mathildchen , sie muß nu wohl siebzehn sein , immer fleißig und grüßt sehr artig . Ein sehr gebildetes Mädchen . « Das war nun schon wieder sechs Jahr her , und Mathildchen war nun eine richtige Mathilde von dreiundzwanzig . Das heißt , eine so ganz richtige Mathilde war sie doch nicht , dazu war sie zu hager und hatte einen grisen Teint . Und auch das aschblonde Haar , das sie hatte , paßte nicht recht zu einer Mathilde . Nur das Umsichtige , das Fleißige , das Praktische , das paßte zu dem Namen , den sie führte . Schultze hatte sie auch mal ein appetitliches Mädchen genannt . Dies war richtig , wenn er sie mit dem verglich , was ihm an Weiblichkeit am nächsten stand , enthielt aber doch ein bestimmtes Maß von Übertreibung . Mathilde hielt auf sich , das mit dem » propper « hatte sich ihr eingeprägt , aber sie war trotzdem nicht recht zum Anbeißen , was doch das eigentlich Appetitliche ist , sie war sauber , gut gekleidet und von energischem Ausdruck , aber ganz ohne Reiz . Mitunter war es , als ob sie das selber wisse , und dann kam ihr ein gewisses Mißtrauen , nicht in ihre Klugheit und Vortrefflichkeit , aber in ihren Charme , und sie hätte dies Gefühl vielleicht großgezogen , wenn sie sich nicht in solchen kritischen Momenten eines unvergeßlichen Vorgangs entsonnen hätte . Das war in Halensee gewesen an ihrem siebzehnten Geburtstag , den man mit einer unverheirateten Tante in Halensee gefeiert hatte . Sie hatte sich in einiger Entfernung von der Kegelbahn aufgestellt und sah immer das Bahnbrett hinunter , um zu sehn , wieviel Kegel die Kugel nehmen würde , da hörte sie ganz deutlich , daß einer der Kegelspieler sagte : » Sie hat ein Gemmengesicht . « Von diesem Worte lebte sie seitdem . Wenn sie sich vor den alten Stehspiegel stellte , dessen Mittellinie ihr grad über die Brust lief , stellte sie sich zuletzt immer en profil und fand dann das Wort des Halenseer Kegelschützen bestätigt . Und durfte es auch ; sie hatte wirklich ein Gemmengesicht , und auf ihre Photographie hin hätte sich jeder in sie verlieben können , aber mit dem edlen Profil schloß [ es ] auch ab , die dünnen Lippen , das spärlich angeklebte , aschgraue Haar , das zu klein gebliebne Ohr , daran allerhand zu fehlen schien , alles nahm dem Ganzen jeden sinnlichen Zauber , und am nüchternsten wirkten die wasserblauen Augen . Sie hatten einen Glanz , aber einen ganz prosaischen , und wenn man früher von einem Silberblick sprach , so konnte man hier von einem Blechblick sprechen . Ihre Chancen auf Liebe waren nicht groß , wenn sich nicht jemand fand , dem das Profil über alles ging . Sie hatte deshalb auch den gebildeten Satz akzeptiert und operierte gern damit : » In der Kunst entscheidet die Reinheit der Linie . « Rechnungsrat Schultze hatte sich anfangs durch diesen Satz blenden lassen . Als er ihn aber nochmals gehört hatte , merkte er die Absicht und wurde verstimmt und sagte zu seiner Frau : » Ich bin mehr fürs Runde . « Das tat der Rechnungsrätin wohl , denn es war das einzige , was sie hatte . Zweites Kapitel Die Sonne schien , und eine milde Luft ging , und jeder , der in die Georgenstraße einbog und die Bäume sah , die hier und da noch ihre vollbelaubten Zweige über einen Bretterzaun streckten , hätte auf Anfang September raten müssen , wenn nicht vor mehreren Häusern und auch vor dem Rechnungsrat Schultzeschen Hause ein großer Riesenwagen gestanden hätte mit einem Leinwandbehang und der Inschrift Möbel-Transport von Fiddichen , Mauerstraße 17 . Die Seitenwände mehrerer auseinandergenommener Bettstellen waren schräg an den Wagen gelegt , und auf dem Straßendamm stand ein Korb mit Küchengeschirr und an den Korb gelehnt ein Bild in Barockrahmen : hohes gepudertes Toupet und geblümtes Mieder , soweit sich davon sprechen ließ , denn das wichtigste Stück , soweit die Dezenz in Betracht kam , hatte der Maler zu malen unterlassen und der sich darin bergenden Natur freien Lauf gelassen . Alles in allem , es war Ziehzeit , also nicht Anfang September , sondern Anfang Oktober , Ziehzeit , wodurch die Georgenstraße sehr gewann ; solchen Wagen und solch Porträt sah man in der Georgenstraße nicht alle Tage , weshalb etliche Menschen und eine ganze Anzahl Kinder den Wagen und das Bild umstanden . Unter denen , die das Bild mit Interesse musterten , war auch ein junger Mann von etwa sechsundzwanzig . Sein Alter zu bestimmen war nicht leicht , weil zwischen dem Ausdruck seines Gesichts und seinem schwarzen Vollbart ein Mißverhältnis war , der Ausdruck war jugendlich , der Bart plädierte für Mann in besten Jahren . Aber der Bart hatte unrecht , er war erst sechsundzwanzig , etwas über mittelgroß , breitschultrig , Figur und Bart nach ein Mann und überhaupt so recht das , was gewöhnliche Menschen einen schönen Mann nennen . Er hätte sich sehen lassen können . Als er mit seiner Musterung des Bildes fertig war , nahm er seine eigentliche Aufgabe wieder auf und begann über den Straßendamm weg die an der andern Straßenseite stehenden Häuser zu mustern . Er war nämlich auf der Wohnungssuche . Die Götter waren mit ihm , und kaum daß sich sein Blick auf das Haus gegenüber gerichtet hatte , so las er auch schon an einem über der Haustür angebrachten Zettel : » Drei Treppen hoch links ein elegant möbliertes Zimmer zu vermieten . « Er nickte , wie wenn er zu sich selbst sagte : » Scheint mir ; hier will ich Hütten baun . « Und gleich danach ging er über den Damm und stieg die drei Treppen hinauf : oben angekommen , war er ein wenig unwirsch , daß es eigentlich vier waren . Er klingelte und hatte nicht lange zu warten ; Frau Möhring öffnete . » Ist es bei Ihnen ? « » Wegen des Zimmers ? Ja , das ist hier . Wenn Sie sich's ansehen wollen ... « » Ich bitte darum . « Und nun trat Frau Möhring in ein einfenstriges Mittelzimmer zurück , das als Entree für rechts und links diente und drin nichts stand als ein einreihig besetzter Bücherschrank mit einem Vogelbauer darauf . Der im Sommer gestorbne Zeisig war noch nicht wieder ersetzt worden . Sonst nur noch zwei Stühle und ein weißer Leinwandstreifen als Läufer und am Fenster eine Aralia mit einer kleinen Gießkanne daneben . Alles dürftig , aber sehr sauber . Und nun öffnete Frau Möhring die Tür , die rechts nach dem zu vermietenden Zimmer führte . Hierher hatten sich alle Anstrengungen konzentriert : ein etwas eingesessenes Sofa mit rotem Plüschüberzug und ohne Antimakassar , Visitenkartenschale , der Große Kurfürst bei Fehrbellin und das Bett von schwarz gebeiztem Holz mit einer aus Seidenstückchen zusammengenähten Steppdecke . Die Wasserkaraffe auf einem großen Glasteller , so daß es immer klapperte . Der schöne Mann mit dem Vollbart sah sich um , und wahrnehmend , daß die beiden Dinge fehlten , gegen die er eine tiefe Aversion hatte , Öldruckbilder und Antimakassars , war er sofort geneigt zu mieten , vorausgesetzt , daß er Aussicht hatte , für seine kleinen Bequemlichkeiten seitens der Wirtin gesorgt zu sehn . Gegen den bescheiden bemessenen Preis hatte er keine Einwendungen zu erheben , Portierfrage , Hausschlüssel , alles war geregelt , und er frug eben nach dem Hausschlüssel , als Mathilde Möhring vom Entree her eintrat . » Meine Tochter « , sagte Frau Möhring , und Mathilde und der schöne Mann begrüßten sich und musterten einander , sie eindringlich , er oberflächlich . » Ich nehme an , daß ich die Kleinigkeiten , die man so braucht , ohne viel Umstände zu machen , haben kann : Frühstück , Kaffee und mal ein Ei , Tee , Sodawasser , ich brauche viel Sodawasser und dem ähnliches . « Mathilde , die wie selbstverständlich das Wort nahm , versicherte , daß man das alles im Hause habe und daß von Umstände keine Rede sein könne . So was gehöre ja wie mit dazu , das Haus sei ruhig und anständig , ohne Musik , der Wirt , ein sehr liebenswürdiger Herr , nähme keinen ins Haus , der Klavier spiele . » Das trifft sich gut « , lächelte der mit dem Vollbart . » Nun , im Laufe des Tages komme ich noch mit heran und bringe Ihnen bestimmten Bescheid . « Und bei diesen Worten nahm er wieder seinen breitkrempigen Hut aus weichem Filz und empfahl sich von Mutter und Tochter . Mathilde begleitete ihn bis an die Flurtür . Als sie wieder zurückkam , hatte sich die Mutter auf das Plüschsofa gesetzt , was sie für gewöhnlich ungern tat , und strich über ein kleines seidnes Rollkissen hin , drauf gelbe Sterne aufgenäht waren . » Nun , Thilde , was meinst du . Die Stube steht nu schon seit den Ferien leer . Es wird Zeit , daß wir einen Mieter finden . Er will sich noch besinnen und uns dann einen bestimmten Bescheid bringen . Das ist so Rückzug ; das sagen alle die , die nicht wiederkommen wollen . « » Der kommt wieder . « » Ja , Thilde , woher weißt du das ? Dann hätte er doch gleich mieten können . « » Freilich . Das hätt er gekonnt , aber so einer sagt nie gleich ja , der besinnt sich immer . Das heißt , eigentlich besinnt er sich nicht , er schiebt nur so bloß ein bißchen raus , gleich ja oder nein sagen , das können nicht viele , und der schon gewiß nicht . « » Gott , Thilde , du sagst das alles so hin wie 's Evangelium und weißt doch eigentlich gar nichts . « » Nein , alles weiß ich nicht , aber manches weiß ich . Und wenn ich sage : › Mutter , so und so ‹ , dann ist es auch so . Der kommt wieder . « » Ja . Kind , warum soll er wiederkommen ? « » Weil er bequem ist , weil er keinen Muck hat , weil er ein Schlappier ist . « » Ach , Thilde , sage doch nur nicht immer so was . Du hast so viele Wörter , die du nicht in den Mund nehmen solltest . « » Ja , Mutter , warum nicht ? « » Weil es dir den Ruf verdirbt . « » Ach , was Ruf . Mein Ruf ist ganz gut und muß auch ; ich weiß , wo Bartel Most holt , und weil ich 's weiß , paß ich auf . Ich passe ganz schmählich auf . Mir soll keiner kommen . Und was die paar Redensarten sind , na , Mutter , die laß man ruhig . Da halt ich mich dran fest , die tuen mir wohl , und wenn ich so höre , daß einer immer so fromm und faul drum rumgeht , da wird mir ganz schlimm . « » Ganz schlimm . Das ist nun auch wieder so . Na , rede , wie du willst , ändern kann ich dich doch nicht , du hast immer deinen Willen gehabt von klein an , und Vater hat immer gesagt : › Laß man ; die wird gut , die frißt sich durch . ‹ Ja , das hat er gesagt , aber wenn es man wahr ist . Und warum hat er denn keinen Muck ? Ich meine den Herrn , von dem du sagst , er wird schon wiederkommen . Und warum wird er denn wiederkommen ? « » Du siehst auch gar nichts , Mutter . Hast du denn nicht seine Augen gesehn ? Und den schwarzen Vollbart und or'ntlich ein bißchen kraus . Soviel mußt du doch wissen , mit solchen ist nie was los . Ich will dir was sagen , so ganz hat es ihm nicht gefallen , aber es hat ihm auch nicht mißfallen , und weil Wohnungsuchen und Treppensteigen langweilig ist und einem Mühe macht , so denkt er bei sich : Gott , eine Wohnung ist wie die andre . Und ruhig ist es und kein Klavier da und die bunte Steppdecke ... warum soll ich da nicht mieten . Und ich will dir auch sagen , wie er nun seine Zeit hinbringt , von Suchen und Sichumtun ist keine Rede , dazu ist er viel zu bequem . Er ist nu hier rübergegangen nach dem Bahnhof , da ißt er ein deutsches Beefsteak oder vielleicht auch bloß eine Jauersche und trinkt ein Kulmbacher . Und dann geht er noch in Café Bauer , und wenn ihm das schon zu unbequem ist , denn er geniert sich nicht gern und sitzt nicht gerne grade , was man da doch muß , dann geht er nach den Zelten und trinkt seinen Kaffee und sieht zu , wie sie Skat spielen oder Schach , und lacht so ganz still vor sich hin , wenn ein reicher Budiker mit seinem Wagen vorfährt und seinem Pferd ein Seidel geben läßt . Und wenn er damit fertig ist , dann schlendert er so durch den Tiergarten hin bis an den Schiffbauerdamm ran , und dann kommt er über die Brücke und steigt die drei Treppen rauf und mietet . Ich will keinen Zeisig mehr im Bauer haben , wenn es nicht so kommt , wie ich sage . « Mathilde behielt recht . Ob der Mann mit dem Vollbart in den Zelten gewesen war , entzieht sich der Feststellung , aber soviel steht fest , daß er zwischen fünf und sechs wieder oben bei Möhrings war und mietete . » Meine Sachen stehen noch auf dem Bahnhof hier drüben . Hier ist meine Karte . Sie können vielleicht jemand rüberschicken und sagen lassen , daß ein Kofferträger oder ein Dienstmann sie rüberbringt . Ich will noch einen Freund besuchen , und wenn ich wiederkomme , hoff ich alles vorzufinden . « Frau Möhring versprach alles . Als er fort [ war ] , sagte Mathilde : » Siehst du , Mutter . Wer hat recht ? Du wirst auch noch hören , daß er in den Zelten war . « Drittes Kapitel Die Sachen kamen , ein Koffer und eine große Kiste , und als Mutter und Tochter die Kiste bis dicht ans Fenster geschoben , den Koffer aber auf einen Kofferständer gestellt hatten , zogen sie sich in ihr an der linken Seite des Entrees gelegenes Wohnzimmer zurück . Es sah sehr ordentlich darin aus und auch nicht ärmlich . Vor dem hochlehnigen Kissensofa lag ein Teppich , Rosenmuster , und neben dem Stehspiegel mit dem Riß in der Mitte standen zwei Ständer , in die Blumentöpfe , ein roter und ein weißer Geranium , gesetzt waren . Auf einem Mahagonischrank stand ein Makart-Bouquet , neben dem Schrank eine Hänge-Etagere mit einer geschweiften Perlenstickerei . Der weiße Ofen war blank , die Messingtür noch blanker , und zwischen Ofen und Tür an einer Längswand , dem invaliden Sofa gegenüber , stand eine Chaiselongue , die vor kurzem erst auf der Auktion eines kleinen Gesandten erstanden war und nun das Schmuckstück der Wohnung bildete . Daneben ein ganz kleiner Tisch mit einer Pendeluhr darauf , die einen merkwürdig lauten Schlag hatte . Mathilde stellte sich vor den Spiegel , um sich den Scheitel etwas glattzustreichen , denn ihr Haar war sehr dünn und hatte eine Neigung , sich in Streifen zu teilen , Mutter Möhring aber setzte sich auf das Sofa , grad aufrecht , und sah nach der Wand gegenüber , wo ein Pifferaro auf einem Felsen saß und , seinen Dudelsack blasend , einfältig und glücklich in die Welt sah . Mathilde sah im Spiegel , wie die Mutter so steif und aufrecht dasaß , und sagte , ohne sich umzudrehn : » Warum sitzt du nu wieder auf dem harten Sofa und kannst dich nicht anlehnen . Wozu haben wir denn die Chaiselongue ? « » Na , doch nicht dazu . « » Freilich dazu . Freilich , und war noch dazu gar kein Geld . Und nu denkst du gleich , du ruinierst es und sitzt ein Loch hinein . Ich hab es mir gespart und habe mich gefreut , als ich dir's aufbaun konnte . « » Ja , ja , Thilde , du meinst es gut . « » Und Rückenschmerzen hast du immer und klagst in einem fort . Und doch willst du nicht drauf liegen . Und wenn du noch recht hättest . Aber es ruiniert nicht , und wovon sollt es auch , du wiegst ja keine hundert Pfund . « » Doch , Thilde , doch . « » Und wenn auch : je eher das Ding eine kleine Sitzkute hat , desto besser ; so steht es bloß da wie geliehn und als graulten wir uns , uns draufzusetzen . Und so schlimm ist es doch nicht , wir haben ja doch unser Auskommen und bezahlen unsre Miete mit 'm Glockenschlag . Also warum machst du dir 's nicht bequem . Und dann sieht es auch besser aus , wenn man so sieht , es ist in Dienst . Der Spiegel ist alt , und das Sofa ist alt , und da darf die Chaiselongue nicht so neu sein . Das paßt nicht , das stört , das ist gegen 's Ensemble . « » Gott , Thilde , sage nur nicht so was Franzö'sches ; ich weiß dann immer nicht recht . Zu meiner Zeit , da war das alles noch nicht so , und mein Vater wollte von Schule nichts wissen . Na , du weißt ja . Wohin man kuckt , immer hapert es . Sieh mal hier seine Karte . Hugo Großmann . Na , das versteh ich , aber nu kommt sein Titel oder was er ist , und da weiß ich nicht , was soll das heißen Cand. jur. ? « » Das heißt , daß er Kandidat ist . « » Soso , na , das ist gut , dann ist es ein Prediger oder wird einer . « » Nein , dieser nicht . Dieser is bloß ein Rechtskandidat . Das heißt soviel als wie , er hat ausstudiert und muß nun sein Examen machen , und wenn er das gemacht hat , dann ist er ein Referendarius . Er ticktackt jetzt so hin und her zwischen Student und Referendarius . « » Na , wenn er nur bleibt . Glaubst du , daß er bleibt ? « » Natürlich bleibt er . « » Ja , du bist immer so sicher , Thilde . Woraus willst du wissen , daß er bleibt ? « » Ach , Mutter , du siehst auch gar nichts . Wo der mal sitzt , da sitzt er . Der ist bequem . Und eh der wieder auszieht , da muß es schon schlimm kommen . Und schlimm kommt es bei uns nicht . Wir sind artig und manierlich und immer gefällig und laufen alle Gänge und sehen bloß , was wir sehen wollen . « » Glaubst du , daß er ... « » I , Gott bewahre . Der is wie Gold . Mit dem kann man drei Tage und drei Nächte fahren . Einen so Anständigen haben wir noch gar nicht gehabt . Und dann mußt du bedenken , er is vorm Examen , und wir haben kein Klavierspiel . Auf dem Hof das bißchen Leierkasten , das hört er nicht . Und ich will dir noch mehr sagen , Mutter ; der bleibt nicht bloß , der bleibt auch lange . Denn sehr anstrengen wird er sich nicht . Er sieht so recht aus wie › Kommst du heute nicht , so kommst du morgen ‹ . Und vielleicht morgen auch noch nicht . « Hugo Großmann , der noch keine Schlüssel hatte , war drei Minuten vor zehn nach Hause gekommen und [ hatte ] für alles , was ihm noch angeboten wurde , gedankt ; er sei sehr müde , vorige Nacht unterwegs , und sei auch noch soviel andres . Mutter Möhring , die sich noch einen Augenblick im Entree zu schaffen machte , hörte noch , daß er das Streichhölzchen strich , und sah den Lichtschimmer , der gleich danach unter der Tür weg bis in das Entree fiel . Dann hörte sie , daß er sich die Stiefel mit einem raschen Ruck auszog , wie einer , der schnell ins Bett will , und keine Minute mehr , so war es wieder dunkel . Der nächste Tag war so schön wie der vorige . Möhrings waren Frühaufs , und heute waren sie schon um sechs auf , weil sie doch nicht wissen konnten , ob ihr Mieter nicht ein Frühauf sei . Ich glaube nicht , daß er ein Frühauf ist « , sagte Mathilde , » aber man kann doch nicht wissen . Und in der ersten Nacht schlafen viele so unruhig . « Es war wohl schon acht , als Mathilde das aussprach und hinzusetzte : » Du sollst sehn , Mutter , der hat einen Bärenschlaf . Um den brauchst du dir die Nacht nicht um die Ohren zu schlagen , und von Weckeraufziehn is nu schon gar keine Rede mehr . Na , mir recht . Wenn erst Winter ist , schlaf ich auch gern aus und warte lieber mit meinem Kaffee . Bloß , daß man um acht die ausgesuchten Semmeln kriegt . « Unter diesen Worten stand sie auf und sah nach der kleinen Pendeluhr . Es war schon ein paar Minuten über halb neun . » Mutter , ich werde doch wohl klopfen müssen . Ich hatte ihn so auf neun Stunden taxiert , aber nun ist es schon zehn und eine halbe . Was meinst du ? « » Versteht sich ; es kann ihm ja auch was passiert sein . « » Gewiß , kann . Aber es wird wohl nicht . « Um ein Uhr trat der neue Mieter bei Möhrings ein und sagte , daß er nun zu Tisch wolle ; sie brauchten sich in seinem Zimmer nicht zu übereilen , er werde vor sieben nicht wieder dasein . Und wenn wer käme , möchten sie sagen , » um acht « . Damit empfahl er sich sehr artig , und als er aus dem Hause trat , sahen ihm Mutter und Tochter vom Entreefenster aus nach . Als sie das Fenster wieder geschlossen hatten , sagte die Mutter : » Es ist eigentlich ein sehr hübscher Mensch . Ich wundre mich nur , daß er noch so ein halber Student ist . Am Ende irrst du dich doch , Thilde . Er muß doch nah an dreißig sein . « » Ja , du hast recht , Mutter , er sieht so aus . Das macht der schwarze Vollbart , und weil er so breit ist . Aber glaube mir , er ist nicht älter als sechsundzwanzig . Und der Vollbart ist es auch nicht mal . Er ist bloß faul und hat kein Feuer im Leibe . Das sieht denn so aus , als ob einer alt wäre , bloß weil er schläfrig ist . Und sentimental ist er auch . « » Ja , das wird er wohl « , sagte die alte Möhring , aber doch so , daß man hören konnte , sie dachte sich nichts bei » sentimental « und wollte bloß nicht widersprechen . Eine Stunde später hatte Mathilde das Zimmer zurechtgemacht , während die Mutter sich in der Küche beschäftigte . Man war übereingekommen , sich jeder ein Setzei zu spendieren , dazu Bratkartoffeln . Als der Tisch gedeckt und zu den Bratkartoffeln ein Extra von zwei Setzeiern aufgetragen war , war auch die Tochter mit dem Zurechtmachen des Zimmers fertig , und Mutter und Tochter setzten sich . » Bist du zufrieden , Thilde ? « sagte die Alte und wies auf zwei Setzeier , die sie zu Ehren des Tages spendiert hatte . » Ja « , sagte Thilde , » ich bin zufrieden , wenn du sie beide ißt und wenn ich sehe , daß sie dir schmecken . Denn du gönnst dir nie was , und davon magerst du auch so ab . Kartoffeln ist was ganz Gutes , aber viel Kraft gibt es nicht . So ängstlich is es ja auch gar nicht mit uns , wir haben ja das Sparkassenbuch . Ich werde dich nun wieder besser verpflegen , und wenn wir gegessen haben , gieße ich dir eine Tasse Tee auf . Er hat nicht mal seinen Zucker verbraucht und auch nicht weggepackt . Man sieht an allem , daß er ein anständiger Mensch . Aber nun nimm , Mutter . « Und sie legte der Alten vor und patschelte ihr die Hand . » Ja , du bist gut , Thilde . Wenn du nur einen guten Mann kriegtest . « » Ach , laß doch . « » Ich denke immer daran . Und warum auch nicht ? Wie du da vorhin vor dem Spiegel standst : von der Seite bist du ganz hübsch . « » Ach laß doch , Mutter . Das mit dem Gemmengesicht mag ja wahr sein , und ich glaube selbst , daß es wahr ist . Aber ich kann doch nicht immer von der Seite stehn . « » Brauchst du auch nicht . Und dann am Ende , du hast die gute Schule gehabt und die guten Zeugnisse , un wenn dein Vater länger gelebt hätte , wärst du jetzt Lehrerin , wie du's wolltest . Manche sind so sehr fürs Gebildete . Wie hast du 's denn drüben bei ihm gefunden ? Alles in Ordnung ? alles anständig ? Ein ganz Armer kann es nicht sein . Ein ganzlederner Koffer beinah ohne Holz und Pappe ; das haben immer bloß solche , die guter Leute Kind sind . « » Ganz recht , Mutter , das stimmt . Da sind wir mal einig . Und so ist es auch mit ihm . Guter Leute Kind . Auf der Kommode lagen noch die Schnupftücher und die wollenen Strümpfe . Nun , du mußt es dir nachher ansehn , alle ganz gleich gezeichnet und auch die Strümpfe und nicht mit Wolle gezeichnet , alle mit rotem Zeichengarn . Er muß eine sehr ordentliche Mutter haben oder Schwester , denn ein andrer macht es nicht so genau . Und die Stiefel auch in Ordnung . Er muß aus einer guten Ledergegend sein , das sieht man an allem , und hat auch eine Juchtenbriefmappe , schön gepreßt , ich rieche Juchten so gern . Und die Bücher alle sehr gut eingebunden , fast zu gut , und sehen auch alle so sonntäglich aus , als ob sie nicht viel gebraucht wären , nur sein Schiller steckt voller Lesezeichen und Eselsohren . Du glaubst gar nicht , was er da alles hineingelegt hat , Briefmarkenränder und Zwirnsfaden und abgerissene Kalenderblätter . Und dann hat er englische Bücher dastehn , das heißt übersetzte , die muß er noch mehr gelesen haben , da sind so viele Ausrufungszeichen und Kaffeeflecke , und an mancher Stelle steht › famos ‹ oder › großartig ‹ oder irgend so was . Aber nu werde ich dir den Tee aufbrühen . Du hast doch noch kochend Wasser ? « » Versteht sich , kochend Wasser is immer ... « Und damit ging Thilde und kam nach einer Minute mit einem Tablett zurück . Es war dasselbe Tablett und dieselbe Teekanne , daraus der Mieter seinen Morgentee genossen hatte . » Das ist ein rechtes Glück , daß er Tee trinkt « , sagte Thilde und goß der Mutter und dann sich selbst eine Tasse von dem Neuaufguß ein . » Kaffee , das schmeckt dann immer nach Trichter . Aber von Tee schmeckt das zweite eigentlich am besten . « Und während sie das sagte , zerbrach sie zwei Zuckerstückchen in viele kleine Teile und schob das Schälchen der Mutter hin . » Nimm doch auch , Thilde . « » Nein , Mutter . Ich mag nicht Zucker . Aber du bist für süß . Und nimm nur immer ein bißchen in den Mund . Ich freue mich , wenn es dir schmeckt und wenn du wieder dick und fett wirst . « » Ja « , lachte die Alte . » Du meinst es gut . Aber dick und fett . Gott , Thilde , wo soll das herkommen ? « Viertes Kapitel Um sieben war Hugo Großmann zurück . Er traf Thilde im Entree . » War wer da , Fräulein ? « » Ja , ein Herr . Er kam um die fünfte Stunde . Und ich sagte ihm , daß Sie um acht wieder dasein wollten . Da wollt er wiederkommen . « » Gut . Und hat er nicht seinen Namen gesagt ? « » Ja doch . Von Rybinski , glaub ich . « » Ah , Rybinski . Nun , das ist gut . « Und acht war kaum vorüber , so klingelte es auch , und Rybinski war wieder da und wurde hineingeführt . » Guten Tag , Großmann . « » Tag , Rybinski . Bedaure , daß du mich verfehltest . Aber nimm Platz . Nachmittags bin ich immer unterwegs . « » Weiß « , sagte Rybinski und schob einen Stuhl an das Sofa . » Käpernick ! Wird denn diese Dauerläuferei nicht mal ein Ende nehmen ? Paßt doch eigentlich nicht zu dir . Du hast entschieden mehr vom Siebenschläfer als vom Landbriefträger . Also warum pendelst du zwischen Grunewald und Wilmersdorf immer hin und her ? Oder hast du jetzt eine andre Pendelbewegung ? « » Muß sich erst herausstellen , Freund . Ich bin ja erst gute vierundzwanzig Stunden hier , gestern früh angekommen , hier drüben Friedrichsstraße . Gott sei Dank , daß ich wieder da bin , und auch wieder nicht . Owinsk ist ein Nest , natürlich , und wenn man aufgestanden ist , kann man auch schon wieder zu Bette gehn , und dazu die ewige Klagerei von Mutter und Schwester und keine Spur Verständnis für ein Buch oder ein Bild , und wenn ein Tanzbär auf den Markt kommt , dann ist es , als ob die Wolter gastierte ... Na , das alles is nicht grade mein Geschmack . Aber ein Gutes hat solch Nest doch , man hat Muße , man kann seinen paar Gedanken nachhängen , wenn man welche hat , und die Büffelei hat ein Ende . Ach , Rybinski , das geht nun wieder los . Wie steht es denn mit dir ? Wenn ich dich so ansehe mit deiner Polenmütze , nimm mir nicht übel , es sieht so 'n bißchen theaterhaft aus , und deinen Stiefeln über der Hose – du siehst mir auch nicht aus , als kommst du recte vom Repetitorium . « » Welche feine Fühlung du hast , Großmann . Recte vom Repetitorium : nein . Aber was von recte ist auch dabei ; recte vom Galgen ... « » Wie Roller ? « Rybinski nickte . » Ach , mache keinen Unsinn , Rybinski . Was meinst du ? « » Was ich meine , davon später . Erzähle mir erst ein Wort von dir und von den Owinskern . Hast du zufällig meinen Onkel gesehn ? Er kommt ja dann und wann in die Stadt , bei Pferdemarkt oder wenn er Geld braucht . Auf meinen letzten Brief hat er nicht geantwortet ; es wird wohl grade Ebbe bei ihm gewesen sein . Und dein Vater ? Woran starb er denn eigentlich ? Er kann ja noch keine Sechzig gewesen sein . Und wie steht es mit dem Vermögen ? Es hieß immer , er hätte was . « » Ja , so heißt es immer , und wenn Gott den Schaden besieht , ist nichts da . Da war eine Kiste , so eine Art Arnheim , in seinem Bureau , die wir immer mit Respekt betrachteten , weil wir uns alle sagten , da liegt es drin . Und nun denke dir , was wir nachher gefunden haben . « » Nun , die Hälfte . « » Ja , proste Mahlzeit ; eine Zereviskappe , ein Kommersbuch und ein Paar hohe Jagdstiefeln , gelbes Leder , genau wie wenn er sie von Wallenstein hätte . « » War er denn ein Nimrod ... ? Übrigens könntest du mir erst eine Zigarre geben . Ich sah da eine kleine Kiste ; sie enttäuscht mich hoffentlich nicht so wie dich die große Erbkiste . Ja , war er denn solch Jäger vor dem Herrn ? « » I Gott bewahre . Dazu war er viel zu bequem und fror immer . Er wird wohl , als er eben Burgemeister geworden war , mal eine Jagd mitgemacht haben , aber als ich so 'n halbwachsner Junge war , so kurz vorher , eh wir nach Inowroclaw aufs Gymnasium kamen , fuhr er immer bloß raus , wenn das Getafle beim Oberförster oder beim Amtsrat losging . Und einmal war es beim Torf-Inspektor , das weiß ich noch genau . « » Und dabei war dein Vater doch eigentlich ein famoser Knopp . « » Ja , das war er . « » Eigentlich forscher als du . « » Na , wie man's nehmen will . So im meisten sind wir uns gleich . Fürs Repetieren war er auch nie . Darin mögen wir uns wohl gleich sein , und als er den Referendarius hinter sich hatte , schnappte er ab und sagte : › Zweimal fall ich durch und denn Assessor mit Ach und Krach und 800 Taler . Nein , da lieber Burgemeister in Owinsk . ‹ Und verlobt war er ja auch schon lange . « » Ja sieh , Hugo , das ist eben , was ich das Forsche nenne . Es war doch ein Entschluß , und seine Familie war doch gewiß dagegen und wollte einen Minister aus ihm backen . Unterm Minister tun 's die guten Kleinstädter nicht , die bei der bekannten Glücksjagd , zu der wir uns alle geladen glauben , bloß den Kirchturm mit dem goldnen Hahn sehn und nicht wissen , wie weit es ist und wieviel Gräben unterwegs , um reinzufallen . Ich bin für die , die abspringen . « » Du meinst so im allgemeinen , so theoretisch . « » Nein , ganz praktisch . Du mußt mir eine Photographie von deinem Vater schenken ; den seh ich mir dann an , so vorbildlich . « » Aber Hans , du willst doch nicht auch Burgemeister werden . Und bist ja auch noch vorm Referendar ; mein Vater hatte doch die halbe Quälerei hinter sich . Sie nehmen jetzt nicht all und jeden , und Referendar ist das wenigste . Und du siehst mir nicht aus , als ob du in meiner Abwesenheit und sozusagen hinter meinem Rücken den Referendar gemacht hättest und nun bloß kämst , um dich mir in deiner neuen Würde vorzustellen . Aber verzeih , ich werd uns drüben erst ein bißchen Abendbrot bestellen , was man in einer Chambre garnie so Abendbrot nennt . Ein Glück , daß die Menschen den Schweizerkäse erfunden haben . Und soll ich Tee bestellen oder Grog ? « » Im allgemeinen bin ich für das Übergehn aus dem einen in den andern , man hat das Spiel ja dabei so hübsch in der Hand , vorausgesetzt , daß einen die Flasche nicht im Stich läßt . Aber heute laß es gut sein , Hugo . Sparen wir uns das Gelage für eine große Gelegenheit . « » Examen ? « » Das ist zu unsicher , erst an sich , das heißt , ob wir bis dahin kommen , und dann in seinem Resultat . Nein , wenn ich von Aufsparen und großer Gelegenheit spreche , so hab ich was andres im Sinn und meine meinen ersten Abend . « » Ich kann dir nicht folgen , Hans . Es ist lächerlich zu sagen , aber du bist so mystisch ; erst recte vom Galgen und die Zusage spätrer Rätsel-Lösung und nun erster Abend ... « » Ich habe doch deine Fassungskraft überschätzt , was übrigens nach Ansicht einiger eine ganz untergeordnete Gabe sein soll , vielleicht in Zusammenhang mit Logik und Mathematik . Alle Logiker verstehen gar nichts . Aber wundern muß ich mich doch . Zu was sind wir denn um den Königsplatz ungezählte Male herumgelaufen , links den Mond und rechts Kroll und die kleine F. , und haben unter Verwerfung aller bisherigen Hamlet-Auffassungen einer neuen , tieferen nachgeforscht ? um was habe ich meine Parallelen gezogen zwischen Amalie und Adelheid von Runeck , zwischen der Milford und der Eboli – wenn du schließlich nicht einmal verstehen willst , wenn ich von meinem ersten Abend spreche . Also rundheraus , ich spreche von meinem ersten ›Räuber‹-Abend . Kosinsky . Die Geschichte mit dem Repetitorium wurde mir zu langweilig . Und wenn man den guten Ausgang noch sicher hätte . Kurzum , ich bin zu Deichmann gegangen . Heute war die dritte Probe mit mir , Kraußneck brillant als Roller , ich denke , daß ich über kurz oder lang auch ins Charakterfach überspringe . Liebhaber ist bloß Durchgang . « » Durchgang ! Und die › Räuber ‹ ! Ist es möglich ? Dann wird also in acht Tagen auf dem Zettel stehn : Kosinsky – Herr Rybinski . Oder willst du dein › von ‹ beibehalten ? « » Nein , man muß auch etwas für seine Familie tun . Mein › von ‹ wird gestrichen , wenigstens solange ich unberühmt bin ; nachher kann ich es wieder aufnehmen . « » Rechnest du darauf ? « » Natürlich rechne ich darauf . Jeder rechnet darauf . Garrick war ursprünglich auch von Adel . Denkst du , daß er mit der ganzen Geschichte angefangen hätte , wenn er sich nicht gesagt hätte : › Ruhm geht über Adel ‹ . « » Und das alles sagst du im Ernst ? « » In vollem Ernst . Und ich will dir auch noch mehr sagen und auch im Ernst . In ganz kurzer Zeit kommst du zu mir und sagst mir : › Rybinski , du hast recht gehabt , den ganzen Kram an den Nagel zu hängen . Was meinst du , zu welcher Rolle paßte ich wohl ? Dunois oder Karl Moor . ‹ Ich sage dir , du bist der geborne Karl Moor , und wenn du deinen Arm an die Eiche bindest , oder vielleicht auch , wenn du den Alten aus dem Turm holst , du mußt großartig sein . « » So , meinst du ? « » Du hast ganz das schwärmerisch Schwabblige , was dazugehört , und hast auch den Brustton der Überzeugung , wenn er sagt : › Diese Uhr nahm ich dem Minister . ‹ Es ist natürlich der Justizminister gewesen , und auf den wirst du bald ebenso schlecht zu sprechen sein wie ich . Ich habe die Schiffe hinter mir verbrannt . Alles im Leben ist bloß Frage der Courage . « » Na , höre , Hans , es spielt doch noch manches andre mit . « » Du meinst Liebe . Damit komm mir nicht . Larifari . Manche sind so verrückt , und dir trau ich schon was zu ; wer soviel spazierenläuft und dieselbe Schwärmerei für Lenau wie für Zola hat ( was dir beiläufig erst einer nachmachen soll ) , der ist zu jedem Liebesunsinn fähig . Es sieht dann auch aus wie Courage , ist aber das Gegenteil davon , bloß Schlapperei , Bequemlichkeit , Hausschlüsselfrage . Hugo , sieh dich vor . Aber soviel will ich dir schon heute sagen , wenn du dich normal entwickelst und nicht einen kolossalen Fauxpas machst und dich sozusagen normal und folgerichtig weiterentwickelst , so kommst du morgen da an , wo ich heute schon bin . Und wenn du Referendar werden solltest , was vielleicht möglich , Assessor wirst du nie . Laß doch die Einpaukerei . Alles umsonst . Ich kenne meine Pappenheimer . « Indem klopfte es . Großmann erhob sich und ging auf die Tür zu und öffnete . Draußen stand Mathilde Möhring . Sie müsse noch in die Stadt , und weil keiner da sei außer ihrer Mutter , wolle sie nur fragen , ob Herr Großmann noch irgendwas zu Abend beföhle . » Danke , Fräulein Mathilde . Herr von Rybinski hat alles abgelehnt . Ich gehe noch in den › Franziskaner ‹ hinüber . Wenn Sie mir vielleicht eine Flasche Sodawasser hinstellen wollen . « Als er seinen Platz wieder eingenommen hatte , sagte Rybinski : » Dadurch wirst du dich auch nicht insinuieren . Sodawasser . Das trinkt doch bloß ein Philister . « » Das ist erstlich noch sehr die Frage , denn es hängt viel davon ab , was man vorher getrunken hat , und dann will ich mich auch gar nicht insinuieren . Frau Möhring ist eine Philöse , und das Fräulein ist ihre Tochter . Und da insinuieren . So weit sind wir doch noch nicht runter . Und man hat seinen Lenau doch nicht umsonst intus . « » Grade das , grade das . Lyrik schützt vor Dummheit nicht . › Auf dem Teich , dem regungslosen , weilt des Mondes holder Glanz ‹ – es braucht bloß ein bißchen Mondschein , so verklärt sich alles , und der Teich kann auch 'ne Stubendiele sein . « » Ich begreife dich nicht , Hans . Und so ganz ohne Veranlassung . « » Des Menschen Bestes sind Ahnungen . Und sie hat solch Profil , Gemme , streng und edel und einen kleinen Fehler am Auge und aschblond . › So schreiten keine ird'schen Weiber , die zeugete kein sterblich Haus ... ‹ « » Unsinn . Was soll das . Eigentlich ist sie doch ein fach eine komische Figur . « » Sage das nicht . So was rächt sich . « » Ach was . Alles Unsinn und Übermut . Und nun laß uns gehn . Wann ist denn eigentlich dein Debüt ? « » Nächsten Dienstag . Halte den Daumen . Oder noch besser , komm und klatsche . « Fünftes Kapitel Die nächsten Tage vergingen ruhig . Am Vormittag hatte Hugo sein Repetitorium , dann ging er zu Tisch , dann nach Wilmersdorf ; am Abend war er zu Haus , wenigstens meist , und war alles in allem ein Muster von Solidität . Was Mathilden auffiel , war sein Studium . Aus allem , was sie sah und auch aus Andeutungen von ihm selber hörte , ging hervor , daß er sich zu einem Examen vorbereitete , er steckte auch jeden Morgen , wenn er ausging , immer ein Buch oder ein Heft zu sich , trotzdem war ihr klar , daß , wenn er wieder zu Hause war , von Studien keine Rede war . Auf einem am Fenster stehenden Stehpult , das er sich angeschafft hatte , lagen zwar ein paar dicke Bücher umher , aber sie hatten jeden Morgen eine dünne Staubdecke , Beweis genug , daß er sich den Abend über nicht damit beschäftigt hatte . Was er las , waren Romane , besonders auch Stücke , von denen er jeden zweiten , dritten Tag mehrere nach Hause brachte ; es waren die kleinen Reclam-Bändchen , von denen immer mehrere auf dem Sofatisch lagen , eingeknifft und mit Zeichen oder auch mit Bleistiftstrichen versehn . Mathilde konnte genau kontrollieren , was ihm gefallen oder seine Zweifel geweckt hatte , denn es kamen auch Stellen mit Ausrufungs- und selbst mit drei Fragezeichen vor . Aber das waren doch nur wenige ; » Das Leben ein Traum « hatte die meisten Zeichen und Randglossen und schien ihn am meisten interessiert zu haben . Mutter « , sagte Thilde , » wenn da nicht ein Wunder geschieht , der macht es nie . « » Was denn , Thilde ? « » Na , das Examen . Uns kann es recht sein . Je länger es dauert , je länger bleibt er . Und wenn er es macht und durchfällt , so bleibt er auch . Wohin soll er am Ende ? Sehr viel Anhang scheint er nicht zu haben . Selbst der Herr mit der polnischen Mütze war noch nicht wieder da . « Das hatte freilich seine Richtigkeit . Rybinski war seit seinem ersten Besuche noch nicht wieder dagewesen , aber am Abend desselben Tages , wo Thilde Möhring diese Betrachtungen gemacht hatte , kam er und traf auch seinen Freund Hugo zu Haus . » Endlich , Hugo . Du wirst gedacht haben , ich hätte geschwindelt und das mit dem Kosinsky sei nur ein Ulk gewesen . Aber ich sage dir , großer Ernst . Eigentlich heißt es bittrer Ernst , aber dies Wort möchte ich begreiflicherweise vermeiden . Man ist übrigens der Meinung , ich müsse gefallen , und einer sagte mir heut früh , › ich sei der geborne Kosinsky ‹ . Leider war es Spiegelberg , aber wie das immer ist , gerade dieser ist eine treue Seele . Nun , morgen muß sich alles entscheiden . Ich bringe dir hier Billets , ein Parquet für dich und zwei zweiten Rang für deine Damen drüben , wenn sie auf diesen Namen hören , was mir allerdings zweifelhaft ist . Ich hätte dir drei Parquets bringen können , aber ich dachte mir , beide so dicht bei dir könnte dich vielleicht genieren , namentlich die Alte , sie ist doch noch sehr Mutter aus dem Volk . Und dann , offen gestanden , liegt mir und dem Direktor auch mehr am zweiten Rang ; im Parquet sitzt immer Kritik , und wenn sich da zwei solche Damen auf Enthusiasmus ausspielen , wird es lächerlich , aber im zweiten Rang , da geht alles , auf den zweiten Rang , wenn man ein bißchen aufpaßt , kann man sich verlassen . Dein Platz unten ist Eckplatz , alles vorgesehn , aber ich finde , Hugo , du bist etwas nüchtern . « » Nein , Hans , ich bin nur etwas benommen ; ich dachte nicht , daß du mir Wind vorgemacht hättest , ich dachte nur , es wäre was dazwischengekommen , weil es sich so hinzog ... « Ah , ich versteh ; man hatte schließlich gemerkt , es ginge doch nicht , es sei nichts [ mit ] mir . « » Du mußt nicht empfindlich sein , bist noch nicht aufgetreten und fängst schon damit an . Aber das ist nur die Hälfte von dem , was ich eben dachte . Das andre ist das mit den zwei Möhrings . « » Aber , Herz , das ist ja leicht zu ändern , du kannst auch zwei Parquets haben . « » Nein , das ist es nicht ; im Gegenteil , das mit dem zweiten Rang hast du dir gut ausgedacht und rücksichtsvoll gegen mich . Es ist mit dem Mitnehmen überhaupt solche Sache , wenn wir auch verschiedne Plätze haben , das ist doch wie gesellschaftliche Gleichstellung , und wenn ich mit der Alten über den alten Moor spreche oder sie mit mir , denn ich werde nicht anfangen , so sind wir intim . Und das geht doch nicht gut . Und dann , was kann denn solche Frau sagen ? Alles bringt nur in Verlegenheit . « » Ach , Hugo , das ist ja lächerlich . Soviel mußt du doch wissen , daß überhaupt bloß Unsinn gesprochen wird . « » Und dann muß ich sie doch hinbringen , und wenn es aus ist , muß ich sie wieder nach Hause begleiten . « » Das seh ich nicht ein . Du machst ihnen ein Geschenk und läßt sie ihrer Wege gehn . « » Gut , du sollst recht haben : ich will es so machen . Du siehst nun , warum ich so benommen war , was du nüchtern nanntest . Von nüchtern keine Rede , eigentlich bin ich aufgeregt , wie wenn ich selber den Kosinsky spielen sollte . « » Wer weiß , was kommt . « Und damit brach der Freund wieder auf , weil er noch hunderterlei zu tun und zu bedenken habe . » Bei Philippi sehn wir uns wieder . Und ficht tapfer . Unterlieg ich , so muß ich mich ins Schwert stürzen . « » Verlange nur nicht , daß ich es halte . « Rybinski war kaum fort , so ging Hugo zu den beiden Frauen hinüber , um ihnen die zwei Billets zu bringen ; Parquet sei ausverkauft , das sei der Grund , daß sie sich trennen müßten , aber er werde immer hinaufsehn . Mutter Möhring sagte gar nichts , Thilde aber fand sich leicht zurecht und sagte mit vielem Anstand und in ihrer ganzen Haltung wie verändert : » Es sei sehr liebenswürdig , an sie zu denken , und sie empfänden es als eine große Ehre . « » Ja « , sagte die Alte , das habe sie auch sagen wollen . Und nachdem noch ein paar Fragen gestellt und hin und her komplimentiert worden war , ging Hugo wieder in sein Zimmer hinüber , während die Alte eine Fußbank an den Ofen schob und sich hinsetzte ; Thilde setzte sich aufs Sofa und schob die kleine Petroleumlampe so , daß sie daran vorbei zur Alten hinübersehen konnte . » Was ich nur anziehe , Thilde ? Das Schwarzseidne geht doch nich mehr und war ja doch eigentlich auf Trauer gemacht . Und wenn ich das rote Tuch drübernehme , dazu bin ich wieder zu alt . « » Ach , Mutter , das laß nur gut sein . Ich werde dich schon zurechtmachen , mit ein paar Schleifen zwingen wir 's schon . Es sieht einen ja doch keiner an . Und wenn auch . Die Haube ist für ' ne alte Frau immer die Hauptsache , und deine Haube ist noch ganz gut , ein bißchen tollen und aufplätten , und du siehst aus wie 'ne Gräfin . « » Ach , Kind , rede doch nicht solch Zeug . « » Na , ich sage dir , Mutter , das wollen wir schon kriegen . Mit das bißchen Anziehn und Zurechtmachen , das is es nicht , ich habe Putzmachen gelernt und Blumenmachen auch und Klöppeln auch , und das müßte doch nicht mit rechten Dingen zugehn , wenn ich uns nicht rausstaffieren sollte . Wundern soll er sich , wie du aussiehst , und wenn er uns nach dem Theater in ein Lokal führt ... « » Ach Thilde , wie kannst du nur so was denken . « » Na , wenn nich , denn nich . Ich hänge nicht dran , es macht nur so einen Eindruck und sieht ein bißchen nach was aus und daß man doch auch mit zugehört . « » Ja , ja ; das is schon recht . « Und weißt du , Mutter , was ich dir schon vor ein paar Tagen sagen wollte , wir wollen doch die alte Runtschen wieder ins Haus nehmen , das heißt immer bloß eine Stunde , daß sie drüben rein machen kann und alles einholen . Ich bin ja nich dagegen , und mir kommt es nicht drauf an . Aber neulich hatte er was vergessen und kam gerade dazu , wie ich da bei all dem Planschen und Gießen war und der Blecheimer mitten in der Stube – da war es mir doch genierlich . Und ich denke wirklich , wir nehmen die Runtschen . Sie kann dann auch einholen , was wir brauchen . « Die Mutter hatte kleine Bedenken und sagte : » Thilde , das läuft so ins Geld . Und man weiß doch nicht , wenn er dann kündigt ... « » Dann kündigen wir auch wieder . Die Runtschen is ja ' ne vernünftige Frau . Und dann , was heißt kündigen ! Glaube mir , der kündigt nicht . « Der andere Tag war ein großer Tag . Der Inhalt einer großen Pappschachtel , darin sich Bänder und alte Blumen befanden , war auf die Chaiselongue ausgeschüttet , damit man einen besseren Überblick hatte . Der Alten war es nicht recht . » Thilde , das fusselt alles so . Und es ist doch unser Prachtstück . Kind , Kind , wo soll es denn alles herkommen . « Aber Thilde ließ sich nicht einschüchtern , und als sie gefunden hatte , was sie für sich und die Alte brauchte , war sie fleißig bei der Arbeit . Dann wusch sie zwei Paar hellbraune Handschuh . Es roch bis in Hugos Zimmer hinüber nach Brönner . Dann wurde geplättet . Thilde war in einer apart guten Laune . » Sieh nur , wie er glüht . « Und dann schlug sie den Schieber mit einem Feuerhaken zu . » Hast du auch die Billetter , Thilde « , das waren die letzten Worte , die vor Verlassung der Wohnung gesprochen wurden . Ihr Mieter Hugo Großmann hatte sich den ganzen Tag nicht sehn lassen , wodurch er der Begleitungsfrage klug entgangen war . Kosinsky war dreimal gerufen worden , und die Alte , die nicht klatschen wollte , hatte sich begnügt , dem Darsteller der Rolle zuzunicken , als er sich grade nach der andren Seite hin bedankte . Dann sagte sie zu Thilde , während der Lärm noch fortdauerte : » Er macht es recht gut , er hat soviel Anstand . Es muß doch sehr schwer sein . « » I Gott bewahre « , sagte Thilde , die sich ablehnend gegen alles verhielt , weil sie bemerkte , daß Hugo vermied , nach dem zweiten Range hinaufzusehn . Einmal geschah es , und nun grüßte er auch , aber sehr steif und förmlich . Sie legte sich 's aber schließlich doch zum Guten zurecht , und als der große Traum kam und eben das weiße Haar in die Waagschale des Gerichts fiel , sagte sie sich : Es ist ein gutes Zeichen , daß er nich raufsieht , weil er kein Leichtfuß ist und es ernst nimmt . Er sagt sich , all so was hat eine Tragweite ... ja , von Tragweite hat er schon ein paarmal zu mir gesprochen ... Und so ganz abgeschlossen hat er noch nicht ... er nimmt es nicht als Spaß . . . Sie kam in ihren Betrachtungen nicht weiter , weil die Alte sagte : » Sieh doch mal nach , Thilde , wer der alte Diener ist ; er zittert ja so furchtbar . « » Ach , laß doch « , sagte Thilde und reichte der Alten die Tüte mit Drops zurück , die sie mitgenommen hatte . Seitens der Möhrings waren Mantel und Hut draußen abgegeben worden , Thilde hatte drauf bestanden . » Mutter « , hatte sie gesagt , » du weißt doch , daß ich's zusammenhalte . Aber mitunter muß man , und mitunter ist Anständigkeit auch das klügste . « » Na , wenn du meinst , Thilde . Wir wollen es aber auf eine Nummer geben . « Jetzt hatten sie sich eingemummelt und stiegen die Treppe hinunter . Unten in der Vorhalle verweilte sich Thilde , weil sie 's für möglich hielt , daß ihr Mieter an einer der Barren stehn und auf sie warten würde . Aber er war nicht da . Das gab eine neue Verstimmung , und einen Augenblick überkam die sonst unerschütterliche Thilde die Frage : » Ob ich mich doch vielleicht irre ? « Sie war aber , weil sie den Charakter ihres Mieters ganz genau zu kennen glaubte , von einem unvertilgbaren Optimismus oder Hoffnungsseligkeit und sagte sich : er muß natürlich seinen Freund beglückwünschen , und er kann nicht an zwei Stellen zugleich sein . Erst nach zehn waren sie zu Hause , was nichts schadete , da sie den Hausschlüssel mithatten . » Siehst du , Thilde , wie gut « , sagte die Alte , als sie den Hausschlüssel aus ihrer Tasche hervorholte . » Ach , Mutter , als ob ich nicht gewollt hätte . Natürlich . Ich dachte ja sogar , wir könnten erst um elfe kommen . « Auf der Treppe trafen sie den Portier , der eben das Gas ausmachte . » Soll ja sehr schön gewesen sein « , sagte dieser . » Gott , Krieghoff , wissen Sie denn schon ? « » Ja , meine Ida war auch da ; Ida ist immer da . Sie kennt welche von's Theater . « » Na , das ist recht « , sagte Thilde . » Theater bildet . « Und damit stiegen Mutter und Tochter höher die Treppe hinauf , während der Portier , in einem Anfall von Wohlwollen , ihnen noch eine halbe Treppe hinaufleuchtete . Oben sagte Thilde : » Nu , Mutter , wollen wir uns einen Tee aufgießen und warten , bis er kommt . Er wird uns wohl auch noch sehn wollen und hören , ob wir uns amüsiert haben . « » Ach , Thilde , es war ja doch so graulich . Der alte Mann . Und wie er aussah , wie er da rauskam und der andre gleich rin . Na , da fiel mir 'n Stein vom Herzen . Wenn ich mir denke , daß so einer noch frei rumliefe ... « » Das kann er ja gar nich , Mutter ; es ist ja schon so lange her . Und dann is es ja doch auch bloß so was Ausgedachtes . Du denkst immer , es ist wirklich so . « » Ja , Kind , warum soll ich so was nich denken . Es gibt so viele schlechte Menschen ... « » Ja , ja , erzähle nur nich die Geschichte von dem Kürschnermeister in Treptow ; ich weiß ja , daß er seine Frau mit 'm Marderpelz erstickt hat . Aber es gibt auch gute Menschen . « Ja , die gibt es auch . Und ich glaube , unser Jetziger hier drüben ist ein guter Mensch . « » Ja , das ist ein sehr guter . Das heißt , wenn er so ist , wie ich ihn mir denke . « » Du sagst ja immer , du bist so sicher . « » Bin ich auch . Bloß mitunter wird einem doch so bange . Aber es geht gleich wieder vorüber . « Sechstes Kapitel Die Möhrings hatten bis Mitternacht gewartet und den Tee schon zweimal wieder aufgegossen . Als aber der Mieter noch immer nicht da war , sagte die Alte : » Thilde , was sollen wir soviel Petroleum verbrennen ; nu kommt er nicht mehr . Und wenn er kommt , wird er wohl auch nicht wollen , daß wir ihn so in seinem Zustand sehn . Er wird wohl in Töpfers Hotel sitzen , im Keller unten , da sitzen sie immer . « Danach waren sie zu Bett gegangen und lagen auch still und sprachen nicht . Aber von Schlafen war keine Rede . Thilde beschäftigte sich mit seiner Haltung während des ganzen Abends und dieser nächtlichen Kneiperei , die ganz jenseits ihrer Berechnungen lag , und die Alte war immer noch bei dem Stück . Es schlug schon eins , als sie sich aufrichtete und leise sagte : » Thilde , schläfst du schon ? « » Nein , Mutter . « » Das ist gut , Kind . Mir ist so angst . Ob es von dem Tee is ? Aber ich habe solch Herzschlagen und sehe immer den alten Mann ... « » Ach laß doch den alten Mann , Mutter . Der schläft nun schon zwei Stunden , und du mußt auch schlafen . « » Und das einzige is , daß der Rotkopf ... « » Ja , der hat nu seinen Denkzettel . « » Und was wohl aus dem armen Wurm , dem Fräulein , geworden ist ? Wie hieß sie doch ? « » Amalie . « Richtig , Amalie . Ja , die is doch nu so gut wie eine Waise . Denn wenn sie den Alten auch wieder rausgeholt haben . Lange kann er 's doch nicht mehr machen . « » Nein , das kann er nicht , Mutter . Aber jetzt werde ich dir ein Glas Wasser holen , und dann legst du dich auf die andre Seite . « » Na ja , ich werde bis hundert zählen . « Es war darauf gerechnet , daß Hugo spät aufstehen würde , aber das Gegenteil geschah , er klingelte früher als gewöhnlich und mußte wohl zehn Minuten auf sein Frühstück warten . Thilde wollte diese Verspätung entschuldigen ; er sagte aber , es hätte nichts zu sagen , er müsse sich entschuldigen ; um vier nach Hause kommen und um sieben Frühstück , das sei beinah unnatürlich . Ob es denn hübsch gewesen sei , das heißt , ob sie sich amüsiert hätten und ob ihnen Rybinski gefallen hätte . Er wolle ausgehn und gleich nachsehn , ob er gelobt sei . Daß sie nicht geklatscht hätten , sei sehr gut gewesen ; es falle auf und schade bloß und heiße dann in den Zeitungen , es sei alles Claque gewesen . Übrigens hätte Rybinski ihm gesagt , er würde wieder Billets schicken , wenn er in einer neuen Rolle aufträte . Das sei in der nächsten Woche , da spiele er den Dunois , Bastard von Frankreich . » Sie kennen die Rolle , Fräulein Thilde . « » Ja , den Dunois kenn ich « , sagte sie mit Betonung des Namens , ohne weitre Zutat , um ihn auf diese Weise das Unpassende des » Bastard « fühlen zu lassen . Zu dem Plan , den sie sich ausgedacht hatte , gehörte durchaus Tugend . Sie hielt es deshalb , um ihrer Reprimande noch mehr Nachdruck zu geben , auch für angezeigt , das Gespräch abzubrechen , so schwer es ihr wurde . Als sie wieder drüben in ihrem Zimmer war , fand sie die Runtschen vor , die nicht durch das Entree , sondern durch die Küche gekommen war . Sie sah aus wie gewöhnlich , Kiepenhut und eine schwarze Klappe über dem linken Auge . » Ah , guten Tag , Frau Runtschen . Na , das ist gut , daß Sie da sind . Hat Ihnen Mutter schon gesagt ... ? « » Ja , Thildechen , Mutter hat mir schon gesagt , daß wieder ein Herr da ist und daß ich rein machen und einholen soll . Aber wann muß es denn sein ? Von sieben bis acht bin ich drüben bei Hauptmann Petermann und von acht bis neun bei Kulickes unten . « » Das paßt sehr gut . Neun bis zehn ist die beste Zeit oder noch ein bißchen später . Um die Zeit ist er immer weg . Und Sie können sich 's dann einrichten , wie Sie wollen , und Sie wissen ja auch Bescheid , wo alles steht . Aber mitunter ist er auch noch da und sieht so aus 'm Fenster , ja , Frau Runtschen , dann müssen Sie sich so 'n bißchen zurechtmachen . « » Zurechtmachen ? « » Ja , Frau Runtschen . Ich meine natürlich nur ein bißchen . Sie können nicht kommen wie 'ne Prinzessin . Soviel wirft es nicht ab . « » Ne , ne , soviel wirft es nicht ab . « » Aber doch so das Nötigste . Eine weiße Schürze . Und dann , daß Sie den Kiepenhut abnehmen . Wenn er nicht da ist , dann ist der Kiepenhut ganz gut , und man sieht nicht alles . Aber wenn er da ist , is doch 'ne Haube besser . « » Ja , Fräuleinchen , was heißt Haube ? « » Natürlich sollen Sie sich keine mitbringen . Aber an unserm Ständer , da finden Sie allemal eine . « » Na , wenn 's erlaubt is , denn nehm ich sie mir so lange . « » Ja , Frau Runtschen , und dann noch eins , die schwarze Klappe da dürfen Sie nich länger als acht Tage tragen , ich werde jeden Sonnabend eine neue anschaffen . Ihr Schaden soll es nicht sein . « Siebentes Kapitel Die » Jungfrau « kam zur Aufführung , mit Rybinski als Dunois , aber weder die Möhrings noch ihr Mieter Hugo Großmann wohnten der Aufführung bei , da dieser letztre krank geworden war . Er fieberte ziemlich stark und bat , nach einem Arzt zu schicken ; dieser kam und war mehrere Tage lang im unsichern , bis es sich eines Morgens herausstellte , was es war . Er ging mit zu Möhrings hinüber und sagte : » Es sind die Masern , nichts Besondres und nichts Gefährliches . Aber Vorsicht , liebe Frau Möhring , sonst haben wir einen Toten , wir wissen nicht wie . « » Gott , Herr Doktor , er is ja erst sechs Wochen bei uns und denn so was . Und wenn die Leute das hören , da will ja denn keiner einziehn , und vertuscheln geht auch nich ; es sind immer so viele schlechte Menschen , und Schultzens wird es auch nicht recht sein . « » Wohl möglich . Aber das hilft nicht ; vor allem nicht gleich so ängstlich ; noch lebt er und wird auch wohl weiterleben . Ich habe Sie nur warnen wollen , daß Sie aufpassen und immer nasse Lappen über den Bettschirm hängen . Mit dem Bazillus is nicht zu spaßen . Und vor allem kein Zug . Zug ist das schlimmste , da tritt alles zurück und wirft sich auf die edleren Teile ... « » Gott , is es möglich ... « » Und dann haben wir casus mortis . « Mathilde war dabei nicht zugegen . Als sie von einem Gang in die Stadt nach Hause kam und hörte , was der Arzt gesagt , sagte sie : » Mutter , du kannst doch auch gar nichts vertragen . Masern. Gar nichts . Masern sind Masern . Jedes kleine Wurm hat sie ; sie sollen sogar gesund sein , es kommt alles raus , und das is immer die Hauptsache . Natürlich müssen wir aufpassen und auch sorgen , daß er die Runtschen nich zu sehn kriegt , er ist so empfindlich in manchem und hat mir mal gesagt , er graule sich vor der Runtschen . « » Ach , das hat er bloß so gesagt ... « » Nein , ganz im Ernst , Mutter . Solche , die immer Stücke lesen und ins Theater gehn , die sind so . Und das schwarze Pflaster – es ist auch zum Graulen . « » Ach Thilde , was unsereiner auch alles erleben muß . Und das nennen sie dann Fügungen , und man soll sich auch noch bedanken . « » Rede nicht so , Mutter , das bringt Unglück , denke an Hiobben . Und Fügungen . Natürlich sind es Fügungen , und die Leute haben auch ganz recht , wenn sie von Bedanken reden . Wenigstens wir . Denn das kann ich dir sagen , für uns is es eine sehr gute Fügung , und wenn ich mir was hätte denken sollen , auf so was Gutes wie diese Masern wäre ich gar nich gekommen . « » Meinst du ? « » Freilich mein ich . « » Aber wie denn , Thilde ? « » Das erzähl ich dir ein andermal , wenn 's da ist . Wenn man drüber redt , dann beruft man 's . « » Ach , Thilde , du rechnest immer alles aus , aber du kannst auch falsch rechnen . « » Kann ich . Aber du sollst sehn , ich rechne richtig . « Hugo Großmann überstand seine Masern und war im Abschülberungszustand , als der Doktor sagte : » Ja , liebe Frau Möhring , den haben wir nu mal wieder raus . Das heißt aus 'm Gröbsten . An Gesundheit ist noch nich zu denken , und die Vorsicht muß verdoppelt werden ; der kleinste Fehler , und es wirft sich auf die Ohren oder , wenn er zu früh Licht kriegt , auf die Augen , und dann is er blind . Andrerseits hätt ich 's gern , er könnte hier raus ; die nassen Lappen sind gut , aber immer nasse Lappen geht auch nicht . Könnten Sie ihn nicht umbetten , ich meine umlogieren , vielleicht neben[ an ] in das Entree . Sie müssen dann freilich zuschließen und allen Verkehr mit der Welt abschließen , und wer zu Ihnen will , muß durch die Küche . Krankheit entschuldigt alles . Überlegen Sie's mit Fräulein Mathilde , die ist findig , die wird schon Rat schaffen . « Und damit ging er . Mathilde rechtfertigte natürlich das gute Vertraun , das der Doktor zu ihr hatte , und sagte : » Doktor Birnbaum hat ganz recht . Er muß raus . Ich kann die Lappen schon gar nich mehr riechen . Aber das mit dem Entree , das geht nich . Entree . Das sieht so weggesetzt aus , so nich hü und nich hott ; er ist doch ein studierter Mann und ein Burgemeisterssohn , und die Masern hat er bei uns gekriegt . Er muß in unsre Stube ... « Ja , Thilde , das geht doch nich . Wir haben ja doch bloß die eine . Und dann ein Bett und ein fremder Mann drin , es geht doch nich . « » Es geht alles . Aber das mit dem Bett is gar nich nötig . Das Bett bleibt stehn , wo 's steht , und abends bringen wir ihn rüber und packen ihn ein und seine Reisedecke drüber , daß er sich nich bloßwirft . « » Und bei Tage ... « » Bei Tage is er bei uns drüben . Er wird nichts tun , was uns genieren kann , und ich kann immer rausgehn . Du freilich , du bist eine alte Frau , und er könnte dein Sohn sein , und an dich muß er sich wenden . Aber er wird nich , er is viel zu anständig , er schadet sich lieber . Und da haben wir ihn denn , solange die Rekonvaleszenz dauert , immer drüben und müssen die Rouleaux halb runterlassen , daß er kein Licht kriegt , und müssen ihm was vorlesen und müssen ihm was erzählen . Aber erzähle nich zuviel von Vatern , du gehst immer so ins einzelne , und so was Interessantes war Vater nich . « » Aber er war ein sehr guter Mann ... « » Ja , das war er . « » ... Ein sehr guter Mann . Und dann , Thilde , was ich sagen wollte , wie denkst du dir das eigentlich mit ihm . Sein Bett bleibt drüben , und auf einen Stuhl können wir ihn doch nich setzen ; so lange kann er sich doch nicht gerade halten , er is ja noch krank und schwach . « » Nein , das kann er nich . Und da siehst du nu wieder , wie gut es ist , daß wir die Chaiselongue haben . Ich wußte , daß sich das verlohnen würde . « » Ja , findst du , daß das geht ? Es ist doch sozusagen unser Prachtstück , der Stehspiegel hat den Riß und sieht nich recht nach was aus . Aber die Chaiselongue . Du mußt doch nich vergessen , vierzehn Tage oder vier Wochen dauert es , und dann is es hin . Er wird Kuten einliegen und alles eindrücken , denn Kranke sind so unruhig und liegen mal hier und mal da . « » Das ist ja grade das Gute . Da verteilt es sich aufs Ganze , und von Kuten-Einliegen is keine Rede . Und wenn auch , Mutter . Wer was will , der muß auch was einsetzen . Er sieht dann , daß wir ihm unser Bestes geben , und wie ich ihn kenne , wird ihn das rühren , denn er hat was Edles , das heißt so auf seine Art. Zuviel darf man von ihm nich verlangen . « Gleich am Tage , wo dies Gespräch geführt wurde , wurde Hugo Großmann in die Möhringsche gute Stube herübergenommen und auf der Chaiselongue installiert . Er nahm sich da ganz gut aus . Ein kleines Tischchen stand neben ihm , mit einem Heliotrop darauf . Er roch aber zu stark und wurde durch weiße Astern ersetzt . Auf einem grünen Weinblatteller lagen zwei Apfelsinen . Daneben eine Klingel , bloß als Putzstück , denn Mutter und Tochter waren immer da und brauchten nicht erst zitiert zu werden . Der Arzt war mit dieser Umlogierung sehr zufrieden und sagte , als er mit Hugo allein war , allerlei Verbindliches über so » gute Menschen « , in deren ganzem Verhalten sich die einzig wahre Bildung ausspräche , die Herzensbildung . Fräulein Mathilde sei übrigens überhaupt gebildet und , wenn man ihren Kopf öfter gesehn und sich so mehr hineingelebt habe , fast eine Schönheit . Draußen im Entree standen Mutter und Tochter und stellten allerlei Fragen , was wohl für den Kranken erlaubt sei und was nicht . » Immer in Dämmer « , sagte der Doktor , » am besten ist es , wenn er auch in einem geistigen Dämmer bleibt . « » Aber wir dürfen doch mit ihm reden ? « » Gewiß , liebe Frau Möhring , alles , was Sie wollen . Bloß nichts Aufregendes . « » Oh , du mein Gott , wie werd ich denn was Aufregendes ... « » Und Vorlesen ist vielleicht auch erlaubt ? « unterbrach Thilde , die sah , daß sich die Alte noch weiter über das » Aufregende « verbreiten wollte . » Ja , Vorlesen geht , aber nicht viel und nichts Schweres . « Als sie wieder bei Hugo eintraten , erzählte ihm Thilde , was der Doktor alles erlaubt habe , nur immer abends ein grüner Lichtschirm , eine grüne Lampenglocke sei nicht genug , und wenn er Lust hätte , so dürfte ihm auch was vorgelesen werden , drei- , viermal des Tages , aber nie länger als eine halbe Stunde . Hugo nickte sehr erfreut , denn sein Kranksein fing ihm an langweilig zu werden , und als Thilde fragte , » was er denn wohl wünsche ? Bücher seien ja da die Hülle und Fülle « , da sagte er : Ja , die Geschichte von Zola , wo das Paradies drin vorkäme , die möchte er wohl hören , er sei grade bis dahin gekommen , wo das Paradies beschrieben würde . Freilich , es käme so manches darin vor , und er wisse nicht , ob er an Fräulein Thilde das Ansinnen stellen dürfe . . . Thilde merkte gleich , daß er dies in Erinnerung an das kurze Jungfrau-von-Orleans- und Dunois-Gespräch sagte , darin sie den » Bastard « , übrigens sehr taktvoll , abgelehnt hatte , und wenn sie damals geglaubt hatte , sich den sittlichen Standpunkt sichern zu müssen , so hatte sie jetzt das Gefühl , daß man den Bogen der Sittlichkeit und den Eindruck des Engen und Kleinlichen , was immer eng und kleinlich und spießbürgerlich wirkte , nicht überspannen dürfe . Sie sagte denn also , während sie sich an das Fußende der Chaiselongue stellte und mit einem gewissen sittlichen Ernst zu ihm hinübersah , in der Schilderung des Paradieses , wenn auch ein Sündenfall darin vorkäme , der ja fast dazu gehöre , sähe sie kein Hindernis . Auf einem so niedrigen Standpunkte stünde sie nicht . Ein Mädchen müsse freilich auf sich halten , im Leben und im Gespräch und in Theaterstücken , und dürfe nicht alles sehn und hören wollen , denn grade die Neugier sei ja der Versucher gewesen , aber ein Mädchen müsse sich auch vor Prüderie zu bewahren wissen , wenn ihr ihr Gefühl sage , selbst das Stärkste stehe hier um einer großen Sache willen . Und das sei nicht bloß in Theaterstücken und Romanen so , das sei auch schon so beim Lernen und im Konfirmandenunterricht . Sie habe früher bei Pastor Messerschmidt aus der Bibel vorlesen müssen . Da wären mitunter furchtbare Worte gekommen , und sie denke noch mitunter mit Schrecken daran zurück . Aber immer , wenn sie gemerkt hätte , » jetzt kommt es « , dann habe sie sich zusammengenommen und die Worte ganz klar und deutlich und mit aller Betonung ausgesprochen . Wie Luther . Hugo nickte nur und fand bestätigt , was Doktor Bolle eben über Thilde gesagt hatte . Wie richtig , wie gebildet war das alles , und er freute sich über ihre tapferen und aufgeklärten Ansichten . » Es ist ein merkwürdiges Mädchen « , so gingen seine Betrachtungen , » nicht eigentlich schön , wenn man sie nicht zufällig im Profil sieht , aber klug und tapfer , ich möchte sagen , ein echtes deutsches Mädchen , charaktervoll , ein Wesen , das jeden glücklich machen muß , und von einer großen Innerlichkeit , geistig und moralisch . Ein Juwel . « Achtes Kapitel In dieser Richtung gingen von Stund an Hugos Gedanken , und als er eine Woche vor Weihnachten wieder in sein eignes Zimmer hinüberquartiert wurde , was der alten Möhring , die nicht über den Tag hinaus zu rechnen verstand , eine gewisse Genugtuung verursachte , stand es bei Hugo fest , daß Thilde die Frau sei , die für ihn passe . So gewiß er sich für einen ästhetisch fühlenden und mit einer latenten Dichterkraft ausgerüsteten Menschen hielt , so war er im Leben selbst doch von großer Bescheidenheit , beinah demütig , und hatte kein rechtes Vertraun zu seinem Wissen und Können . » Ich bin ein unnützer Brotesser « , hatte er zu Rybinski gesagt , der ihn lachend mit der Versicherung getröstet hatte , » dann gerade schmeckt es am besten « , was Hugo mit einer gewissen Wehmut akzeptiert hatte . Seine Beurteilung seiner selbst war richtig , und weil sie richtig war , war auch das richtig , daß Thilde für ihn passe . Sie hatte grade das , was ihm fehlte , war quick , findig , praktisch . Er wollte sich noch vor Weihnachten ihres Jaworts versichern . Daß ihm dies Ja nicht versagt werden würde , davon hielt er sich überzeugt , denn schließlich war er doch immer ein Burgemeisterssohn mit Vollbart , während Thilde , soviel sah er wohl , auf Geburtsstolz verzichten mußte . » Fräulein Thilde « , sagte er , als sie gleich am ersten Abend seiner Wiederumquartierung ihm den Tee brachte mit geschnittenem Schinken , » Fräulein Thilde , Sie sind sich immer gleich in Ihrer Güte gegen mich , und weil Sie glauben , es würde mir alles noch schwer , so haben Sie auch den Schinken schon geschnitten . Sie haben mich gepflegt und verwöhnt und haben mir all die Wochen über erst gezeigt , wie glücklich man im Leben sein kann . Eine liebevolle Hand ist das , was man im Leben am meisten braucht . Aber setzen Sie das Teezeug erst hin ... Und nun geben Sie mir Ihre liebe kleine Hand , denn es ist eine kleine Hand , und treten Sie mit mir ans Fenster und sehen Sie mit mir auf das Bild da , das Gewölk , das am Monde vorüberzieht und sich wieder aufhellt im Vorüberziehn . Es ließe sich vielleicht ausdeuten , aber auch ohne das , ich frage Sie , ob ich Ihre kleine Hand , denn es ist eine kleine Hand , auch noch weiter halten darf , lange noch , ein Leben lang . « Sie gab nicht unmittelbar Antwort und beschäftigte sich vielmehr damit , das Rouleau herunterzulassen . Dann nahm sie seinen Arm , führte ihn vom Fenster her bis an das hochlehnige Sofa zurück und sagte , während sie sich , mit aufgestemmten Händen und das Teezeug zwischen ihnen , auf die andre Seite des Tisches stellte : » Sie sind noch so angegriffen . Ich höre es an Ihrer Stimme , darin noch die Krankheit zittert , und daß Sie gerade den Mond in unser Gespräch gezogen haben . Ach , Herr Großmann , der Mond ist nichts für Sie ; Sie brauchen Sonne . . . Das gibt mehr Kraft . « » Das mag schon sein . Aber das ist keine Antwort , Fräulein Thilde . Sie sollen mir ja oder nein sagen . « » Nun denn ja , trotzdem es noch lange dauern wird , eine lange Verlobung . « » Auf dem alten Wege , ja . Aber es gibt auch neue Wege . « » Rybinski-Wege ? « Hugo schwieg , weil sie seine Gedanken erraten hatte . » Nein , Hugo , nichts davon . Dann nehme ich mein Ja zurück . Ich will nicht in der Welt herumziehn und dir die Königsmäntel anziehn . Ich bin fürs Ernste , für hergebrachte Formen und auch für Religion . Und wenn es noch dazu kommt , so komm mir nicht mit Standesamt . Alles , mein ich , muß seinen Schick haben . Ich rechne darauf , daß du mir durch Arbeit den Beweis deiner Liebe gibst . Erst das Examen . Das andre findet sich . Da will ich schon sorgen . Aber nu komm , daß wir's Muttern sagen . Oder nein , heute lieber nicht ; du bist noch nicht fest auf den Füßen . Ich werd es ihr selber sagen , heut abend im Bett . Und morgen früh kommst du dann . Ob sie sich freut , weiß ich nicht . Aber ja wird sie schon sagen . « Sie stellte die kleine Teekanne vor ihn hin und was sonst noch auf dem Teebrett stand . Als sie alles geordnet und die Decke gradegezupft hatte , nahm sie das Tablett unter den linken Arm und gab ihm einen Kuß auf die Stirn . Er wollte sie , vielleicht in unklarer Vorstellung von Bräutigamsrecht und -pflicht , festhalten und einen Sturm auf ihre schmalen Lippen versuchen . Aber sie entwand sich ihm . An der Tür legte sie den Zeigefinger an die Lippen und grüßte zurück . » Alles an ihr ist so mädchenhaft « , sagte Hugo . Das geplante Bettgespräch hatte stattgefunden und war unter Vermeidung aller Umschweife mit dem Satze begonnen worden : » Mutter , weißt du was ? « » Nu was denn , Thilde ? « » Ich habe mich mit ihm verlobt . « Die Alte richtete sich auf wie ein Gespenst , sah Thilden an und sagte dann : » O Gott , was soll nu aus mir werden ? « » Gar nichts , Mutter . Du bleibst , was du bist , und ein Esser ist weniger . Und wenn du was brauchst , dann schick ich es dir . « » Ja , kann er denn ? Hat er denn was ? « » Noch nich , Mutter . Aber wenn ich ihn bloß erst habe , das heißt richtig verlobt vor Gott und Menschen , da wird es schon werden . Er sieht ja doch aus wie auf der Kanzel , und so einer kommt immer an . Ich werd ihn schon anbringen . « » Und wirklich verlobt ? Und nich bloß so gesagt ? und nachher sitzt du da , wie so ganz , ganz arme und unglückliche Mädchen dasitzen ... « » Ich weiß nicht , was das immer soll , Mutter . Vater hat gesagt : › Thilde , halte dich propper . ‹ Und hab ich nich ? Und nu kommst du immer mit solchen Geschichten , so hintenrum , daß man nicht recht sagen kann , was du meinst . Aber ich weiß es schon . Und ich sage dir , ich bin nich so dumm . Er wollte mir einen Kuß geben und war so stürmisch , weil er noch krank ist . Aber ich habe ihn in seine Schranken zurückgewiesen . « » Das ist recht , Thildechen . Und wann denkst du denn , daß es ins Blatt kommt ? Oder soll es ganz still und verborgen sein ? Es ist doch immer besser , andre wissen es auch ; dann geniert er sich mehr , wenn er sich vielleicht anders besinnt . « » Ach , anders besinnt . Er darf sich nicht anders besinnen , und er wird auch nicht , und er will auch nicht . Er wird nu morgen früh bei dir anfragen , und da mußt du was Gutes sagen und nich so klein und ängstlich . Und er muß sehn , daß wir nicht auf ihn gewartet haben . « » Ja , da hast du recht ; aber was soll ich sagen ? Du mußt mir was zurechtmachen , was paßt . « » Das geht nicht , Mutter . Dann verschnappst du dich und sagst es an der unrechten Stelle . « » Ja , das is möglich . Na , denn werd ich bloß sagen : › Gott sei mit euch . ‹ « » Das ist gut . Aber du darfst ihn nich gleich › du ‹ nennen . › Du ‹ kommt erst , wenn es dringestanden hat und wir richtige Verlobung gefeiert haben . Ich denke so Heiligabend . Unterm Christbaum , das hab ich mir immer gewünscht . Das hat dann so seinen Schick und auch so 'n bißchen wie kirchliche Handlung . Und is schon so 'n Vorschmack . Das heißt , ich meine von der Trauung . Denn bei dir muß man sich immer vorsichtig ausdrücken . Du denkst gleich ... « Am nächsten Morgen hielt Hugo richtig um Thildens Hand an , und die Alte sagte gar nichts , sondern nickte nur immer und streichelte Hugos Hand . Das war auch das allerbeste . Dann zog sich Hugo wieder in sein Zimmer zurück , und er sah nun Thilde fast weniger als sonst . Wenn es irgend ging , wurde die Runtschen vorgeschoben . Allerdings war dies mit besondren Schwierigkeiten verknüpft , weil grade sogenanntes Matschwetter war , was die Runtschen in ihrer Erscheinung auf ein niedrigstes Maß oder Stufe herabdrückte . Für eine reine Schürze war zwar immer gesorgt , und den Kiepenhut , mit dem sie wie verwachsen war , mußte sie abnehmen , aber man kann nicht sagen , daß dies viel half , fast im Gegenteil , weil die Mannsstiefel , die die Runtschen bei solchem Wetter trug , in einem beleidigenden Gegensatze zu der weißen Schürze standen . All das entging Thilden nicht , aber sie hatte nicht Zeit , sich mit diesen verhältnismäßig geringfügigen Dingen zu beschäftigen , da die heranrückende Verlobung unterm Christbaum , es waren nur noch vier Tage , sie ganz in Anspruch nahm . Eine kleine Gesellschaft sollte gegeben werden , aber wie sie komponieren ? Einen Augenblick war an Schultzens und auch an Frau Leutnant Petermann gedacht worden , deren Mann schon 1849 im badischen Aufstand gefallen war , aber Thilde ließ beide Pläne wieder fallen . Schultzens waren zu reich und konnten denken , man wolle was von ihnen oder wolle sich mit ihnen wichtig tun . Und so stand es doch noch lange nicht . Sie , die Rätin , hatte keine Ahnung vom Exportgeschäft ; sie ging zu Mannheimer , das war alles . Und die Petermann war wohl arm genug , aber sie hatte so was Schnippisches und sprach so gebildet , weil sie früher Schneiderin gewesen war , was nun keiner merken sollte . Kurzum , Thilde sah ein , daß aus dem Kreise eigner Bekanntschaft niemand so recht zu wählen sei , und einigte sich in einem Gespräche mit Hugo dahin , daß nur ein Vetter Hugos , ein sonderbares altes Genie , das zwischen Maurerpolier und Architekt stand und seit zwanzig Jahren der Freund einer Witwe war ( ein Umstand , der über sein Leben entschieden hatte ) , geladen werden solle . Dieser auf geistige Getränke gestellte Vetter , von dem Hugo zu sagen pflegte , daß seine Verwandtschaft zu Karoline Pichler näher sei als zu den Großmanns , paßte gut , weil er kein Spielverderber war , außerdem natürlich mußte Rybinski geladen werden . Um zehn wollte dann Thilde , dies war ein von ihr gestelltes , frühre Beschlüsse halb aufhebendes Amendement , zu Schultzens runtergehn und sich als Braut vorstellen und daran die bescheidne Frage knüpfen , ob Rat und Rätin vielleicht eine Viertelstunde ihnen schenken und sich von ihrem Glück überzeugen wollten . An der Ausführung dieses letztren Planes war der Alten beinah mehr gelegen als an der Verlobung selbst . Ein Wirt blieb doch immer die Hauptsache . Das mit dem Bräutigam konnte doch am Ende nichts sein , aber das mit Schultzens , das war immer was . Das Billet an Rybinski schrieb natürlich Hugo . Rybinski kam und sagte zu , vorausgesetzt , daß er seine Braut mitbringen dürfe . » Deine Braut ? « staunte Großmann . » Bist du denn verlobt ? « » O ja . Schon seit meinem Debüt , und wir sind sehr d'accord . Aber natürlich kann so was auch wieder zurückgehn , und wenn du mal so was hören solltest ... « » Gut . Ich verstehe schon . Ich darf sie doch als deine Braut vorstellen ? « » Ich muß sogar sehr darum bitten . « Neuntes Kapitel Der Vierundzwanzigste kam und ging , die Verlobung war proklamiert worden , und die sechs Menschen , aus denen die ganze Gesellschaft bestand , waren ausnahmlos sehr vergnügt gewesen . Eine halbe Stunde lang sogar Schultze , der auf Thildens Aufforderung in einer gewissen Paschalaune , sein Volk beglückend , in der kleinen Möhringschen Wohnung erschienen war , zurückhaltend in bezug auf alles , was an Speis und Trank aufgetragen war , aber desto intimer mit Rybinskis Braut . Rybinski selbst lachte , versicherte dann und wann , daß er sich mit dem Rechnungsrat über das Schnupftuch schießen müsse , weil ihm ein solcher Eingriff in geheiligte Rechte noch gar nicht vorgekommen sei , und versprach schließlich , beim Rat und der Rätin seine Visite zu machen , spätestens zu Neujahr , aber ohne Braut . » Man kann doch nicht wissen , wie sich die Rätin stellt « , flüsterte er seinem neuen Freund Schultze zu . Und Schultze zwinkerte . Den Toast auf das Brautpaar brachte der Vetter Architekt aus . Man werde nicht überrascht sein , wenn er seinerseits , als ein Mann des Baus , auch die Ehe , als deren Vorkammer die Verlobung anzusehen sei , wenn er auch die Ehe als einen Bau ansehe . » Das Fundament , meine Herrschaften , ist die Liebe ; daß wir diese hier haben , ist erwiesen , und der Mörtel , der bis in alle Ewigkeit den Bau zusammenhält , das ist die Treue . « Schultze nickte ; Rybinski rief » Bravo « und drohte seiner neben Schultze stehenden Braut mit dem Finger , indem er mit dem Zeigefinger eine Stechbewegung machte , als müsse Schultze auf dem Platze bleiben . Der Vetter Architekt aber fuhr fort : » Der Mörtel , sage ich . Aber auch der bestgefügteste Bau , bei den Erschütterungen , die das Leben mit sich führt , bedarf noch der Klammern und Stützen , und diese Klammern und Stützen , das sind die Freunde , das sind wir . Auch Schmuck hat ein gutes Haus , und in seine Nischen sehen wir gern allerhand liebe kleine Gestalten gestellt , putti sagen die Italiener , Putten sagen wir selbst . Ich weiß , ich greife vor , aber in dieser heitren Stunde wird auch ein heitrer Blick in die Zukunft gestattet sein . Es lebe das Brautpaar , es lebe die Zukunft , es leben die Putten . « Rybinski umarmte den Redner und sprach etwas von dem geheimnisvollen Reiz der gefälligen oratorischen Begabung , die sei wie ein Quickborn : ein Schlag mit dem Pegasushuf , und die Quelle springe ...Gesegnet die , die diesen Huf haben . Erst gegen Mitternacht ging man auseinander , und die Tochter der alten Runtschen , eine schmucke Person , die an einen Bahnhofsgepäckträger verheiratet war [ und ] die schon beim Mantelabnehmen und dann beim Mohnpielenpräsentieren die Bedienung gemacht hatte , begleitete die Herrschaften runter . Selbst Schultze nutzte seine Sonderstellung nicht aus und gab ihr , als er auf dem ersten Treppenabsatz in seine Wohnung abschwenkte , ein Trinkgeld . Alles benahm sich in dieser Beziehung sehr anständig , und oben angekommen , teilte die alte und die junge Runtschen die Beute , was von der jungen Runtschen sehr anständig war . Die Alte war aber über die ganze Aushülfe verstimmt und konnte mit einer Hälfte nicht zufrieden sein , die eben die Hälfte und nicht das Ganze war . » Du hast es doch nicht so nötig , Ulrike « , sagte die Alte . » Gott , Mutter , du kannst doch nich runterleuchten mit deinem einen Auge , erst fällst du und das Licht , und dann fallen die andren auch . Du vergißt immer das mit das eine Auge . Und manche graulen sich auch . Und was denkst du denn ! Glaubst du denn , daß der alte Schultze sich so honorig gemacht hätte , wenn du runtergeleuchtet hättest ? Ich sage dir , der sieht sich seine Leute ordentlich an . « Mutter und Tochter saßen noch lang in ihrem Bette auf .